Читать книгу Monaco Enigma - Berit Paton Reid - Страница 14
9 Showtime Donnerstag, 20. Februar 2014
ОглавлениеClaudia und Marek waren mit einem befreundeten Ehepaar in Monacos bekanntestem Feinschmecker-Restaurant, dem Le Louis XV, verabredet. Das Paar war bestens aufgelegt und erschien früher, um vor dem Abendessen noch einen Drink zu nehmen. Vor allem Marek liebte den Glamour, den bekannte Schauspieler, erfolgreiche Sportler oder Models ausstrahlten, die man hier genauso regelmäßig traf wie führende Persönlichkeiten aus Politik und Wirtschaft.
Das schwarze Cocktailkleid mit dem kurzen Jäckchen schmeichelte Claudias Figur, und ihre Goldkette mit den farbigen Steinen von Bulgari, die sie mit den passenden Ohrringen trug, war ein Blickfang. Selbstredend wurden sie vom Oberkellner zum Tisch geführt, der beflissen fragte, ob man den Abend wie gewohnt mit Bellini und Single Malt beginnen wolle.
Marek nickte und tauschte einige Höflichkeitsfloskeln mit ihm aus.
Unterdessen schaute Claudia sich um, entdeckte ihren Fitnesstrainer und stupste Marek an die Schulter. »Ivo hier? Und beklagt sich, dass er zu wenig verdient?« Sie musterte ihn. »Im Anzug wirkt er wie ein anderer Mensch. Steht ihm gut, findest du nicht?«
Marek drehte sich unauffällig zur Seite. »Hm. Bei seinem Körper kann er alles anziehen. Vor allem verdeckt der Anzug seine bunten Tattoos.« Dass er Ivo den Designeranzug zu Weihnachten geschenkt hatte, verriet er Claudia nicht. »Kennst du den Typen neben ihm? Mit dem protzigen Schmuck sieht er aus wie ein schmieriger Zuhälter, wahrscheinlich Algerier. So billig, das können die nie abschütteln.«
»Red doch in der Öffentlichkeit nicht so abfällig«, bat sie.
»Du hast doch angefangen zu lästern. Hat Ivo mit dir gesprochen?«
»Worüber?«
»Er sucht einen Investor für seine Geschäftsidee.«
»Ivo und Geschäfte?«, gluckste Claudia.
»Er träumt vom eigenen Studio.« Marek knabberte einige Nüsse. Dann erzählte er Claudia ausführlich von den geplanten Verhandlungen kommende Woche in Dubai. »Wir müssen das Geschäft mit der Raffinerie abschließen. Die Verkäufer fordert noch eine Zahlung, und zum Aussteigen ist es zu spät. Die 10 Millionen, die wir schon reingesteckt haben, wären sonst weg.«
»Die würden wir verlieren?«
»Du weißt doch, dass ich den Kaufvertrag unterschrieben habe. Jetzt ist die zweite Rate fällig. Wir dachten, dass deine Mutter 25 Millionen rausrückt. Bei 35 Millionen Eigenkapital finanziert jede Bank den Rest.«
»Marek, versuche nicht, die Verantwortung auf mich zu schieben.« Claudia trank den halben Bellini in einem Zug.
Jetzt geht das wieder los, stöhnte sie innerlich. Er hat von einem todsicheren Geschäft gesprochen, das uns von Mama unabhängig machen würde ...
»Und nun?«
»Ein kasachischer Investor will eventuell einsteigen. Es würde unsere Kaufsumme um 15 Millionen senken. Ich treffe ihn in Dubai «
»Ein Russe?«, fragte Claudia skeptisch.
»Kasache. Wenn wir das Geld nicht aufbringen, muss ich ihn als Partner ins Boot holen. Ich wollte zumindest mit dir darüber reden.«
»Gefällt mir nicht«, sagte Claudia und schob gleich eine Handvoll Nüsse in den Mund. »Warum fliegst du nicht runter und gibst vor, dass du in einigen Wochen zahlen wirst. Irgendein kurzfristiger Engpass, lass dir was einfallen«, schlug sie noch kauend vor.
»Ich spiele schon länger auf Zeit.«
»Ah ja?«
»Weil ich dich nicht belasten wollte. Siehst du eine Chance, dass uns deine Mutter das Geld kurzfristig noch gibt?«
Claudia verdrehte genervt die Augen.
»Ich meine, in den nächsten vier bis sechs Wochen.«
»Können wir heute Abend mal über was anderes reden?«
»Es ist unser wichtigstes Investment für die Zukunft.«
»Uns gibt sie das Geld sowieso nicht, bestenfalls mir.« Sie trank den Bellini aus.
