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Wer waren die Kanaaniter?

Die Sonderrolle des Landes beginnt mit Abrahams Ankunft vor über 3 750 Jahren. Damals hieß es Knaan, dt. »Kanaan«. Was verstehen wir unter Kanaan? Kanaan ist eine Bezeichnung für den Landstreifen am östlichen Mittelmeer zwischen Gaza und Ugarit im heutigen Syrien. Der Wortstamm bedeutete »Purpur«. Dieses Gebiet war bekannt als Zentrum der Purpurherstellung. Wenn damals von einem »Volk« die Rede war, meinte man die Bevölkerung einer Stadt oder besser gesagt eines ausgewachsenen Dorfes. Es gab kein vereintes kanaanäisches Volk. Eine kanaanäische Stadt bestand aus ein paar Dutzend Häusern, oft ummauert, meistens auf einer Fläche von 6−20 ha. Die größte Stadt des Landes war zur Zeit Abrahams Hazor mit fast 80 ha – viel größer als alle anderen damaligen Städte, aber viel kleiner als ein durchschnittliches modernes Dorf. Dörfer waren noch kleiner, eher wie kleine Weiler für unsere Begriffe. In den weniger fruchtbaren Gebieten und zwischen Siedlungen standen Nomadenzelte.


Zusammenfassend kann man sagen: Die Kanaaniter waren eine Hochkultur. Ihre ausgegrabenen Städte und Festungen zeigen es. Sie pflegten eine strukturierte Religionspraxis mit Priestern und Schriftgelehrten. Theologische Grundlage war eine verzweigte Mythologie, die den Glauben an den Vatergott El einschloss. El heiratete Aschera, Göttin der Erde. Zusammen bekamen sie Baal (Regen- und Sturmgott), Astarte (Liebes- und Schönheitsgöttin), Anat (Kriegs- und Jagdgöttin), Jam (Meeresgott), Mot (Todesgott) und weitere Götterkinder. Nach einem dramatischen Machtkampf konnte Baal die Vorherrschaft erringen. Der Machtkampf involvierte viele Naturgewalten und bot so eine Erklärung für Naturphänomene, die Menschen nicht verstanden. Der Götterdienst enthielt Brand- und Trankopfer am Altar, also Fleisch und Wein. Konkrete Verbote in der Bibel für Israel lassen uns einiges über die Religion der Kanaaniter schlussfolgern. In der Hoffnung auf gute Ernte hatten Baalspriester und manchmal ganze Volksmassen Geschlechtsverkehr mit Ascherapriesterinnen. Das sollte den Regen auf den Feldern symbolisieren. Diese Praxis verbot Gott Israel ausdrücklich (Deuteronomium 23,18). Im Hebräischen wird hier nicht das gewöhnliche Wort für Hure verwendet, sondern Kdescha, eine abgeleitete Bezeichnung vom Wortstamm »heilig«. Gemeint ist der heilige Geschlechtsverkehr. Manchmal ließen sich auch Israeliten vom Kult beeinflussen, beispielsweise indem sie Bäume pflanzten, um der Fruchtbarkeitsgöttin Aschera zu huldigen. Deshalb war es Israel verboten, Bäume im Tempel zu pflanzen (Deuteronomium 16,21). Weil die Ascherabildnisse aus Holz waren, sind heute keine mehr zu finden. Gott gebot Israel sogar deren Verbrennung (Deuteronomium 12,3). In Arad fand man in kanaanäischen Häusern einen größeren, in den Boden eingelassenen Stein, der keine statische Funktion hatte. Einige Forscher glauben, das sei einer der Gedenksteine, die den Israeliten explizit verboten wurden (Levitikus 26,1; Deuteronomium 16,22). Solche Säulen sollten die Israeliten zerschlagen (Deuteronomium 7,5). Faszinierend, wie jahrtausendealte Verbote und Gebote heute noch im Gelände sichtbar sind!

Gibt es noch weitere sichtbare Spuren der Kanaaniter? Ja, allerdings! Zeugnisse der Kanaaniter finden wir in den frühsten Schichten von rund 200 Tels im ganzen Land. Einige dieser Tels kommen schon in den Erzvätergeschichten vor. Ein paar von ihnen sind bis heute bewohnt, wie Sichem und Hebron, von anderen sind nur Trümmerhaufen geblieben. Viele Kanaaniterstädte kommen in der Bibel erst später vor, aber die Archäologie zeigt, dass es sie bereits zur Erzväterzeit gab, wie Akko, Jerusalem, Megiddo, Geser, Jaffa, Lachisch oder Jericho. Vor Ort kannst du dich an kanaanäische Mauerwerke anlehnen, in kanaanäischen Zisternen und Quellanlagen planschen und auf kanaanäischem Straßenpflaster laufen. Und das noch nach knapp 4 000 Jahren – was für ein Privileg! Archäologen finden immer wieder Geschirr und Schmuck aus den Überresten kanaanäischer Städte, die du heute in einigen Museen selbst bestaunen kannst. Solche greifbaren Eindrücke helfen dabei, diese längst vergangene Zeit besser zu verstehen.

Bei seiner Ankunft in Kanaan fand Abraham viele Dörfer und einige Städte vor. Für seine Verhältnisse war das Gebiet vermutlich dicht besiedelt. Vier bis fünf Jahrhunderte nach den Erzvätern führten die Israeliten Eroberungskriege gegen die Kanaaniter, die nach und nach von der Bühne der Menschheitsgeschichte und der biblischen Erzählung abtraten. Damit verlor der Name Kanaan an Aktualität und wurde irgendwann nur noch im Rückblick gebraucht.

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