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Na denn

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Kürzlich las ich in einer Zeitschrift die Geschichte einer Frau, die sich scheiden ließ, weil ihr Mann jede Mahlzeit mit den Worten »Sodele, Nudele« begann, ausgenommen das Frühstück. Da sagte er: »Eili, Peili«, bevor er sein gekochtes Ei enthauptete. Es war schön, das zu lesen. Ich wusste endlich: Ich bin nicht allein. Ich habe nämlich ebenfalls eine kleine Gewohnheit, bitte, werden Sie darüber schweigen?

Ich kann nicht essen, ohne vorher »Na denn…« gesagt zu haben. Es ist merkwürdig, aber es geht nicht anders. Ich setze mich an den Tisch, nehme mein Besteck in die Hand und sage »Na denn…«, so wie andere Leute ein Tischgebet sprechen oder »Guten Appetit!« wünschen. Das heißt, manchmal sage ich es gar nicht selbst, sondern Paola schaut mich an, wenn wir zu essen beginnen, und dann sagt sie »Na denn…«, bevor ich es sagen kann. Wir lachen darüber, und ich freue mich, dass sie sich nicht scheiden lässt. Aber merkwürdig ist das natürlich schon.

Meistens registriere ich selbst gar nicht, dass ich »Na denn…« sage. Ich sage es so automatisch, wie man sich die Haare im Wind glattstreicht oder die Brille zur Nasenwurzel zurückschiebt, wenn sie verrutscht ist. Schon mein Vater hat »Na denn…« gesagt, bevor er zu essen begann, mein Großvater auch. Es sind sehr viele Nadenns in den Männern unserer Familie enthalten – die müssen heraus. Ich vermute, dass bei uns der Magen-Darm-Trakt nicht funktioniert, wenn wir nicht »Na denn…« gesagt haben. Er braucht das als Zauberwort, sonst arbeiten die Verdauungszellen nicht, wie kleine Maschinen, die niemand angeschaltet hat, oder wie Heinzelmännchen, die vergebens auf den Sonnenuntergang warten.

Man kann natürlich auch der Meinung sein, es sei zwanghaft, immer »Na denn…« sagen zu müssen, oder es sei ein nervöser Tic, so wie andere Menschen ständig mit den Wimpern zucken oder sich dauernd an den Haaren herumfummeln. So weit würde ich nicht gehen. Wenn man es sich genau überlegt, macht fast jeder Mensch irgendein kleines Gewohnheitsgeräusch. Zum Beispiel beginnt Lothar Matthäus alles, was er sagt, mit »Ja gut…« Ich glaube, wenn er nicht »Ja gut…« sagen würde, könnte er nicht reden. Es ist die Formel zum Einschalten seines Gehirns, oder wie man das bei L. M. nennt.

Ein anderes Beispiel: Es gibt sehr viele Manager, die jeden zweiten Satz mit »Ich sage mal…« einleiten, achten Sie mal drauf! Wenn man diesen Leuten das Ichsagemal wegnehmen würde, wie man einem Kind eine Schachtel Zündhölzer wegnimmt – dann könnten sie überhaupt nicht mehr sprechen. Sie säßen an ihren Schreibtischen, und wenn das Telefon klingelte, wären sie hilflos wie kleine Kinder. Sie würden den Hörer in ihrer Hand anstarren, aus dem sie eine Stimme hörten, die eine Antwort von ihnen erwartete, die sie nicht geben könnten, weil sie das Ichsagemal nicht mehr hätten. Dann würden sie anfangen zu weinen – alles bloß wegen dreier Worte, die ihnen nicht mehr zur Verfügung stünden. Verrückt, was? Aber so ist es.

Was ich sagen will: Ich sage dieses »Na denn…« schon längst nicht mehr, sondern mache es, und zwar nicht willentlich, sondern unwillkürlich, so wie ein Bekannter von mir immerzu »Ngpffft« mit der Nase macht, ohne es selbst noch zu merken – er hat irgend etwas mit der Stirnhöhle. »Na denn« ist ein etwa dem Schnarchen gleichgestelltes Geräusch, wobei ich ausdrücklich erwähnen möchte, dass ich nicht schnarche – aber auf diese Auskunft sollten Sie nicht viel geben. Mein Vater zum Beispiel leugnete stets, dass er schnarchte, obwohl er so sehr schnarchte, dass man ihn noch am anderen Ende der Stadt hörte. Selbst als ich 600 Kilometer weit weggezogen war, konnte ich nachts aus den Geräuschen der großen Stadt sehr leise meinen schlafenden Alten heraushören.

Dabei fällt mir ein Freund ein, der seine Sätze nicht mit »Na denn…« oder »Ja gut…« zu beginnen pflegte, sondern – das ist wirklich wahr – immer und immer und immer mit: »Du wirst lachen…« Einmal traf ich ihn auf der Straße. Ich fragte ihn, wie es ihm gehe, und er sagte: »Du wirst lachen: Meine Frau hat mich verlassen.«

Das Beste aus meinem Leben

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