Читать книгу Die Liebe des Schwarzmagiers - Beatrice Regen - Страница 7
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ОглавлениеSie sah ein letztes Mal in den Spiegel, bevor sie Daniel die Tür öffnete. Sie trug ein hellblaues Kleid mit gelben, aufgestickten Blumen. Ihre braunen, lockigen Haare hatte sie zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden und ein paar Strähnen daraus gelöst, die nun spielerisch ihr Gesicht einrahmten. Sie wusste, dass Daniel es mögen würde. Gut gelaunt reagierte sie auf sein zweites Klingeln, indem sie ihm die Tür öffnete. Ihr strahlendes Lächeln musste sie nicht aufsetzen. Sie freute sich wirklich, ihn zu sehen. Mit seinem roten Poloshirt und den dunklen Shorts wirkte er sportlich und dynamisch wie immer. „Hallo“, begrüßte sie ihn.
„Diana, ich hatte schon Angst, ich hätte mich in der Tür geirrt.“ Der Schalk lag in seinen blauen Augen, als er sie musterte. Es war, als hätte er sich in den Jahren, in denen sie sich nicht gesehen hatten, kein Stück verändert. Noch immer wirkte er unbeschwert und permanent gut gelaunt.
„Nein, du bist hier richtig“, stellte sie freudig fest.
„Zum Glück. Ich habe schon befürchtet, irgendein reicher Spießer jagt gleich seine zwei Wachhunde auf mich.“ Seine Augen funkelten.
„Wir haben tatsächlich schon darüber nachgedacht, uns Hunde anzuschaffen“, sinnierte sie grinsend. „Warte, ich hole nur noch kurz meine Tasche, dann können wir los. Komm doch so lange rein.“
Er folgte ihrer Aufforderung und schloss die Tür hinter sich. Sein Blick wanderte unbefangen durch den Eingangsbereich. „Also dafür, dass du arbeitslos bist“, begann er und machte dann bewusst eine Pause, bevor er weitersprach, „sieht es hier aber ganz schön …teuer aus.“ Es war nicht schwer zu hören, dass er sie aufziehen wollte.
„Witzig, du weißt genau, dass das ganze Geld von John kommt“, erwiderte sie trocken und ging auf ihr Zimmer zu, um ihre Tasche zu holen. Daniel folgte ihr, während er weiter das Haus bestaunte. „Schade“, sagte er schließlich und lehnte sich gegen den Rahmen ihrer Zimmertür, „das macht es für mich wohl nicht gerade einfacher, dich ihm auszuspannen.“
Amüsiert rollte sie mit den Augen.
„Ich meine es ernst“, fuhr er fort, „sag mal, bist du eigentlich seit damals noch schöner geworden?“
„Jetzt hör aber auf!“, beschwerte sie sich, musste sich aber eingestehen, dass sie sich über das Kompliment freute.
„Na, du hast dich doch extra hübsch für mich gemacht.“
„Habe ich gar nicht! Ich mag das Kleid nur. Und jetzt lass uns gehen.“
Er bewegte sich nicht vom Fleck. Stattdessen verschränkte er die Arme vor der Brust. „Also, ich finde, du schuldest mir zumindest eine kleine Schlossführung.“
„Wieso schulde ich dir etwas?“
„Na, zum einen habe ich dir dein Auto repariert und zum anderen dafür, dass du mich damals in der Schule so böse versetzt hast. Da habe ich wohl doch etwas mehr von deiner Zeit verdient.“
„Ach komm, damals warst du der absolute Frauenschwarm. Du hast doch sicher schnell Ersatz für mich gefunden.“
„Ich war ein Frauenschwarm?“
Lachend schnalzte sie. „Na, heutzutage stehen die Frauen wohl eher auf die soliden Männer und nicht auf die sportlich wilden.“
Empört öffnete Daniel den Mund.
