Читать книгу Gemeindeverfassungsrecht Baden-Württemberg - Arne Pautsch - Страница 9
2.Soziologische Betrachtungsweise
Оглавление2In der Soziologie wird mit „Gemeinde“ eine Einheit auf lokaler Basis bezeichnet, in der Menschen zusammenwirken.3 Die Urform des Zusammenlebens in der Sippe, dem Klan oder dem Stamm fällt also noch nicht unter diese Gemeindedefinition, da hier eine eindeutige lokale Bindung fehlt. Diese lokale Bindung, auch als „nachbarliche Gemeinschaft“ bezeichnet, steht aber bei der Wesensbeurteilung der Gemeinde im Vordergrund. Erst mit der Bindung an eine Lokalität kann sich das soziale Leben entfalten, das die Gemeinde – angefangen von den dörflichen Gemeinschaften und Markgenossenschaften der Germanen über die Munizipien der Römerzeit und den Reichsstädten des Mittelalters bis zur Jetztzeit – auszeichnet. Wichtig ist dabei die rechtliche Selbstständigkeit dieser nachbarschaftlichen Gemeinschaft. Diese Selbstständigkeit hat zur Folge, dass Rechte und Verpflichtungen der einzelnen Mitglieder nicht solche der Gemeinschaft werden. Andererseits sind aber die Mitglieder auch nicht unmittelbare Träger der Rechte und Pflichten der Gemeinde. Es findet also kein Durchgriff statt. Die zunehmende Urbanisierung führte zwangsläufig zu einer Abnahme der nachbarlichen Kontakte und der Bindung an die Gemeinde. Deshalb wurde z. B. bei der Gebietsreform versucht, ehemals selbstständige Gemeinden als „Ortschaften“ weiterzuführen und so die „symbolische Ortsbezogenheit“ aufrecht zu erhalten. Andererseits begegnen dem Menschen alle gesellschaftlichen Zusammenhänge von mehr als nur familiärem Charakter zuerst in der Gemeinde. Da dies ebenso auf die Bewohner der größeren Städte zutrifft, gibt es auch hier noch lokale und gesellschaftliche Bindungen an die Gemeinde.