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Stillen und Abstillen

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Wie alt war Isaak, als er abgestillt wurde? Uns kommen 6-12 Monate in den Sinn, aber vor der Industrialisierung wurde länger gestillt. Interessant ist der Blick auf den Islam, weil er viele Vorschriften aus der Wüstenkultur übernahm. Dort sind außer Mägden alle verheirateten Frauen zum Stillen verpflichtet. Empfohlen wird es bis zum Alter von zwei Jahren. In der Bibel finden wir keine Verpflichtung dieser Art, aber das jüdische Werk Baraita (1.-2. Jh. n. Chr.) verrät: »Ein Baby wird gestillt und läuft bis zum Alter von 24 Monaten« (Ktovot 59,2). Ein früheres Abstillen galt bei den Juden als Gefahr. Rabbiner erlaubten Stillenden Verhütungsmittel: »Drei Frauen [dürfen] verhüten – Kleine, Schwangere und Stillende […]. Stillende, damit sie nicht abstillt und ihr Kind stirbt« (Bab. Talmud Jebamoth 12,2). Wahrscheinlich war Isaak an seinem Abstillfest ca. zwei Jahre alt.

Während der Stillzeit von Isaak hätte Sara eigentlich genug Zeit gehabt, um sich an die neue Situation mit zwei Söhnen zu gewöhnen, aber etwas bringt sie aus der Fassung. Sie sieht den Sohn Hagars »scherzen« (Genesis 21,9). Ismael ist mit 16 Jahren kein Kind mehr. Worüber »scherzt« er? Hat er Sorgen um sein Erstgeburtsrecht? In seiner Welt bekamen Erstgeborene das Doppelte vom Erbe ihrer Brüder. Fühlt er sich als Sohn einer Magd weniger geliebt? Hat ihm seine Mutter erzählt, wie sie schwanger floh und dem Tod nahe kam? Sein Verhältnis zum Kleinkind Isaak ist jedenfalls vorbelastet. So etwas durchblicken die beiden Mütter sicher, zwischen ihnen ist die Spannung noch größer. Nur so können wir Saras extreme Reaktion verstehen. Sie verlangt Hagars und Ismaels Vertreibung, die den Tod bedeuten kann. Abraham folgt ihnen und gibt ihnen einen Schlauch Wasser (Genesis 21,14). Was genau ist ein Schlauch? Noch vor zwei Generationen konnte man bei Beduinen »Schläuche« sehen. Sie sehen aus wie »auf links gedrehte Ziegen« und dienen der Lagerung und dem Transport von Flüssigkeiten. Die Menschen damals hatten keine Flaschen oder Getränkedosen, und Krüge waren für unterwegs nicht gerade praktisch. Durch Gottes Schutz überleben Hagar und Ismael. Heim kehren sie aber nicht mehr, sondern ziehen in die Wüste Paran, die manche Forscher in der heutigen israelisch-ägyptischen Grenzregion und andere in der mittleren Arava vermuten. Hagar gab Ismael eine Ägypterin zur Frau, sie bekamen später 12 Söhne und zwei Töchter.

Nur 30 km liegen zwischen Gerar und Beerscheba, aber am Rande der Wüste ist diese Entfernung entscheidend. Je weiter südlich, desto weniger Niederschläge. Wir begleiten die Familie Richtung Süden, an den Ort, an dem heute die Wüstenstadt Beerscheba liegt. Hier lebten sie in der Zeit zwischen Isaaks Geburt und Ismaels Vertreibung. Warum und wann sie wo genau waren, wissen wir nicht. Lernte Isaak bei Gerar krabbeln, dürfen wir uns eine im Winter sattgrüne Landschaft mit vielen Blumen vorstellen. Im Frühjahr gibt es jede Menge Bienen und Schmetterlinge. Weitläufige Teppiche von roten Anemonen, rotem Hahnenfuß und Mohn ziehen sie an. Ab Ende April vertrocknet die Landschaft. Die dornigen und kratzigen Pflanzen sind dann braun und gelb. War die Familie näher an Beerscheba, so war die Vegetation eher niedrig und dünn. Ein krabbelndes Baby hat hier mehr Spaß am Staub als bei Gerar, seine Mutter weniger. Drinnen im Zelt hatten sie sicher Teppiche, wahrscheinlich aus Palmwurzel-Sisal oder aus Wolle, wie die Beduinen sie bis zum Import billiger und robuster Kunststoffteppiche hatten. Im Winter luden Schafsfelle zum Kuscheln ein.

Mitten in dieser Idylle kommt Gerars König Abimelech zu Abraham. Er hat erkannt, dass Gott mit Abraham ist, und möchte einen Bund mit ihm schließen. Abraham nutzt die Gelegenheit, seine Rechte über einen Brunnen, den er selbst gegraben hat, von König Abimelech anerkennen zu lassen. Den Brunnen hatten Abimelechs Knechte Abraham mit Gewalt weggenommen. Abraham und Abimelech schließen an diesem Brunnen einen Bund. Dabei schenkt Abraham Abimelech sieben Lämmer. So bekam die Stadt, die sich heute zum viertgrößten Ballungsraum Israels entwickelt hat, ihren Namen, Beerscheba. Beer heißt »Brunnen«, scheva bedeutet »sieben«, aber es ist auch der Wortstamm von »Schwur«. Am Ende pflanzt Abraham eine Tamariske. Wer heute zu den Ausgrabungen Beerschebas kommt, sieht mehrere Tamarisken, die sicher keine 100 Jahre alt sind, aber der 69 m tiefe Brunnen ist einer der älteren in Israel. Zur genauen Datierung gibt es verschiedene Aussagen. Die älteste Schicht im Areal ist über 5 000 Jahre alt. Wenn der Brunnen zu den ältesten Bauten im Areal gehört oder zumindest sein Fundament, war er schon über 1 000 Jahre alt, als Abraham einen Brunnen in dieser Gegend grub.

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