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Als ich die Bademeisterin fraß

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Neulich las ich die Gesundheitstipps in einer Zeitschrift. Mitten aus diesen Gesundheitstipps heraus blickte mich das Gesicht Franzi van Almsicks an. Und Franzi van Almsick sprach also zu mir etwa wie folgt:

Ich hab’s euch immer schon gesagt, ihr sollt schwimmen dreimal die Woche und sollt euren Pulsschlag dadurch erhöhen, wie es auf den Gesetzestafeln des Sportbundes verzeichnet ist, auf dass ihr gesund bleibt und den Allgemeinen Ortskrankenkassen nicht zur Last fallt. Und ihr sollt jeweils eine halbe Stunde schwimmen und unter Wasser ausatmen, und wenn ihr also tut, das ist optimal, und ihr werdet euch dann nie einer Koronargruppe anschließen müssen.

Ich blickte an mir herunter und sah, dass ich fett war, fühlte mich kurzatmig, hässlich und herzkrank und tat, wie Franzi mich geheißen hatte, ging schwimmen, dreimal die Woche, atmete unter Wasser aus und über Wasser ein und verwechselte beides nur einmal, dann nie wieder. Ich kaufte mir eine Schwimmbrille und betrachtete, während ich schwamm, die anderen Schwimmer von unten: eine merkwürdige, ins Babyblau des Bassins getauchte Welt schwebender Bäuche, umkurvt von langgestreckten, wie Außenbordmotoren durchs Wasser wütenden Kraulern.

»Der Leib wird leicht im Wasser«, heißt es bei Brecht, und das ist schön, dachte ich, besonders für die großen Wasserverdränger, denn jeder Körper verliert im Wasser soviel an Gewicht wie die Wassermasse wiegt, deren Stelle er einnimmt, capito? Das heißt, wenn ich nicht irre, dass der Dicke im Wasser mehr Gewicht verliert als der Dünne, aber leider nur so lange, bis er wieder heraussteigt. Richtig gut wäre es, wenn der Gewichtsverlust auch an Land erhalten bliebe, wenn man also zum Abnehmen nur kurz in die Badewanne gehen müsste, schon würde das Übergewicht durch den Abfluss gluckern. Aber das hat sich wohl nicht machen lassen bei der Erschaffung der Welt, wie so vieles andere auch, und wir müssen zufrieden sein, wie es ist.

Ich möchte aber auf Grund meiner Erfahrungen anmerken, dass es keine, aber auch gar keine Form des Sports gibt, die einen dermaßen wühlenden Appetit erzeugt wie das Schwimmen. Man hievt seinen ertüchtigten Leib aus dem Wasser, und sofort spürt man in dessen Mitte ein schmerzendes Loch. Mir ist ein Rätsel, wie Franzi dieses erträgt. Hält sie sich nicht täglich stundenlang im Wasser auf, dabei Unvergleichliches leistend? Wie kommt es, dass sie nach dem Training nicht sofort noch am Beckenrand ihren Übungsleiter frisst? Wie ist es möglich, dass nach einem Schwimmrennen nicht Teile des Publikums zwischen den Zähnen der Athleten landen, die anders ihres Hungers nicht mehr Herr werden? Bei mir ist es jedenfalls nun so, dass ich nach dreißig Bahnen im Dantebad schon auf dem Weg zur Dusche nicht mehr fähig bin, meinen Appetit zu zähmen: Ich rase zu den Kabinen wie ein tobsüchtiger Velociraptor in Spielbergs Jurassic Park, falle bereits auf dem Weg zu den Duschen zartfleischige Badegäste an und verschmähte kürzlich auch eine muskulöse Bademeisterin nicht, die Widerworte gab, als ich ihr das mitgebrachte Pausenbrot aus der Hand schnappte. Dem Wirt einer nahe der Schwimmanstalt befindlichen Gaststätte bin ich ein lieber Gast, weil ich dreimal die Woche sein gesamtes Speisekartenprogramm verzehre.

In meinem Hungerschmerz und meiner Gier nehme ich nach jedem Badbesuch ein Vielfaches dessen zu mir, was ich durch die Körperbewegung tatsächlich abarbeite. Die Konsequenz: Ich werde dicker, weil ich schwimme, Schwimmen dient meiner Fettness. Eines Tages, wenn ich sehr viel geschwommen sein werde, werde ich meinen massigen Körper auf den Zehner-Sprungturm hinaufwuchten und mit einem gigantischen Juchhu! hinunterspringen. Die größte Arschbombe der Welt! Das Becken ist wasserfrei danach und mein Lachen fröhlich wie nie, denn ich bin fat for fun.

Danke, Franzi, für den Tipp!

Das Beste aus meinem Leben

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