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Marcus Antonius

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Als Caesar auf seiner Heimkehr in Mediolanum einfuhr, stand neben ihm auf dem Wagen Marcus Antonius. Und er hatte alles, was man sich von einem Helden wünschte. Der am 14. Januar ca. 83 v. Chr. geborene Antonius war in der Blüte seiner Jahre. Er war schön, stark und athletisch, er trug einen Bart, der an den Halbgott Herkules erinnern sollte, von dem seine Familie behauptete, er sei ihr Vorfahr. Die Römer verbanden Herkules mit Hispanien, was Antonius’ Präsenz eine zusätzliche symbolische Bedeutung verlieh. Seine ganze Erscheinung strahlte Kraft aus. Er war gesellig, intelligent und selbstbewusst, er trank viel und gern, auch in der Öffentlichkeit, und er schmeichelte sich bei seinen Soldaten ein, indem er mit ihnen zusammen seine Mahlzeiten einnahm. Wenn manche behaupteten, dass sich Caesars Gesundheitszustand im Laufe der Jahre verschlechterte, dann räumte Antonius’ Erscheinung alle diesbezüglichen Zweifel am Regime wieder aus.

Antonius stammte aus einer alten Senatorenfamilie. Die Antonier, die Sippe seines Vaters, waren gemäßigte Konservative, Antonius’ Mutter Julia aber war eine Cousine dritten Grades von Julius Caesar. Das mag seine Eintrittskarte für Caesars Generalstab in Gallien gewesen sein, dem Antonius ab 54 v. Chr. angehörte.

Schon als Jugendlicher hatte Antonius in Rom von sich reden gemacht – er war berüchtigt für seine Trinkgelage, seine Frauengeschichten, seine hohen Schulden und die notorisch schlechte Gesellschaft, in der er sich befand. Mit Mitte zwanzig war Antonius jedoch aus dem Gröbsten heraus. Er studierte Rhetorik in Griechenland und zeichnete sich zwischen 58 und 55 v. Chr. im Osten des Reiches als Kavalleriekommandant aus. Schon bei seiner ersten Schlacht kämpfte er bei einer Belagerung an vorderster Front. Zahlreiche Schlachten folgten, in denen er großen Mut bewies und mehrere Siege errang.

Über die Anfänge seines Dienstes unter Caesar in Gallien ist nichts überliefert, aber er wird einen guten Eindruck hinterlassen haben; nicht umsonst schickte Caesar ihn 53 v. Chr. zurück nach Rom, um sich als Quästor zu bewerben. Er gewann die Wahl. Danach kehrte er nach Gallien zurück, als einer von Caesars Generälen, und dort erwarb er sich ähnlich viele Lorbeeren wie Decimus.

Und genau wie Decimus belegte Antonius in Rom ein Wahlamt: 50 v. Chr. war er einer von zehn Volkstribunen, die jährlich gewählt wurden und die Interessen des „kleinen Mannes“ vertreten sollten. In jenem Jahr spielte Antonius eine nicht unwichtige Rolle im schicksalhaften Konflikt zwischen Caesar und dessen Gegnern im Senat. Der Senat entzog Caesar unter der Führung von Cato die Statthalterschaft von Gallien und verweigerte ihm, sich ein zweites Mal um das Konsulat zu bewerben. Caesar befürchtete, dass man ihn nach seiner Rückkehr nach Rom vor Gericht stellen würde und seine Feinde ihn zu Unrecht verurteilen würden. Antonius versuchte noch, den Senat umzustimmen, aber man hörte nicht auf ihn, und so floh er aus Rom und eilte zu Caesars Militärlager.

Antonius tat sich im Bürgerkrieg gegen Pompeius als Caesars bester General und unverzichtbarer politischer Funktionär hervor. Caesar übertrug ihm ein paar entscheidende Aufgaben: So organisierte er die Verteidigung Italiens, setzte Caesars Legionen über die Adria über, die vor Feinden nur so wimmelte, und er vereinigte seine Streitkräfte in Makedonien mit denen Caesars. Seine wichtigste Rolle spielte Antonius aber in der entscheidenden Schlacht gegen Pompeius im griechischen Pharsalos am 9. August 48 v. Chr., wo er Caesars linke Flanke befehligte. Als Caesars Veteranen Pompeius’ Schlachtreihen durchbrachen, setzte Antonius’ Kavallerie dem fliehenden Feind nach.

Für Caesars Feinde war dies eine ebenso unerwartete wie erschreckende Niederlage. Sie hatten zwar noch ein paar Asse im Ärmel – hunderte Kriegsschiffe, viele tausend Soldaten, mächtige Verbündete und nicht zuletzt sehr viel Geld. Doch als am Ende der Schlacht von Pharsalos Tausende von Pompeius’ Soldaten tot im Feld lagen, blieb niemandem in der „Kloake des Romulus“ verborgen, dass sich das politische Blatt gewendet hatte.

Während Caesar selbst die nächsten Jahre im Osten verbrachte, wo er Verbündete für sich gewann, Geld sammelte, Aufständische niederschlug und eine neue Geliebte umwarb, schickte er Antonius zurück nach Rom. Antonius arrangierte dort, dass man Caesar für das laufende Jahr zum Diktator ernannte, und er selbst besorgte sich den Posten des magister equitum (Oberbefehlshaber der Kavallerie); damit war er stellvertretender Kommandant des Diktators. Es war die zweite Diktatur Caesars, und die freiheitsliebenden Römer waren davon alles andere als begeistert. Unterdessen nahmen die Traditionalisten Anstoß an Antonius’ unstetem und schamlosem Lebenswandel, dem er sich nun auf einmal wieder hingab.