Marek schwenkte die Eiswürfel hart gegen den Rand des Whiskyglases. Offensichtlich war Claudia nicht bewusst, welche verbale Ohrfeige sie ihm gerade verpasst hatte. »Uns, dir«, murmelte er leise vor sich hin und kippte den Whisky in einem Zug hinunter. »Diesmal kannst du jedenfalls nicht klein beigeben, mach deiner Mutter Druck. Sie wird uns die monatliche Unterstützung schon nicht streichen.«
Claudia ging durch den Kopf, dass ihr Bruder Alessandro ihre Mutter schon öfter bei riskanten Geschäften erst im letzten Moment eingeweiht hatte. Dass sie 10 Millionen in den Sand setzte, würde sie bestimmt verhindern wollen.
»Okay, ich versuch’s.«
»Hallo Claudia, hallo Marek.« Plötzlich stand ihr Fitnesstrainer freudestrahlend am Tisch.
»Ivo, welche Überraschung«, begrüßte ihn Claudia. »Hast du auch Appetit auf was Feines? Der Anzug steht dir. Bestellst du noch eine Runde, Marek?« Claudia ging von der Diskussion über ein Millioneninvestment nahtlos zum Smalltalk über.
»Appetit schon, aber Gourmet-Schuppen liegen nicht in meinem Budget. Ich hatte einen Termin mit einem potenziellen Investor für meine Fitnessstudios mit einer Video-Serie.«
»Das ging aber schnell«, erwiderte Marek. »Bier oder Whisky?«
»Bier. Du hast mich drauf gebracht. Am selben Abend habe ich mit meiner Frau und ihrem Bruder in Marseille gesprochen.«
Marek bot ihm einen Platz an, winkte nach dem Kellner und gab die Bestellung auf.
Ivo erzählte inzwischen Claudia, dass er endlich aus seinem Leben etwas machen wollte und der Investor interessiert sei.
»Ein Algerier?«, mischte sich Marek in das Gespräch ein.
»Mustafa Moussa. Ihm gehören Restaurants in Marseille und Nizza. Mein Schwager kennt ihn und hat den Kontakt vermittelt.«
»Mustafa Moussa, nie gehört«, sagte Marek. »Was ist der Plan?«
»Eine Kette von T-25-Studios aufmachen. Eins in Monaco, das ich leiten würde, das in Marseille würde mein Schwager übernehmen, und dann noch ein paar Franchise-Studios als Kette. Über die Franchise-Gebühren könnten wir schnell an Kohle kommen.«
»Was ist T-25?«, fragte Claudia neugierig.
»Das coolste Fitnessvideoprogramm aus den USA. Die Einheiten dauern nur 25 Minuten, und der Fokus liegt entweder auf …«
»Fitnessvideos?«, Claudia winkte ab. »Jane Fonda hat schon vor dreißig Jahren vorgeturnt.«
»T-25 hat was. Und du als europäische Version des amerikanischen Trainers?«
»Wer sonst?«, sagte Ivo selbstbewusst. »Ich würde es aber weniger militärisch aufziehen. Der Ami drillt die Leute übers Limit, schwierig bei den eher älteren Reichen hier.« Dann erzählte er, dass Mustafa Moussa einen Filmproduzenten kenne, der die Ausrüstung bereitstellen könnte und der ideale Drehort das Gym im Penthouse wäre. »Meint ihr, das würde für einen Tag gehen?«
»Filmproduzent? Mach halblang, du hebst ja gleich ab.« Marek deutete mit seinem Whiskyglas auf Claudia. »Sprich mit dem Boss.«
Claudia lachte aufgekratzt. »Lass uns reden, wenn der Investor im Boot ist. Wie viel soll er in die Hand nehmen?«
»Eine knappe Mille.«
»Euro?«
»Für alle Studios, den Film und Marketing. Über den Film können wir die Studios promoten. Ein 2-in-1-Deal.«
»Du steigst hoch ein. Wenn da was schiefgeht …« Marek schüttelte den Kopf.
»Ich kann nur gewinnen«, gab Ivo sich großspurig.
»Warum fängst du nicht mit einem Studio an?«, schlug Claudia vor. »Finanzen regeln, Mitarbeiter einstellen, hast du davon Ahnung? Ein Geschäft aufzubauen ist komplizierter, als es anfangs scheint.«
»Nee, Claudia, ich will ans große Geld. Wenn schon, denn schon.«
»Und dieser Mustafa macht dafür 1 Million locker?«
»Er meint, die Kohle aufzutreiben wäre nicht das Problem, eher schnell die richtigen Mitglieder zu finden. Videorechte und Franchise-Lizenz würden bei ihm bleiben.«
»Siehst dich schon im schwarzen Porsche durch Monaco düsen?«
»Logisch, mit ’ner heißen Braut drin.«
»Du fährst Porsche?« Claudia kam nicht mehr mit.