Mitfühlend klopfte Diana ihm auf die Schulter. „Schön, ich führ dich rum.“
„So und das hier ist unsere Küche“, sagte sie etwa zwanzig Minuten später, nachdem sie bereits in den oberen Etagen gewesen waren.
„Und was war das oben? Drei Badezimmer kann ich ja verstehen, aber zwei Küchen?“
„Das oben war doch keine Küche. Kaffeeraum habe ich gesagt. Der ist mehr auf den Gemütlichkeitsfaktor ausgelegt.“
„Stimmt, das macht Sinn. Weil es hier in der Küche ja auch so ungemütlich ist.“ Mit einem Lachen schüttelte er den Kopf. „Wollen wir nicht einfach hier den Kaffee trinken?“, fragte er dann. „Ich gehe davon aus, dass euer Kaffee aus diesem beschaulichen Vollautomaten gut genug schmeckt, die Sonne scheint und ich habe euren Garten noch gar nicht gesehen.“
Sie zuckte einwilligend mit der Schulter und schaltete die Maschine an.
„Na, dann erzähl doch mal“, forderte er sie auf, während der Kaffee langsam die Tassen füllte und sich der Duft der frischen Bohnen um sie herum ausbreitete, „was hast du in den letzten Jahren so getrieben?“
„Na ja, nicht unbedingt viel.“ Sie begann ihm ihr Studium und ihre Doktorarbeit so gut wie möglich zusammenzufassen, reichte ihm, als der Kaffee aufhörte zu tropfen, eine der beiden gefüllten Tassen, und ging gemeinsam mit ihm in den Garten. Dort machten sie es sich zusammen in der Hängematte bequem, die zwischen zwei blühenden Kirschbäumen aufgespannt war. Sie setzten sich einander gegenüber. Das Thema, was sie beide in den letzten Jahren erlebt hatten, war schnell abgehakt und sie begannen stattdessen über die alten Zeiten zu sprechen, in denen sie noch zusammen zur Schule gegangen waren. „Spielst du eigentlich immer noch Tennis?“, wollte er irgendwann wissen.
Sie schüttelte den Kopf. „In der letzten Zeit bin ich gar nicht mehr so wirklich zu irgendeinem Sport gekommen. Aber ich habe eine Reitbeteiligung.“
„Falls du Interesse hast, können wir auch gerne einmal zusammen etwas machen. Mit Reiten kann ich allerdings nicht dienen.“
Bei dem Gedanken Daniel auf einem Pferd sitzen zu sehen musste sie unwillkürlich auflachen. „Das kann ich mir bei dir auch nicht vorstellen.“
„Weil ich nicht elegant genug bin?“
„Stimmt, ich glaube deswegen.“
„Gemeinheit!“ Mit gespielter Empörung griff er nach ihrem Fuß, der etwa auf seiner Brusthöhe neben ihm lag.
Mit Kaffee im Mund stieß sie einen Laut der Abwehr aus. Sie verschluckte sich an ihrem Kaffee und begann zu husten.
„Geht’s wieder?“, fragte er, als sie anschließend mit rotem Kopf nach Luft schnappte.
Sie stellte die Kaffeetasse beiseite und zog sich ihre Schuhe aus. „Also, wenn du meinen Fuß schon massieren möchtest, dann bitte ohne Schuh“, sagte sie im Scherz.
Mit einem leichten Lächeln begann Daniel tatsächlich ihren Fuß zu massieren und es fühlte sich besser an, als Diana erwartet hätte. Genussvoll schloss sie die Augen und ließ seine Berührung einfach zu. „Wieso kannst du das so gut?“
„Na, als Sportwissenschaftler lernt man, wie man Menschen zu berühren hat.“
Dieses Mal lachte sie lauter. „Du meinst, wie man Frauen zu berühren hat.“
Abrupt entfernte er seine Hände von ihr.
Etwas verwundert öffnete Diana die Augen wieder und sah zu ihm herüber. Sein Blick war fest und nachdenklich auf sie gerichtet. Obwohl es kein bisschen zu ihm passen wollte, wirkte er mit einem Mal ernst.
