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III

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Ganz klar ist die Sache nicht. Wie kam Aristoteles zur Biologie? Wie erfindet man überhaupt eine Wissenschaft?

Als Erster erzählte D’Arcy Wentworth Thompson die Geschichte. Oder zumindest sorgte er für das chronologische und geografische Gerüst. Im hohen Alter wurde er mit Über Wachstum und Form berühmt, dem exzentrischen, wunderbaren Buch, das er über das Thema schrieb, warum Lebewesen die Form haben, die sie haben. Aber 1910 war Thompson ein dilettantischer Versager. In Cambridge hatte er brillante Leistungen erbracht und war mit nur 24 Jahren an den Lehrstuhl für Zoologie am University College Dundee berufen worden. Er war unermüdlich in seiner Arbeit, lehrte, hielt Vorträge für das einfache Volk, schrieb Leserbriefe an den Dundee Courier, sammelte Ausstellungsstücke für ein zoologisches Museum (ein Schnabeltier war sein besonderer Triumph), reiste an die Beringsee, um die Robbenfischerei zu erforschen, und reichte philologische Notizen in der Classical Review ein – doch er veröffentlichte kaum wissenschaftliche Forschungsarbeiten. Als er 28 war, riet ihm sein alter Tutor aus Cambridge eindringlich, endlich Wissenschaft zu betreiben, bevor es zu spät sei. Als er 38 war, schrieb ihm ein anderer Freund aus Cambridge: »Ich möchte dir nahelegen, von nun an mehr wissenschaftliche Arbeiten vorzulegen.« Thompson quälte sich und veröffentlichte 1895 seine Arbeit A Glossary of Greek Birds, in der er alle Vögel einordnete und identifizierte, die in den alten griechischen und ägyptischen Texten erwähnt wurden. Seine Kollegen waren wenig beeindruckt. Also brachte Thompson 1910 auch noch eine Übersetzung von Aristoteles’ Historia animalium heraus.

In Thompsons Händen erlangt Aristoteles’ gequälte Prosa eine zurückhaltende Erhabenheit: »Alle lebend gebärenden Vierfüßer sind sodann mit einer Speiseröhre und einer Luftröhre ausgestattet, an derselben Stelle wie im Menschen; dasselbe gilt für Eier legende Vierfüßer und Vögel, nur dass bei Letzteren eine Verschiedenartigkeit in der Form dieser Organe festzustellen ist.« Oder: »Bei den Eier legenden Fischen ist der Vorgang der Begattung der Beobachtung weniger zugänglich.« Oder: »An vielen Orten ist das Klima für bestimmte Besonderheiten verantwortlich; so ist der Esel in Illyrien, Thrakien und Epirus klein …«

Thompson wandte sein zoologisches Wissen an, um die Lebewesen zu identifizieren, die Aristoteles beschrieb. In Arabien, so Aristoteles, gibt es eine Maus, die viel größer ist als unsere Feldmaus, »die Hinterbeine eine Spanne lang und die Vorderbeine von der Länge des ersten Fingerglieds«. »Dies«, schreibt Thompson in einer Fußnote, »ist eine Springmaus, Dipus aegyptiacus, oder eine verwandte Art« – was die Ausführungen sofort klarer macht. Stellenweise drohen seine Anmerkungen den Text zu erdrücken: »Bei ῥινόβατος handelt es sich vermutlich um die moderne Gattung Rhinobatus, die Squatinoriaia Willughbys und anderer älterer Autoren, darunter R. columnae, sowie andere Arten, die auf den griechischen Märkten häufig anzutreffen sind. ρίνη ist wahrscheinlich der Engelhai Rhina squatina (Squatina laevis, Cuv.), der selbst irgendwo zwischen den Haien und den Rochen steht.« (Jahre später sollte Thompson ein Pendant zu A Glossary of Greek Birds mit dem Titel A Glossary of Greek Fishes veröffentlichen.) Wie Thompson schreibt, und man liest hier eine Spur Verzweiflung heraus: »Aristoteles’ Wissen der Naturkunde zu annotieren, zu illustrieren und zu kritisieren ist eine endlose Aufgabe …«

Die wichtigsten Zeilen in Thompsons Historia animalium stehen in der Einleitung. Sie kommen mit so wenig Brimborium aus, dass sie leicht zu überlesen sind:

Ich glaube, es lässt sich zeigen, dass Aristoteles sein Studium der Naturkunde wenigstens größtenteils im mittleren Lebensalter durchführte, zwischen seinen beiden Aufenthalten in Athen, und dass die von Land umgebene Lagune in Pyrrha zu seinen liebsten Jagdgebieten zählte.

Pyrrha, so Thompson weiter, befand sich auf der ägäischen Insel Lesbos.[]

Die Lagune

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