Читать книгу Kopfstand - Annemarie Singer - Страница 18

Johanna - peinlich

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Er kroch wieder in all meine Gedanken. Bei jeder kleinen Handlung malte ich mir aus, wie ich ihm davon erzählen würde, welche Worte ich verwenden und wie toll er mich finden würde. Es fällt mir schwer, die folgende Episode zu erzählen. Doch diese Abgründe gehören dazu, sie sind Teil dieser Geschichte. Luca hatte ein Fest geplant und mich dazu eingeladen. Es sollte eine Grillparty im Grünen werden und er hatte vor, dort auch zu übernachten. Er meinte, ich sollte nur die Sachen mitbringen, die ich für die Nacht brauchte, für einen Schlafplatz würde er sorgen. Natürlich wollte ich hinfahren. Ich war verrückt genug, für ein Sommerfest mit ihm die weite Strecke nach Italien zu fahren, obwohl dort heftige Gewitter angesagt waren. Ich weiß sehr wohl, dass eine Stimme in mir sagte: „Fahr nicht! Du wirst nicht finden, was du dir erhoffst.“ Doch ich wollte nicht hören und fand mich super abenteuerlustig, als ich am späten Nachmittag ins Auto stieg und losfuhr.

Ich wurde freudig begrüßt, doch Luca schien irgendwie nervös zu sein. Ich war selber angespannt und versuchte, es mit Lachen zu überspielen. Es waren nur wenige Gäste gekommen, weil die Regenwolken schon am Himmel standen. Nichtsdestotrotz wurde der Grill angeheizt, gelacht und getrunken. Das liebte ich so sehr dort, dieses vollkommen Unkomplizierte. Es regnete, na und, wir lassen uns doch davon nicht abhalten, eine fröhliche Party im Freien zu feiern! So weit so gut. Ich lernte ein paar seiner Freunde kennen und unterhielt mich mit Kollegen. Und dann kam meine Befürchtung auf einem Rad angefahren. Eine italienische Sportskanone mit langen dunklen Haaren, noch dunkleren Augen und einem glockenhellen Lachen. Kein junges, unerfahrenes Mädchen, sondern eine schöne Frau mit Ausstrahlung. Sie passte ins Beuteschema und es war klar, dass sie nicht nur als gute Freundin von Luca da war. In mir zog sich alles zusammen. Eine vollkommen absurde Situation und ich wünschte mir, die Erde würde sich auftun und mich verschlingen. Er stellte uns vor, indem er unsere Vornamen nannte. Nichts weiter, keine Erklärung dazu. Ich war steif wie ein Stock und fühlte mich wie eine Verliererin, ohne dass ich in den Ring gestiegen war. Der einzige Kampf, der hier stattfand, war in mir und es ging darum, meine Haltung zu bewahren. Oh mein Gott, wie schämte ich mich vor mir selbst. Wie abgrundtief blöd konnte man eigentlich sein? Nicht blöd, sondern klein und ohne jeden Funken von Stolz, dies traf es wohl eher.

Luca mied den direkten Kontakt zu mir und verschwand irgendwann zu später Stunde mit La Bella im Zelt. Ich fand einen Schlafplatz bei zwei lustigen Jungs, die nach jeder Menge Alkohol schon bald in Tiefschlaf fielen. Ich machte kein Auge zu und schlich mich gleich nach Sonnenaufgang still und heimlich davon. Ich wollte, ich könnte sagen, ich habe doch nichts Unrechtes getan. Ich bin unter außergewöhnlichen Umständen auf eine Party gefahren zu fröhlichen Menschen, die im Schnitt ca. 15 Jahre jünger waren als ich. Was war dabei?

Ich hatte in dieser Nacht schon genug Federn gelassen. Wenn ich nicht jeden Respekt vor mir selber verlieren wollte, musste ich mir wenigstens ehrlich eingestehen, dass diese Aktion, sorry, total Scheiße war. Luca schrieb nachmittags eine kurze Nachricht, dass sie mich vermisst hätten und ob ich gut heim gekommen sei. Als wir uns dann beruflich wieder gesehen haben, wurde die Grillparty nicht erwähnt, als wäre nichts geschehen. Ist denn überhaupt außerhalb meines Kopfes etwas geschehen? Es scheint nicht so, denn zwei Monate später, habe ich noch eins draufgesetzt.

Wir hatten eine ganztägige Firmenveranstaltung. Mir war klar, dass es ein geschäftliches Meeting war. Doch warum nicht zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen? Wenn es um mein Unglück geht, kann ich ziemlich hartnäckig sein. Es ist nicht verboten, sich in der Geschäftswelt mit all seinen Vorteilen zu präsentieren. Kompetent, positiv, weiblich und vielleicht eine kleine Spur sexy. Ich zielte nicht darauf ab, Luca „rum zu kriegen“. Ich wähnte ihn eigentlich verloren, aber ich spielte mit meinen Reizen und es machte mir Spaß. Und vor allem bot sich hier die Gelegenheit, mir nach meiner Erniedrigung etwas zu beweisen. Es war einer der Tage, an denen alles stimmt. Man steht am Morgen mit dem richtigen Fuß auf. In dieser Stimmung fühlte ich mich unwiderstehlich und genau das war ich dann auch. Am Ende des Tages landeten wir genau in dem Zelt, in dem er zwei Monate vorher mit einer anderen verschwunden war. Ging es mir danach besser? Nein. Ich hatte gesprüht vor Charme, aber anstelle mir selbst genug zu sein, habe ich mich wieder dem Löwen zum Fraß vorgeworfen. Letztendlich war ich diejenige, die alles gegeben hatte und es fühlte sich am Tag danach genauso an, nämlich einfach nur leer.

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