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ZISTERNEN VON DOTAN
ОглавлениеJosefs Brüder sind gerade an den Zisternen, als Josef aus Sichem kommt. Sie sehen ihn aus der Ferne, wie man auch heute jeden Passanten bis 800 m weit sehen kann. Sein gestreiftes Kleid macht ihn noch sichtbarer. Was machen die Brüder an den Zisternen? Hier haben sie ihre Herde wohl nicht weiden lassen, die direkte Umgebung ist voller Äcker und Haine, sodass kein Landbesitzer mit einer Herde einverstanden wäre. Doch zweimal am Tag muss das Vieh von den umliegenden Hügeln zum Wasser gebracht werden, frühmorgens und am Nachmittag. Wenn Josef am Morgen in Sichem losging, kommt er am Nachmittag an, wahrscheinlich zur zweiten Tränkzeit. Neben den Zisternen steht auch heute noch ein verlassenes Trink- und Waschbecken für Schafe. Die Anlage ist aus Beton, aber vielleicht ersetzt sie eine ältere.
Versetzen wir uns kurz in die Lage der Brüder, während Josef näher kommt. Sie sind zwischen 18 und 24 Jahre alt. Warum sind sie alle so wütend auf ihn? Es geht nicht nur darum, dass Josef vom Vater mehr geliebt wird. Letztendlich geht es ums Geld: Josef ist fast der Jüngste und sein Vater behandelt ihn, als wäre er der Älteste. Älteste erben doppelt. Ein Blick in die Zukunft verrät uns, dass Josef später tatsächlich das Doppelte erben wird. Jeder Bruder wird Stammesvater von einem Stamm Israels werden, er von zwei, Ephraim und Manasse.
Die Brüder stehen sicher vor mehreren Zisternen, weil sie planen, Josef erst zu ermorden und seine Leiche dann in eine der Zisternen zu werfen (Genesis 37,20). Vor den drei Zisternen Dotans versteht man warum. Im Radius von 2 km gibt es übrigens neun Zisternen. Sechs liegen vereinzelt, nur hier liegen drei beieinander.
Ruben schlägt vor, Josef »in diese Zisterne, die in der Wüste ist« zu werfen (Genesis 37,22). Wüste? Es ist hier typisch mediterran, die nächste Wüste ist 100 km entfernt. Diesmal ist die Übersetzung korrekt. Auch im Hebräischen steht »Wüste«. Etliche Rabbiner kamen zu der Überzeugung, dass der Begriff Wüste in diesem Vers »trocken« bedeuten soll. Wahrscheinlich ist hier also nicht die Wüste, sondern eine Zisterne gemeint, die gerade leer war. In diese warfen die Brüder Josef also hinein.
Wer die Geschichte kennt, weiß auch: Josef wird nicht ewig dort bleiben, sondern von vorbeiziehenden Händlern gerettet werden. Wenn wir Dotans Lage an der Bergstraße kennen, überrascht uns das Vorbeiziehen der Händler-Karawane nicht. Ihre Route vom Gilead nach Ägypten passt genau. Irgendwo bei Beit Shean überquerten sie den Jordan. Die Brüder verkaufen den verhassten kleinen Bruder als Sklaven. Die Geschäftsleute zahlen 20 Silberschekel, einen damals angemessenen Preis für einen Sklaven. 6