Die Quellen berichten von wilden Nächten und öffentlichen Auftritten mit heftigem Kater; sie erzählen davon, wie er sich auf dem Forum erbrach und Wagen von Löwen ziehen ließ. Antonius machte auch aus seiner Affäre mit einer Schauspielerin mit dem Künstlernamen Cytheris, „Venus-Mädchen“, einer ehemaligen Sklavin, keinen Hehl und ließ sich mit ihr zusammen in aller Öffentlichkeit in einer Sänfte herumtragen.14

Dabei entglitt Antonius die zivile wie auch die Militärpolitik in Rom. Als es zu gewalttätigen Ausschreitungen der Befürworter eines allgemeinen Schuldenschnitts und einer Mietpreisbremse kam, schickte Antonius Truppen aufs Forum, und es floss Blut – die Soldaten töteten 800 Menschen. In der Zwischenzeit meuterten einige von Caesars Veteranenlegionen, die nach Italien zurückgekehrt waren, weil sie bezahlt und aus dem Militärdienst ent lassen werden wollten.

Die Situation schrie geradezu nach Caesars harter Hand, und so kehrte er im Herbst dann auch nach Rom zurück. Er legte die Meuterei bei und vereinbarte, die Mieten zu senken; auf den Schuldenschnitt jedoch ließ er sich nicht ein. Was Antonius betrifft, so wusste Caesar immer die Schwächen eines Menschen zu seinem eigenen Vorteil zu nutzen. Caesar wetterte gegen Antonius im Senat und gab ihm hinterher kurzerhand einen neuen Auftrag.

Diesen Auftrag hätten die meisten Römer wohl abgelehnt. Nicht so Antonius. Es mochte ihm an politischer Raffinesse fehlen, aber er hatte nie etwas dagegen gehabt, sich die Hände schmutzig zu machen; loyal war er ohnehin. Die Aufgabe, die Caesar Antonius übertrug, bestand darin, das gesamte beschlagnahmte Vermögen des Pompeius an verschiedene private Bieter zu veräußern. Pompeius war der zweitreichste Mann Roms, nur Caesar war wohl habender. Somit betätigte sich Antonius als sector (wörtlich: „Schnitter“), also jemand, der beschlagnahmtes Eigentum im Rahmen öffentlicher Auktionen verkaufte – und einen hübschen Gewinn einstrich. Für die Römer war dies ein ziemlich schlecht an gesehener Job, und für einen Mann von Antonius’ Stand ziemte er sich schon gar nicht. Und es war nicht nur ein schmutziges Geschäft, sondern in diesem Falle auch ein gefährliches, denn 47 v. Chr. standen Pompeius’ Verbündete und seine Söhne noch immer unter Waffen und befanden sich auf freiem Fuß. Sicherlich hätte sich ein Soldat wie Antonius seinen Ruhm lieber im Feld in Afrika oder Spanien erworben; stattdessen blieb er bis Anfang 45 v. Chr. in Rom und erwirtschaftete durch die Verkäufe das Geld, das Caesar benötigte, um seine Truppen zu bezahlen. Antonius selbst war ständig knapp bei Kasse, und zweifellos erlaubte Caesar ihm, ein wenig vom Rahm für sich selbst abzuschöpfen.

Privat riss sich Antonius nun ein wenig zusammen: Nach einer Scheidung heiratete er noch einmal, diesmal die zweifach verwitwete Adelige Fulvia. Von allen einflussreichen Frauen der damaligen Zeit war Fulvia eine Klasse für sich. Sie war die Einzige, die einmal selbst zum Schwert griff und eine Armee rekrutierte15, was ihr die zweifelhafte Ehre einbrachte, dass ihre Feinde ihren Namen in ihre Schleuderbleie einritzen ließen – nicht ohne anzügliche Hinweise auf bestimmte Körperteile.16 Die meisten ihrer Kämpfe focht Fulvia indes mit Worten aus. Sie war durch und durch Populistin und heiratete nacheinander drei Politiker: den Straßenkämpfer und Demagogen Clodius, den Volkstribunen Curio, der Caesar unterstützte, und zuletzt Antonius – eine Ehe, die ihr schließlich selbst zum Verhängnis werden sollte. Antonius’ Feinde wurden nicht müde zu behaupten, dass er unter Fulvias Fuchtel stand. Das ist so nicht richtig, aber sie war eine starke Frau, die dafür sorgte, dass er selbst Rückgrat entwickelte. Und mit ziemlicher Sicherheit ließ sie Antonius an den politischen Einsichten teilhaben, die sie bei ihren früheren Ehemännern aufgeschnappt hatte.

Als sich Antonius im August 45 v. Chr. Caesar bei dessen Rückkehr nach Italien anschloss, stand er wieder in der Gunst des Diktators. Als er neben Caesar auf dem Wagen nach Mediolanum einfuhr, sonnte er sich in der Anerkennung, die die Öffentlichkeit ihm zollte. Antonius konnte sich sicher sein, dass eine glorreiche Zukunft vor ihm lag. Von den vielen Stolpersteinen ahnte er nichts.

Die Iden des März

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