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Seltener Besuch

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Drei Wochen später saß Diana auf der weißen Couch in ihrem Wohnzimmer und kaute unzufrieden auf der Paprika, die sie sich zurechtgeschnitten hatte. Im Fernseher lief eine Talkshow mit John als Thema. Natürlich war Paul zu Gast in der Show.

„Sie haben also gedacht, die Pistole, mit der Sie auf John Gold geschossen haben, wäre lediglich eine Attrappe gewesen?“, fragte Peter Herlig, der Gastgeber der Show. Aufmerksam blickte er durch die großen Gläser seiner Hornbrille.

„Diese Frage hat mir die Polizei auch immer wieder gestellt“, antwortete Paul, „aber so war es nicht. Ich wusste, dass die Pistole echt ist. Und mir war auch bewusst, dass sie geladen ist. Ich wusste nur nicht, dass er es nicht schaffen würde, diese Pistolenkugel aufzuhalten.“ Er schluckte. Auf ihrem hochauflösenden Plasma-Bildschirm konnte Diana sogar die vereinzelten Schweißperlen erkennen, die sich auf seiner Stirn bildeten.

„Wie hatte er vor, die Kugel aufzuhalten?“, fragte der Moderator unbarmherzig.

Paul schüttelte den Kopf. „Das weiß ich nicht.“

„Das wussten Sie nicht?!“, wiederholte Peter Herlig mit aufgesetzter Überraschung. Für Diana war es offensichtlich, dass er diese Tatsache bereits vor dem Interview in Erfahrung gebracht hatte. Sie fragte sich, ob dies auch anderen Zuschauern auffiel oder ob sie durch ihr Studium einen besseren Blick für all dies hatte.

„Wir wussten nie, wie seine Tricks genau funktionierten. Wir wussten immer nur genau das, was wir wissen mussten, um unseren Part durchführen zu können.“ Etwas hilflos, aber in keiner Weise schuldbewusst, hob Paul die Schultern. Seine Gefühle waren nicht gespielt.

„Das heißt, Sie haben wissentlich mit einer tödlichen Waffe auf einen Mann gefeuert, von dem Sie davon ausgehen mussten, dass er bei diesem Angriff sterben würde?“

Mit dieser Frage schaffte er es, Dianas ohnehin schon schlechte Laune noch ein Stück tiefer zu ziehen.

„Ich bin in keiner Sekunde davon ausgegangen, dass er sterben würde!“, verteidigte sich Paul leidenschaftlich.

„Wir haben ebenfalls auf ihn geschossen“, kam Franz Paul endlich zur Hilfe. Diana hatte mittlerweile erfahren, dass er einer der ersten Polizisten gewesen war, die auf John geschossen hatte. Auch er war ein Schüler von John. „Und auch unsere Waffen waren echt und geladen. Unsere Schüsse hat er aufhalten können.“

„Und keiner von Ihnen hat gewusst, wie er das angestellt hat?“, hakte der Moderator noch einmal nach. Seine aufgesetzte Art hätte ihn auch bei einem weniger ernsten Thema unsympathisch erscheinen lassen.

„Er war der Magier“, sagte Franz schlicht, als beantworte das jede weitere Frage.

„Wir haben einfach auf seine Fähigkeiten vertraut“, fügte Paul hinzu.

„Und Sie machen sich selbst gar keine Vorwürfe?“, fragte Peter Herlig.

Paul schwieg eine Weile. Dann blinzelte er zweimal. „Doch. Jeden Tag.“

„Ja, das hast du super hinbekommen, John“, sagte Diana vor dem Fernseher zu sich selbst. Sie biss das nächste Stück von ihrer Paprika ab. Am liebsten hätte sie den Fernseher ausgeschaltet. Um es allerdings wirklich zu tun, interessierte sie sich zu sehr dafür, wie Paul mit seinem Schicksal umging.