„Stimmt etwas nicht?“
„Du beleidigst mich. Ich bin doch nicht so ein Aufreißer.“ Noch während er dies sagte, schlich sich bereits wieder ein Lächeln auf sein Gesicht.
Sie erwiderte das Lächeln und stupste ihn auffordernd mit dem rechten Fuß an.
„So und jetzt mach weiter!“
„Wenn ich schon so niedere Arbeiten verrichten soll, dann solltest du mir zumindest ein Bier holen. Mein Kaffee ist auch leer.“
„Oh, warten Sie bitte, gnädiger Herr.“ Sie schwang sich aus der Hängematte und eilte in die Küche. Statt Bier holte sie aber zwei Sektgläser und Champagner. „Na? Ist das nicht besser als Bier?“
Daniel mustere sie von oben bis unten. „Und wo ist der Kaffee?“
„Gibt es nicht.“
Sie leerten die Flasche Champagner gemeinsam in weniger als einer halben Stunde und stiegen dann auf härteren Alkohol um. Sie mixten in der Küche gerade den nächsten Cocktail, als Daniels Handy klingelte. Er zuckte zusammen und sein Gesicht verzog sich zu einer solch erschreckten Maske, dass Diana gar nicht mehr aus dem Kichern herauskam.
„Hör auf, mich auszulachen!“, beschwerte er sich und steckte das Handy wieder weg. Er hörte sich viel nüchterner an, als sie sich fühlte.
„Wer war denn da dran?“, fragte sie und versuchte nach dem Handy zu greifen.
Lachend wich er ihr aus. „Bist du eifersüchtig?“, stichelte er. Gleichzeitig machte er sich an der Kaffeemaschine zu schaffen.
„Was machst du denn da? Warum willst du denn jetzt Kaffee trinken?“
„Wenn du willst, kannst du ihn ja auch trinken. Aber es könnte bestimmt nicht schaden, wenn zumindest einer von uns beiden nüchterner werden würde.“
„Ich bin nicht betrunken!“
„Ich auch nicht!“
„Aber du hast doch gesagt…“, begann sie, unterbrach sich dann aber selbst durch ihr eigenes Kichern. „Jedenfalls bin ich nicht eifersüchtig“, ging sie dann wieder auf das Handyklingeln ein.
„Na, du hast ja auch deinen John.“
„Ja, genau. Meinen tollen John.“
„Und du bist auch wirklich glücklich mit ihm, oder?“
„Ja, natürlich. Sehr.“
Daniel griff nach ihrer Hand, nachdem er die Espressotaste betätigt hatte. „Das freut mich für dich.“ Er sah ihr tief in die Augen.
Wieder lachte sie. „Was bist du denn auf einmal schon wieder so ernst?“
„Ich wollte nur, dass du weißt, dass ich dich auch gern hab.“
Diana senkte den Blick. Sie wusste nicht, ob hinter seiner Aussage nur wieder irgendein Scherz steckte, doch eigentlich war es ihr auch egal. Sie hatte diesen Tag genossen wie schon lange zuvor keinen mehr und sie wollte, dass er das wusste. „Ich habe dich auch gern“, beteuerte sie ihm. „Hatte ich schon immer. Und weißt du, zumindest in einem Punkt bist du sogar besser als John.“
„Nur in einem Punkt?“
Sie nickte. „Ja. Und zwar muss ich mich neben dir nicht die ganze Zeit so klein und unbedeutend fühlen.“
Unvermittelt lachte Daniel lauthals los und hörte so schnell auch nicht mehr auf.
„Das sollte nicht böse gemeint sein“, entschuldigte sie sich, als ihr bewusst wurde, wie ihre Worte ankommen konnten. Sie spürte, wie sich ihre Wangen rot färbten.
