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Johanna - unbeschwerte Reise

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Es war eine unglaublich schöne Rundreise durch Israel. Ich genoss es, auf niemanden Rücksicht nehmen zu müssen, zu essen, wann und wie ich wollte, so weit und so schnell oder langsam zu laufen, wie ich Lust hatte, zu sprechen, wenn es mir danach war - es fand sich immer jemand für ein Gespräch, wenn ich wollte - und zu schweigen, wenn ich nichts zu sagen hatte. Es machte mir Freude die biblischen Orte zu besuchen und die Geschichte sowohl von ihrer historischen als auch der mystischen Seite zu erleben. Stundenlange philosophische Betrachtungen über Bibelzitate und Sichtweisen von Glauben und Religion.

Nach einem erfüllten Tag saß ich abends noch irgendwo alleine und ließ meinen Gedanken freien Lauf. Immer mit diesem Hochgefühl der plötzlichen Freiheit. Ich weiß, dass Freiheit im eigenen Kopf anfängt und aufhört und ich noch viel an mir arbeiten muss. Es wäre ein Trugschluss, zu glauben, ich hätte schon irgendetwas von dem, das die Schieflage in meinem Leben verursachte, geklärt, nur weil ich mich gerade so gut fühlte. In dieser zu Hause so anstrengenden Zeit, war es einfach erholsam, mich von neuen Eindrücken und fremden Landschaften ablenken zu lassen. Raus aus der Waschmaschine in meinem Kopf, die seit Monaten auf Schleudergang gestellt war. Raus aus meinen Gedanken, die sich Tag und Nacht gebetsmühlenartig wiederholten. Ich machte ganz einfach Urlaub.

Das I-Tüpfelchen am Ende meiner herrlichen Reise war eine wundervolle Begegnung mit einem tollen Mann. Ich saß am Flughafen und mein Flug wurde zum Boarding aufgerufen. Ich hatte keine Lust, in der Schlange zu stehen und deshalb blieb ich noch sitzen und beobachtete die Menschen, wie sie alle ihre Bordkarten vorzeigten und durch die Türe hinter der Kontrolle verschwanden. Dabei fiel mir der große dunkelhäutige Mann auf. Sehr sympathisch, gut aussehend mit freundlichen Augen. Was soll ich lange herum reden, er saß im Flugzeug neben mir. Wir hatten eine Dreierreihe für uns zu zweit. Carlos war auf dem Heimflug nach Brasilien und hatte geschäftlich in Tel Aviv zu tun gehabt. Er erzählte mir, dass er die Geschäftsreise auch noch genutzt hatte, um sich von einem alten Freund zu verabschieden, der sehr krank war und im Sterben lag. Kein Smalltalk zwischen zwei Menschen, die sich gerade im Flugzeug zum ersten Mal gesehen haben. Es fühlte sich eher an, wie zwei Menschen, die sich schon sehr lange kannten. Wir brauchten nicht viele Worte und sprachen auch nur kurz über unsere jeweiligen aktuellen Lebensumstände. Es war nicht wichtig. Wir hörten über einen Kopfhörer mit jeweils einem Stöpsel im Ohr zusammen Musik und hatten furchtbar viel Spaß bei dem Versuch, Entspannungsübungen zu machen. Er fragte mich: „Was hast du noch vor in deinem Leben? Was sind die Dinge, die du noch ausprobieren oder sehen möchtest?“. Er schrieb mir seine Email-Adresse in das Buch, das ich gerade las. Zum Abschied hielten wir uns lange in den Armen und dann habe ich nie wieder etwas von ihm gehört. Es war eine intensive und sehr berührende Begegnung, an die ich immer noch gerne zurück denke.

In dieser Stimmung kam ich nach Hause. Doch sie hielt nicht lange an, denn mein Leben holte mich schlagartig wieder ein. Mein Mann eröffnete mir, dass er eine Wohnung gefunden habe und in der kommenden Woche ausziehen würde. Das war eine harte Landung in der Wirklichkeit. Alles, was ich gewollt und mit meinen Gedanken und durch mein Handeln heraufbeschworen hatte, wurde jetzt wahr. Jetzt musste ich Neuland betreten und ich fürchtete mich sehr vor den Konsequenzen und all dem Unbekannten, das die Veränderung mit sich bringen würde.

Kopfstand

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