„Wissen Sie, warum John Gold den Trick überhaupt wiederholen wollte?“, fragte Herlig neutraler weiter. „Warum hat er es nicht einfach dabei belassen, dass er dem Publikum einmal gezeigt hatte, dass Pistolenkugeln ihn nicht verletzen konnten?“

„Das weiß ich nicht“, antwortete Paul. „Ich wünschte, er hätte den Trick nicht wiederholen wollen. Aber ich denke, er wollte ihn irgendwie anders enden lassen. Ich weiß nur nicht wie. Ich weiß nicht, wie es hätte weitergehen sollen. Meine Aufgabe war es nur, auf ihn zu schießen.“

„Einige unserer Zuschauer mutmaßen, John Gold habe sich absichtlich umbringen lassen“, erklärte Peter Herlig. „Was denken Sie darüber? Er soll wohl private Probleme gehabt haben.“

Zu Dianas Erleichterung schüttelten alle Besucher der Talkshow auf diese Frage hin vehement den Kopf. Neben Franz und Paul waren noch drei weitere Personen Gäste der Show. Zum einen saß dort Frieda Mörtel, die Vorsitzende eines von Johns Fanclubs, zum anderen Heinrich Held, ein Zuschauer der letzten Show und zum dritten war Gertrud Williger anwesend. Gertrud Williger war selbst Reporterin und hatte sich an jenem Tag mit ihrem Kamerateam vor der Sunday-Arena positioniert, um die Wetterveränderung rund um die Arena zu filmen. Diana war froh, um die Aufnahmen, die sie gemacht hatte. John war nicht dumm gewesen. Er hatte den Menschen außerhalb der Arena nicht wirklich Zutritt in deren Inneres verschafft. Alles, was John den Menschen in der Arena gezeigt hatte, war anscheinend nur eine optische Täuschung gewesen. Auch das Gewitter war zwar während Johns Auftritt verschwunden, aber nach Abgleich mit Gertruds Aufnahmen und den Aufnahmen, die während der Show gemacht wurden, nicht auf Johns Geste hin. In Wahrheit war es erst wirklich verschwunden, als er bereits gestorben war.

„Er hat zu keinem Zeitpunkt einen labilen Eindruck gemacht“, antwortete Paul.

„Er hat sich nicht umgebracht!“, ergriff Frieda Mörtel das Wort. „Und er ist auch nicht tot. So einem einfachen Assistenzzauberer wäre es doch niemals gelungen, einen so großen Magier wie John Gold zu töten. Sein Trick ist auch nicht misslungen. Es war kein Unfall, wie die Polizei es jetzt darstellen will. John Gold, dem schwarzen Magier, wäre so ein Fehler niemals passiert. Sein Trick ist einfach noch nicht zu Ende! Er wird wieder auferstehen. Er will die Menschen nur etwas mitfiebern lassen.“

Diana rollte mit den Augen. Zum einen, weil die Theorie dieser Frau so verrückt klang, zum anderen, weil sie damit doch auch noch tatsächlich Recht hatte. Die Reaktion der anderen Studiogäste zeigte deutlich, was diese von der Frau hielten. Und Diana konnte es ihnen nicht verübeln. Auch in ihren Ohren klang die Frau wie eine Spinnerin. Trotzdem kamen ihre Worte der Wahrheit am nächsten.

Genervt schaltete Diana nun doch den Fernseher aus.

Sie war froh, dass die Polizei ihre Ermittlungen so schnell eingestellt und den Vorfall als einen Unfall abgetan hatte. Sie hatte John seit seinem vermeintlichen Tod nicht mehr gesehen. Sie war zum Schein auf seiner Beerdigung gewesen, doch sie hatte nicht in seinen Sarg gesehen. Es war ihr zu dumm gewesen. Sie wusste, dass John noch lebte.

