Читать книгу Kati Küppers und der gefallene Kaplan - Barbara Steuten - Страница 16
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ОглавлениеKalle hatte reingehauen. Wenn seine Hedwig Grünkohl mit Panhas auf den Tisch brachte, gab es für ihn kein Halten mehr. Beim ersten Nachschlag hatte sie sich gefreut, dass es ihm so gut schmeckte. Beim zweiten hatte sie versucht, streng zu gucken. Den dritten hatte sie ihm verweigert und die Verantwortung auf Dr. Hartwig abgeschoben.
Daraufhin hatte er sich grummelnd zu seinem obligatorischen Nickerchen in den Relax-Sessel zurückgezogen. Ohne sein Stündchen Entspannung nach dem Essen war er nicht zu genießen. Wenn man ihm aber seine Ruhe gewährte, ließ er sich danach zu allem überreden. Jedenfalls wenn er das Gefühl hatte, gut dazustehen oder selbst Urheber des Vorhabens gewesen zu sein. Er reckte sich und gähnte den Rest Schlaf beiseite. Dann griff er zur Zeitung und las die Artikel, die er heute Morgen übersehen hatte. Als er die Seite mit den Todesanzeigen überflog, fiel ihm der Treppensturz des Kaplans wieder ein. Nachlässig raffte er die Zeitung zusammen und suchte nach dem Telefon.
Schließlich fand er es in der Küche, wo sich der Abwasch türmte, während seine Frau in aller Seelenruhe mit ihren Freundinnen plauderte. Fernmündlich versteht sich. Nur über Hedwigs Leiche hätte jemand den aktuellen Zustand der Küche zu Gesicht bekommen. Kalle räusperte sich und bekam, was er wollte.
Hektisch unterbrach Hedwig die Freundin: »Liebes, ich muss Schluss machen. Wir sehen uns heute Abend in der Kirche. Tschüsskes.«
»Hast du sie jetzt alle durch?«, fragte er und hielt die Hand auf. Hedwig übergab ihm das Telefon, ohne auf seine Frage zu reagieren, und begann, die Küche aufzuräumen.
Auf dem Weg ins Wohnzimmer durchsuchte Kalle das digitale Telefonbuch und drückte auf ›Heinrich Pomarowski‹. Er hörte die Melodie, mit der die Leitung aufgebaut wurde, dann das Besetzt-Zeichen. Schnaufend ließ er sich in seinen Sessel fallen.
Bei ›Michael Schulze‹ hatte er mehr Glück. Nach dem dritten Tuten meldete sich der gewünschte Gesprächspartner. Er wirkte etwas außer Atem und bestätigte auf Kalles Nachfrage , dass er gerade erst von der Arbeit nach Hause gekommen war. Kalle witterte seine Chance. Tatsächlich war er der Erste, der den Brudermeister der Sebastianus-Schützen über den tragischen Tod des beliebten Kaplans in Kenntnis setzte.
»Deshalb habe ich für morgen Abend eine Kirchenvorstandssitzung einberufen. … Ja, ich weiß, dass morgen Samstag ist. Aber heute Abend ist zu kurzfristig. … Bisher haben alle, die ich erreicht habe, zugesagt …« Musste er Schulze auf die Nase binden, dass er bisher nur eines der acht Mitglieder erreicht hatte? »Natürlich weiß ich, dass du viel um die Ohren hast …« Kalle sprach seinen Gedanken nicht aus. Vermutlich hielt man ihn für pietätlos, wenn er Schulze nahelegte, sein Bier bei der Sitzung des Kirchenvorstands zu trinken statt auf dem Schießstand. »Morgen Abend, neunzehn dreißig, im Thekenraum des Pfarrzentrums. Gut, dass du kommst. Tagesordnung? Ja, mach ich noch fertig«, versprach Kalle, beendete zügig das Gespräch und wählte die nächste Nummer.
Irgendwann zwischen dem dritten und vierten Telefonat rief Hedwig aus dem Flur: »Ich bin in der Kirche, wenn du mich suchst.« Kalle quittierte die Information mit einem stummen Kopfnicken, das seine Frau weder erwartet noch gesehen hatte. Suchen würde er sie bestimmt nicht. Dazu war er viel zu sehr mit der bevorstehenden Sitzung beschäftigt. Endlich bot sich ihm die Chance, die Pläne des Kaplans einzustampfen. Das konnte er sich nicht entgehen lassen. Dafür war er sogar bereit, die verhasste Tagesordnung am Computer zu erstellen, selbst wenn er sich dabei einen abbrach.