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Blau macht mich so blass

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Sicher wollen Sie wissen, warum ich so einen schönen auberginefarbenen Pullover anhabe, was? Na gut, ich werde es Ihnen erzählen.

Manchmal sieht man ja Männer, sitzend in Boutiquen, und sie haben traurige Augen, und sie denken an Fußball oder an das Steuersystem oder an Proschinsky, das Schwein vom Controlling, mit seinen Intrigen. Und vor ihnen geht die Frau ihrer Träume auf und ab, und sie probiert eine Bluse, und sie probiert eine Hose, und sie probiert eine Jacke, und sie probiert Schuhe, und die Männer denken »Ach …« und blicken nach innen. Solche Männer sieht man manchmal, und neulich war ich einer von ihnen.

Es war einer von jenen Tagen, an denen Paola, meine Frau, nichts anzuziehen hat. Sie steht dann vor dem Kleiderschrank und hat nichts anzuziehen und nimmt einen Rock und tut ihn wieder weg und hat nichts anzuziehen und nimmt einen Pullover und hält ihn sich vor den Oberkörper und tut ihn wieder weg und hat nichts anzuziehen und streift ein Kleid über und streift es wieder ab und tut es wieder weg und hat nichts anzuziehen, aber auch reineweg gar nichts. Und das, was sie hat, kann sie nicht mehr sehen. Und überhaupt sei sie so hässlich. Ob ich sie noch anschauen könne, so hässlich wie sie sei? Mich überfiel ein schlechtes Gewissen. Ich rief, dass ich ihr gerne etwas kaufen würde, etwas Schönes zum Anziehen. Wir gingen in den sehr bedeutenden Laden eines sehr bedeutenden Modeschöpfers. Das Geschäft wirkte irgendwie leer, und ich dachte, vielleicht sei dem Modeschöpfer in letzter Zeit wenig eingefallen, oder jedenfalls wenig sehr Bedeutendes, und dann dachte ich an Loriots Bemerkung, als er in einem Restaurant eines sehr bedeutenden Kochs sein Essen serviert bekam: Es sieht sehr übersichtlich aus.

Eine sehr bedeutende Verkäuferin servierte uns Kaffee, und von ganz hinten kamen doch Kleider und Röcke und Blusen und Westen und Mäntel und Schuhe zum Vorschein. Paola probierte dies und probierte jenes, nahm etwas Enges und etwas Weites und etwas Langes und etwas Kurzes und dann etwas Blaues, und dann fragte sie mich: »Wie gefällt es dir?«

Ich sagte: »Ich finde es zauberhaft.«

Sie sagte: »Unsinn, Blau macht mich so blass.«

Sie zog etwas Violettes an, fragte mich wieder, und ich sagte, ich fände es wunderbar. Sie sagte bloß: »Mmmmmmh-nein.« Dann nahm sie etwas Türkisfarbenes und fragte: »Und das?«

»Oh, es ist toll!«

»Immer findest du alles toll.«

»Aber es ist toll.«

»Ach.«

Dann probierte sie etwas Gelbes, und ich sagte zur Abwechslung: »Gefällt mir nicht.«

»Schade«, sagte sie, »ich mag es. Aber wenn es dir nicht gefällt…«

Die sehr bedeutende Verkäuferin servierte noch mal Kaffee.

Ich glaube, etwa zu dieser Zeit begann ich an Fußball zu denken. Ich machte mir Vorwürfe deswegen, weil ich Paola eine Freude hatte machen wollen, und nun war ich hier so wenig bei der Sache. Dann dachte ich an das Steuersystem und machte mir mehr Vorwürfe: Hier, vor dir, geht die Frau deines Lebens, dachte ich, und du wagst es, an das Steuersystem zu denken?! Als ich an Proschinsky, das Schwein, zu denken begann, stand Paola vor mir mit etwas Rotem.

»Es ist süß«, sagte ich.

Paola zischte: »Ja, aber es ist aberwitzig teuer.«

»Lass es uns trotzdem nehmen«, flüsterte ich verzweifelt. »Niemals«, sagte sie, »es ist unverschämt.«

Ich hätte es gekauft, schon weil die Verkäuferin soviel Kaffee gemacht und mich irgendwie eingeschüchtert hatte, aber Paola zog sich um und mich zum Ausgang, die Verkäuferin mit einem Berg Ware zurücklassend.

»Das können wir nicht machen«, sagte ich, »alles probieren und nichts kaufen.« Gleichzeitig machte ich mir Vorwürfe, dass ich mich von einer Verkäuferin einschüchtern ließ. Paola wirkte erfrischt.

In der Fußgängerzone kamen wir bei einem Herrenausstatter vorbei. Paola drückte mich hinein. Ich war sehr müde von all den gelben, grünen und roten Sachen und von den Selbstvorwürfen auch, probierte apathisch den auberginefarbenen Pullover an, den Sie nun an mir sehen, und kaufte ihn.

»Er ist toll«, sagte Paola.

»Aber wir wollten doch etwas für dich kaufen«, sagte ich. »Ach was«, sagte sie, »ich brauche nichts.«

So kam ich zu dem Pullover, den ich trage. Heute morgen stand Paola übrigens verzweifelt vor dem Schrank, und weil mich das schlechte Gewissen überfiel, wollen wir in die Stadt gehen, um etwas für sie zu kaufen. Mal sehen, was ich diesmal bekomme.

Das Beste aus meinem Leben

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