In ihrem Schreibtisch hatte sie einen Brief von ihm gefunden, in dem er ihr geschrieben hatte, dass er zurück nach Aeb gehen würde. Das war alles gewesen. Keine Worte des Abschieds, keine Worte der Trauer. Oder der Reue. Er war noch nie ein Mann gewesen, der seine Gefühle gut hatte ausdrücken können. Und wahrscheinlich hätte sie auch nichts anderes von ihm hören wollen. Sie lebte weiter in ihrem gemeinsamen Haus. Noch immer mied sie die Küche. Auch in diesem Moment sah sie wieder das Bild Daniels vor ihrem inneren Auge aufblitzen.

„Ich hasse dich“, entwich es ihr, obwohl sie wusste, dass niemand sie hören konnte.

Sie zuckte zusammen, als es dann plötzlich doch an der Tür klingelte, als reagiere jemand auf ihre Worte. Nach der ersten Schreckenssekunde verwarf sie allerdings den Gedanken, dass es John sein könnte, der vor der Tür auf sie wartete. Es hatte sich in den letzten Tagen nicht selten zugetragen, dass unangekündigt Besuch bei ihr vorbeigekommen war. Entweder wollten Freunde ihr Beileid bekunden oder die Presse bat sie um Interviews. Bei jedem Klingeln hatte Diana Angst gehabt, dass es John war, der auf der anderen Seite der Tür stand. Dabei hätte er vermutlich gar nicht geklingelt.

Langsam ging sie auf die Eingangstür zu. Auch wenn sie sich selbst einredete, dass er es nicht war, der die Klingel betätigt hatte, so herrschten doch Zweifel darüber in ihr. Sie wollte ihn nie mehr wiedersehen. Und auch auf anderen Besuch hatte sie zurzeit nicht viel Lust. Schon gar nicht auf die Presse.

Vorsichtig sah sie besonders leise durch den Türspion, um im Notfall so tun zu können, als wäre sie nicht zuhause. Ihr Herz schlug schneller, als sie sah, wer wirklich dort stand.

Schnell öffnete sie die Tür.

„Miriam!“, stieß sie vollkommen überrascht aus. Mit ihr hätte sie niemals gerechnet.

Miriams nervöse Miene verwandelte sich in Erleichterung, als sie Diana sah. Herzlich umarmte sie Diana.

„Komm doch herein!“, bot Diana ihr an. Bevor sie die Tür hinter ihr schloss, sah sie sich noch einmal in der Umgebung um, um sich zu vergewissern, dass niemand Miriam gesehen hatte.

„Wirke ich sehr auffällig?“, fragte Miriam unsicher. Sie trug ein hellblaues T-Shirt und dazu einen langen Leinenrock. Beide Kleidungsstücke hatte Diana bei einem ihrer letzten Besuche in der Vergangenheit getragen und im Turm zurückgelassen.

„Nein. Eigentlich gar nicht. Ich wollte nur prüfen, ob jemand gesehen hat, dass ich dir die Tür aufgemacht habe. Ich mag es zurzeit nicht besonders, wenn zu viele Leute wissen, dass ich zuhause bin.“

„Oh, verstehe. Wie geht es dir?“

Diana ging Miriam voraus in das Wohnzimmer und zuckte mit den Schultern. „Nicht gut“, antwortete sie ehrlich und setzte sich zurück auf die Couch. „Was hat John dir erzählt?“, wollte sie wissen.

Zur Antwort seufzte Miriam. „Diana, du kennst ihn besser als ich.“

„Stimmt. Natürlich. Er hat nichts erzählt, richtig?“

Miriam schüttelte den Kopf. „Nur, dass er in Aeb bleiben möchte. Sonst nichts. Was ist denn zwischen euch vorgefallen?“

Genervt schnaubte Diana. „Wenn er dich schon schickt, um mich zurückzuholen, hätte er dir wenigstens sagen können, was sich ereignet hat.“

„Er schickt mich nicht.“

„Selbstverständlich nicht“, antwortete Diana, ohne Miriam Glauben zu schenken. Schließlich machte es keinen Sinn, dass Miriam von sich aus zu ihr gekommen war.