„Glaube mir“, überging er ihre Entschuldigung, „John ist um einiges unbedeutender als du.“
Sie räusperte sich. „Na, kein Wunder, dass du das denkst“, gab sie leichtfertig zurück. „Du magst ihn ja auch nicht.“
„Diana, weißt du, John ist mir relativ egal. Ich bereue nur, dass ich es zugelassen habe, dass er dich mir wegnimmt. Na ja und dass ich dich nie geküsst habe.“ Er kam ihr noch ein Stückchen näher. Noch immer war ihr seine Gegenwart nicht unangenehm. Im Gegenteil, sie genoss seine Komplimente sogar. Ebenso, wie sie es genoss, noch einmal im Mittelpunkt zu stehen. Und seine weichen Lippen, die so nah an ihren waren, wirkten unglaublich verführerisch.
„Schön siehst du aus!“, sagte sie ihm. „Und wir haben uns wirklich nicht geküsst?“
„Daran hättest du dich sicher erinnert.“ Mit der Absicht sie zu küssen, bewegte er seine Lippen weiter auf die ihren zu. Erst im letzten Moment drehte Diana ihren Kopf weg und sein Kuss landete auf ihrer Wange.
„Entschuldigung.“ Daniel trat einen Schritt von ihr zurück und nahm sich den fertigen Kaffee aus der Maschine.
„Schon gut. Wir sind wohl doch beide ziemlich betrunken.“
„Aber du mehr als ich“, witzelte er. Und trank einen Schluck. „Heiß!“, stieß er unvermittelt aus. Ruckartig entfernte er die Tasse von seinem Mund, wobei er den Inhalt der Tasse über Dianas Kleid kippte. Der Kaffee war wirklich heiß. Sie stieß einen kleinen Schmerzensschrei aus.
„Oh Mist, Entschuldigung!“ Daniel beeilte sich, ihr ein Küchentuch in kaltes Wasser zu tränken. Derweil öffnete Diana bereits ihr Kleid und legte ihren Oberkörper frei. Daniel stand die Überraschung ins Gesicht geschrieben, als er sich wieder zu ihr umdrehte. Er reichte ihr das feuchte Tuch und drehte sich dann schnell ab. Auch sie drehte ihm den Rücken zu, während sie mit dem Tuch die verbrühten Stellen kühlte.
„Ich wusste gar nicht, dass du so schüchtern bist“, warf sie ihm über die Schulter hinweg zu. Sie hatte mit dieser Aussage lediglich einen Witz machen wollen, um die Situation wieder aufzulockern. In keinem Fall hätte sie damit das folgende Geschehen auslösen wollen.
Es vergingen keine drei Sekunden, bis Daniel sie von hinten umarmte. Sie spürte seinen warmen Körper an ihrem.
„Daniel, nein!“, forderte sie von ihm und drückte ihn von sich weg. „Lass das bitte.“ Sie musterte flüchtig seinen Oberkörper, den er freigelegt hatte, und musste zugeben, dass man erkennen konnte, was er studiert hatte. Zu ihrer Verwunderung warf er einen Blick auf sein Handy, bevor er antwortete: „Falls du Angst hast, ich könnte John irgendetwas sagen, darüber brauchst du dir bei mir keine Sorgen machen.“ Er öffnete seine Hose. Sie war zu überrascht, als dass sie etwas dagegen hätte sagen können und ertappte sich dabei, wie sie etwas zu lange auf seine roten Boxershorts blickte. Noch bevor er die Hose vollständig ausgezogen hatte, sah sie allerdings wieder ernst in seine Augen. „Hör auf. Es geht nicht darum, was du ihm sagst. Ich könnte ihn nie so verletzen.“ Sie machte Anstalten, sich ihr Kleid wieder anzuziehen, obwohl sie ihre Haut lieber weiter gekühlt hätte. Sanft legte Daniel seine Hand auf ihre, um sie daran zu hindern. Zärtlich sah er sie an. Mit seiner freien Hand strich er ihr über das Haar. „Ich denke, das hast du schon. Doch das ist auch nicht verwerflich. Immerhin macht er dich ganz offensichtlich nicht glücklich. Wohingegen du ebenso offensichtlich auf meinen Körper stehst.“ Er lachte und löste dadurch lediglich Wut in Diana aus. Sie suchte noch die passenden Worte für eine Erwiderung, als er ohne Vorwarnung seine Lippen auf ihre drückte. Mit den Händen umfasste er ihren Körper, um sie an sich zu ziehen. Sie wollte sich dagegen wehren, doch dazu kam es nicht. Das Knallen einer Tür drang in ihre Ohren und nur den Bruchteil einer Sekunde später wurde Daniels Körper durch eine unsichtbare Kraft von ihr fortgerissen. Sie wusste sofort, wer Ursprung dieser Macht war.