Miriam überging den deutlichen Sarkasmus ihres Kommentares. „Also, was ist geschehen?“, fragte sie schlicht.

„John hat einen Freund von mir getötet.“

„Wie bitte?“ Ihre Augen weiteten sich. „Aber wieso?!“

„Wieso?“, war die Frage mit der Diana sich in den letzten Tagen am meisten auseinandergesetzt hatte. Wieso und wie John so leichtfertig ein Leben hatte auslöschen können. Und damit zugleich ihr gemeinsames Leben hatte wegwerfen können, was zumindest in seinen Augen wohl der gravierendere Schritt gewesen war. Er hätte sich denken müssen, wie sie reagierte. Wie sie darauf reagierte, dass er ein verdammter Mörder war.

„Weil er ihn noch nie leiden konnte. Deswegen“, gab sie Miriam die zutiefst unbefriedigende Antwort.

„Aber er kann doch nicht…“

„Hat er aber“, unterbrach Diana Miriam schlicht. Es brachte nichts, um diese Tatsache herumzureden. Es war auch egal, was John für Gründe gehabt hatte. Er hatte schließlich getan, was er getan hatte. Und dafür gab es keine angemessene Erklärung, geschweige denn eine Entschuldigung.

„Also bist du es, die ihn weggeschickt hat? Er ist nicht freiwillig gegangen?“

Diana zuckte mit den Schultern. „Ihm hätte bewusst sein müssen, dass ich nicht mit einem Mörder zusammenleben kann.“

Überfordert biss Miriam sich auf die Unterlippe. „Ich verstehe wirklich nicht, warum er das getan hat.“

„Was meinst du, wie oft ich mir diese Frage schon gestellt habe?“

Mit einem Schlucken setzte sich Miriam auf die Wohnzimmercouch gegenüber von Diana. „Unfassbar, wie weich dieser Platz ist“, stellte sie aus dem Zusammenhang gerissen fest. Mit der Hand fuhr sie über das Polster.

Bei dem Anblick ihrer unsicheren Faszination konnte Diana nicht anders, als zu lächeln. Gerade diese Unsicherheit war es allerdings auch, welche Diana im nächsten Moment wieder völlig ernst werden ließ. „Als du das erste Mal hier warst, hat dir meine Zeit so viel Angst gemacht, dass du nie wieder herkommen wolltest“, erinnerte sie sich zurück.

Auch in Miriams Augen lag Ernst. „Das ist wahr. Ich wäre auch nicht hier, wenn es nicht unbedingt nötig wäre.“

Zum ersten Mal erwog Diana die Möglichkeit, dass Miriam sie nicht belogen hatte, sondern dass es tatsächlich einen anderen Grund als einen Auftrag Johns gab, der Miriam dazu veranlasst hatte zu kommen. Nur konnte auch dies nichts Gutes bedeuten. „Wieso ist es unbedingt nötig? Was hat John jetzt schon wieder gemacht?“

„Wollen wir uns nicht lieber erst einmal Gedanken darüber machen, warum John diesen Freund von dir tötete?“, wich Miriam der Frage aus.

Diana sah ihr kurz in die nervösen Augen. „Nein. Was sollte das bringen?“

„Na ja, ich weiß nicht, aber er wird es sicher nicht ohne Grund gemacht haben, wo er doch weiß, wie du darauf reagieren könntest. Vielleicht hat dieser Freund von dir es provoziert? Warst du dabei, als es…?“

„Es provoziert?!“, unterbrach Diana die Freundin aufgebracht. Mit einem Mal verschwand das Gefühl von Niedergeschlagenheit und Wut kochte in ihr hoch. „Hörst du eigentlich, was du da sagst? Ja, ich war dabei und Daniel hat nichts getan, was auch nur im Geringsten hätte rechtfertigen können…“

„Daniel?“, unterbrach Miriam Diana nun ihrerseits. „Reden wir hier von dem Daniel aus deiner Schulklasse?“

Diana runzelte die Stirn. „Woher weißt du denn jetzt, wer Daniel ist?“, fragte sie immer noch gereizt. Und zugleich fragte sie sich, was es für eine Bedeutung hatte, dass Miriam ihn kannte.

„Wieso war er hier?“, hakte Miriam nach.

Misstrauisch betrachtete Diana sie. Verlangte sie gerade etwa nach einer Rechtfertigung?

„Weil er mich besuchen wollte“, erwiderte sie abweisend.

„In der Zeit als John bei mir in Aeb war?“ Auch in dieser Frage klang ein subtiler Vorwurf mit.

Diana zuckte demonstrativ gereizt mit den Schultern. „Es war ein Zufall. Ich habe ihn zufällig auf der Straße getroffen, als John nicht hier war. Darf ich mich jetzt nicht mehr mit Freunden treffen, wenn John nicht da ist?“

„Daniel sollte gar nicht dein Freund sein, nach dem, was er John antat“, antwortete Miriam jetzt direkt. „Und schließlich begehrte Daniel dich schon damals. John muss vermutet haben, dass er dich nicht ohne Hintergedanken besucht hat.“

„Was redest du da? Das gibt ihm doch noch lange nicht das Recht, ihn einfach zu töten!“

Es war Diana unbegreiflich, wie Miriam sich auf Johns Seite stellen konnten, doch das tat sie: „Es war Daniel, Diana, Daniel!“ Sie machte eine Pause, bis sie weitersprach: „John hat sicher nie mit dir darüber gesprochen, aber es hat ihn damals schwer getroffen, als er für eine Zeit lang seine magischen Fähigkeiten verloren hatte. Als er fürchten musste, sie nie wieder zurückzuerlangen. Und all das war Daniels Schuld.“

„Und mit dir hat er darüber gesprochen?“, zweifelte Diana.

„Oh, nein. Natürlich nicht. Doch er führte damals Buch über seine Reise. Hast du die Berichte nie gelesen?“

„Nein, das habe ich nicht.“ Irritiert runzelte sie die Stirn. „Doch es spielt auch keine Rolle. Was auch immer er geschrieben hat, das damals war ein Unfall. Ein Reflex aus dem Daniel heraus gehandelt hat. Und er hat nie gewusst, was das für Auswirkungen auf John haben würde. Er wusste ja nicht einmal, über welche Macht John verfügt.“

„Eben. Er wusste es nicht. Es hätte John auch Schlimmeres zustoßen können.“

Diana rollte mit den Augen. Sie erinnerte sich noch gut an die Situation damals auf der Exkursion im Physikunterricht. Sie hatte John gerade erst kennengelernt und hatte ihn sofort gemocht. So sehr, dass sie ihm vorgeschlagen hatte, mit auf diese Exkursion zum Teilchenbeschleuniger zu kommen. Doch es hatte sich so ergeben, dass der Frauenschwarm der Stufe ihr auf dieser Fahrt Annoncen gemacht hatte. Auch sie hatte Daniel damals schon gemocht. Damals hatten Daniel und Diana sich heimlich in dem Labor vor der restlichen Gruppe versteckt. Sie hatte John zu jenem Zeitpunkt ohnehin noch für unerreichbar gehalten. Daniel hingegen hatte ihr ein Gefühl von Sicherheit verliehen. Sie hatten es witzig gefunden, sich vor dem Strahlenschutzbeauftragten zu verstecken, der den Raum noch einmal kontrolliert hatte, als alle anderen ihn bereits verlassen hatten. Dummerweise hatten sie dabei nicht bedacht, dass ein intensiver Ionenstrahl in diesen Raum gelenkt werden sollte, wobei Radioaktivität freigesetzt werden würde. Es war damals John gewesen, der ihr Verschwinden bemerkt hatte, der sie aufspürt hatte und sie hatte warnen wollen. Und der sie in die schützende Bleikammer gezogen hatte, in welcher nur Platz für zwei Personen gewesen war. Daniel hatte kurz vor dem Eintreffen des Ionenstrahls die Kammer vor John geschlossen. Durch die Strahlung, die John abbekommen hatte, hatte sein Gehirn einen reversiblen Schaden genommen, der mit einem Verlust seiner magischen Fähigkeiten einhergegangen war. Er hatte sich nach ein paar Tagen wieder erholt.