John.
Augenblicklich verschwand das benommene Gefühl, das der Alkohol in ihr ausgelöst hatte. Sie sah zur Küchentür, in der er tatsächlich stand. Für eine Sekunde setzte ihr Herzschlag aus. Sie hatte ihn noch nie so außer Atem gesehen. Sie sah, wie er sie und insbesondere ihren freien Oberkörper musterte. Mit ungläubigem Kopfschütteln trat er einen Schritt von ihr zurück. Trauer prägte seine Gesichtszüge.
„Wow“, kam es von der anderen Ecke der Küche, in welcher Daniel sich langsam wieder aufrichtete. John hatte ihn dort gegen die Wand prallen lassen. Daniels Körper hatte dabei einen Bilderrahmen, in dem sich ein Foto von Diana und John befunden hatte, von der Wand gerissen. Das zerbrochene Glas knirschte nun unter seinen Schuhen. „Also, der Trick ist gut. Den solltest du in deine Show aufnehmen. Ich nehme an, du verrätst mir nicht, wie du das gemacht hast?“, witzelte er, wobei er sich mit einer Hand den Rücken rieb.
Johns Blick legte sich unheilverkündend auf ihn. Erst jetzt zog sich Daniel langsam die Hose wieder hoch. Noch immer ging Johns Atem schwer. Es war eine Mischung aus Anwiderung, Schmerz und Aggressivität, die in seinen Augen lag. Ruckartig hob er seinen Arm in die Luft und in demselben Takt wurde Daniels Körper wieder gegen die Wand geworfen. Diana spürte, wie sie zu schwitzen begann, als ihr im vollen Umfang bewusst wurde, was John denken musste und was er zu tun bereit war, wenn er Daniel seine magischen Fähigkeiten so bereitwillig präsentierte. „Nein!“, stieß sie aus, zog eilends ihr Kleid wieder zurecht und eilte auf John zu. „John, bitte. Du musst mir glauben. Hier ist nicht das passiert, was du gerade vermutest. Sieh mich an!“ Sie fasste ihn an der Schulter.
Er zuckte zusammen, als risse sie ihn mit ihrer Berührung aus einer anderen Welt. Er sah zu ihr und Daniel fiel zurück auf den Boden.
„Bitte, John“, versuchte sie weiter zu ihm durchzudringen. „Ich habe mir nur Kaffee über mein Kleid geschüttet, das ist alles! Du weißt, dass das stimmt!“
„Ja und ich habe mir überall Kaffee hin geschüttet, ich Tollpatsch!“, ergriff Daniel nun lächelnd wieder das Wort. „John, ich würde ja sagen, es tut mir leid“, sprach er weiter, „aber das tut es nicht. Hier ist genau das passiert, wonach es aussieht. Dieses Mal hast du verloren. Aber keine Sorge, so gut war der Sex mit ihr nicht. Du kannst sie wiederhaben.“ Noch während er sprach, ging er auf sein T-Shirt zu. Er erreichte es nicht, denn mitten in seiner Bewegung ging er mit einem Schrei in die Knie. Seine Augen weiteten sich entsetzt. „Wie…?“, fragte er verblüfft und sah hinüber zu John.