„Ich wünschte, das wäre nie geschehen“, sprach Diana ihren nächsten Gedanken laut aus.

„Es ist aber geschehen. Und aus diesem Grund musst du doch, wenn auch nur ansatzweise, nachvollziehen können, warum John eine so große Abneigung empfunden hat, als er Daniel bei dir sah.“

„Nein, du verstehst mich falsch. Ich wünschte mir, dass er niemals seine magischen Kräfte zurückerlangt hätte.“

„Was?!“

Diana schüttelte den Kopf. „Ob ich ihn ansatzweise verstehen kann? Was denkst du eigentlich? Natürlich nicht! Damals in dem Labor hatte Daniel Angst. Er hat aus einem Reflex heraus gehandelt. Er hatte keine Zeit nachzudenken. Daniel wollte John nie verletzen. Es war nicht seine Schuld. Aber was John getan hat…“ Diana schloss die Augen. Sie schluckte. „Warum bist du überhaupt hier?“, fragte sie Miriam, als sie die Augen wieder öffnete.

„Weil Aeb dich braucht.“

Noch immer kämpfte Diana gegen die Trauer an, welche ihre Erinnerungen in ihr ausgelöst hatten. Nun vermischte sich diese Trauer mit einem unguten Gefühl von Angst. Misstrauisch hob sie die Augenbrauen. „Warum?“

„John hat einen Fluch auf die Stadt gelegt und ich bin mir sicher, dass nur du in der Lage dazu bist, ihn dazu zu bringen, ihn aufzuheben.“

„Einen Fluch?“, wiederholte Diana ungläubig.

„Ich weiß nicht, warum er es getan hat, doch er hat der Burgherrin Mehl geschenkt. Jeder, der davon isst, wird krank. Die Wasserquellen sind ausgetrocknet und die Wälder verbrannt. Ich weiß nicht, was er als nächstes vorhat, doch er hat Aeb verlassen. Vermutlich ist er auf dem Weg in Richtung des Kriegsgebietes.“

„Er hat die Menschen vergiftet und ihnen das Wasser genommen?“ Noch immer konnte Diana nicht glauben, was ihr erzählt wurde. Immer weniger konnte sie nachvollziehen, welch starke Gefühle sie einst für diesen Mann empfunden hatte.

„Das Wasser ist unser geringstes Problem. Ich konnte die Quellen wieder zum Fließen bringen. Aber die Menschen in Aeb sterben dennoch reihenweise. Wenn nicht an Hunger, dann durch die Mehlvergiftung.“

„Und trotzdem kommst du hierher und verteidigst ihn?“

Miriam atmete schwer aus. „Ich weiß nicht, warum er das gemacht hat, aber ich bin mir sicher, dass er es rückgängig machen wird, wenn du ihn darum bittest.“

„Die Menschen sterben!“, fuhr Diana Miriam an. „Wie will er das bitte rückgängig machen?!“

„Ich weiß es nicht. Aber bitte, Diana. Komm mit mir. Dann können wir zumindest verhindern, dass noch Schlimmeres passiert.“

„Oh ja, ich komme mit. Aber gib mir noch ein paar Tage Zeit.“

„Sicher. Aber wozu?“

„Das würdest du nicht verstehen.“

Die Liebe des Schwarzmagiers

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