„John, hör auf!“, forderte Diana panisch, doch John reagierte gar nicht darauf. Daniels Schreie wurden immer lauter.
„John, hör auf! Tu ihm nichts! Er lügt. Da war nichts!“
John schüttelte sie nur ab, als sie nach seinem Arm griff. Er ging an ihr vorbei und weiter auf den am Boden liegenden Daniel zu. Dieser sah schreiend auf seine Hand hinab, deren Finger alle in einem seltsamen Winkel zur Handfläche standen. Voller Angst blickte Daniel zu John auf, als dieser vor ihm stand.
„John, bitte. Ich habe nicht wirklich…“, begann er. Der Rest seines Satzes verwandelte sich in ein Krächzen. Die Haut an seinem Hals wurde von einer unsichtbaren Macht zusammengedrückt.
Diana eilte zwischen die beiden Männer. „Es war nichts zwischen uns!“, wollte sie John überzeugen. Sie versuchte Daniels Versuche nach Luft zu ringen aus ihren Ohren zu vertreiben und sich lediglich auf John zu konzentrieren. Sie wusste, dass es das Wichtigste in diesem Moment war, zu ihm durchzudringen. Sie griff nach seiner Hand, die so aussah, als drücke sie etwas zusammen. „John, hör mir zu! Du darfst ihm nichts tun!“
Zwar sah er wieder zu ihr, sein Gesichtsausdruck aber blieb unverändert, als erkenne er sie gar nicht. Seine Augen waren feucht.
„Glaube mir doch“, versuchte sie ihn sanft zu überzeugen. „Ich würde dich nie betrügen. Lass ihn los. Bitte.“
Er blinzelte einmal. Und dann schloss er die Augen ganz. Nie wieder würde sie vergessen, wie sie in der nächsten Sekunde eine Bewegung seines Armes spürte. Eine kurze Drehung nach rechts. Und nie wieder würde sie das Knacken vergessen, das hinter ihr ertönte. Die plötzliche Stille, die sich im Raum ausbreitete, als Daniels Stimme verstummte.
Mit angehaltener Luft ließ sie John los. Zitternd biss sie sich auf die Unterlippe. Sie schüttelte den Kopf. „Das hast du nicht getan“, sagte sie zu John. Ihr wurde schwindelig. Die Stille im Raum dröhnte in ihren Ohren. „Nein, das hast du nicht getan“, wiederholte sie.
Johns Augen sahen wieder in ihre. In diesem Moment blickte er nicht durch sie hindurch und doch verschwand weder die Anwiderung noch der Schmerz aus seinem Gesichtsausdruck. Auch der Vorwurf nicht. Abrupt drehte er sich von ihr ab. Diana atmete tief ein. Sie schluckte. Sie spürte, wie ihre Augen sich weiteten, wie ihr Zittern sich ausbreitete, wie ihre Atmung unregelmäßiger wurde. „Nein, John!“, sagte sie leise unter Tränen, als er auf den Ausgang der Küche zuging. „Mach das rückgängig. Er wollte dich nur ärgern. Zwischen uns ist nichts gelaufen! Bitte, John!“
John drehte sich nicht mehr zu ihr um, sondern verließ die Küche und ließ die Küchentür hinter sich zuknallen, um sie alleine zurückzulassen. „Nein, John!“, flüsterte sie noch einmal. „Mach es rückgängig.“ Sie wusste nicht, ob er sie noch hören konnte, geschweige denn, ob er sie hören wollte, doch ihr war bewusst, dass es keinen Unterschied bedeuten würde. Sie heulte auf. John konnte keine Toten zurück ins Leben rufen. Was geschehen war, war unumkehrbar. Langsam drehte sie sich zu Daniel um und ging auf seinen leblosen Körper zu. Es geschah wie von selbst, dass sie sich zu ihm hinkniete und nach seinem Puls fühlte.
Er war tot.