»Nee, davon träume ich.«
»Kein seriöser Investor macht einfach 1 Million für eine fixe Idee ohne Sicherheiten locker, sei nicht naiv.« Marek klopfte Ivo auf die Schulter. »Nächste Woche trainierst du nur Claudia. Ich fliege nach Dubai.«
»Glückspilz.«
Claudia winkte einer elegant gekleideten, blonden Dame und ihrem Mann mit einer leichten Handbewegung zu.
»Eure Freunde?«, fragte Ivo.
Marek nickte. Ivo trank noch schnell einen Schluck Bier und verschwand.
Thierry Louron hatte sich im letzten Monat intensiv mit der Familie Volante befasst und vor allem mit dem Zweig von Elaine.
Wie ihre Brüder hatte sie zweimal geheiratet. Von jedem Mann hatte sie ein Kind bekommen. Ihr älterer Bruder Vittorio hatte vier Sprösslinge gezeugt, Marcel sogar fünf. Die meisten der Kinder waren bereits verheiratet und hatten selbst Söhne und Töchter, sodass der Clan inzwischen über dreißig Personen umfasste. Tonangebend, sich jedoch nicht immer gewogen, waren Elaine und ihre Schwägerinnen Chantal und Simona.
Geschäftlich hatte der Anwalt bisher mit der Familie Volante keinen Kontakt gehabt. Da Frauen über siebzig nicht zu seinem Bekanntenkreis gehörten, druckte er ihre Fotos zusammen mit einem kurzen Lebenslauf aus. So war er vorbereitet, falls er ihnen zufällig auf dem gesellschaftlichen Parkett begegnen würde.
Als Thierry Louron nach der Ursache der Streitigkeiten zwischen den Frauen forschte, steckte ihm ein Insider die Hintergrundgeschichte.
In Ligurien, woher die Familie Volante ursprünglich stammte, wurde den Töchtern nach traditionellem Erbrecht ein wesentlich kleinerer Anteil vererbt als den Söhnen. Elaines Vater war dem nicht gefolgt. Er hatte seiner Tochter großzügig alle Lorvetto-Immobilien und einige Häuser in Frankreich und Korsika hinterlassen. Für ihre Brüder war eine gerechte Aufteilung des Erbes unter den Geschwistern normal, für deren Frauen anscheinend nicht.
Für Kardinal Bretone hatte es die Situation vereinfacht, dass Elaine Volante nach dem Tod des Vaters die alleinige Besitzerin dieser Immobilien geworden war. Nun oblag es Thierry, geschickt zwischen allen Parteien zu jonglieren. Inzwischen wusste er von dem erfolglosen Gespräch mit Elaine Volantes Anwalt in Rom, was den Druck auf ihn erhöhte, eine Lösung für den Kardinal zu finden.
Am Nachmittag hatte er deswegen den Fürsten zu einer Besprechung getroffen und ihm den Sachverhalt erläutert. Zu seinem Bedauern vertrat der jedoch die Meinung, dass der Vatikan über genügend Mittel verfügte, die Geschäftsbeziehung mit Elaine Volante zu managen. Offensichtlich nahm der Fürst die Gefahr eines möglichen Skandals nicht ernst und wollte sich mit dem Vorschlag, die Leasehold-Vereinbarung vorzeitig zu verlängern, nicht einmal befassen.
Am Abend führte der Anwalt seine junge Bekannte ins Le Louis zum Essen aus. Er wollte sich mit der bildhübschen Slowenin ablenken, und bevor er sich sexuellen Gelüsten hingab, sie kulinarisch verwöhnen. In dieses Restaurant eingeladen zu werden, stand für Escort-Girls neben Shopping in einem noblen Designergeschäft ganz oben auf der Wunschliste.
Sie hatten gerade Platz genommen, als Thierry Louron einige Tische weiter den umtriebigen Algerier Mustafa Moussa erkannte. Er diskutierte mit einem großgewachsenen Mann, dessen gut sitzender Anzug die durchtrainierte Figur zusätzlich betonte. Der Anwalt fragte sich, ob das Moussas neuer Bodyguard war. Einen Moment später entdeckte er auch noch Claudia Jablonski und ihren Lebensgefährten Marek Zanowski. Was für ein Zufall! Neugierig geworden, beobachtete er aus den Augenwinkeln die jeweiligen Parteien und tätschelte nebenbei die zierliche Hand seiner Begleiterin. Nachdem Mustafa Moussa das Restaurant verlassen und sich der Unbekannte ausgerechnet zu Marek und Claudia gesellt hatte, betrachtete er ihn genauer. An den großspurigen Gesten und seinem unterwürfigen Verhalten Claudia gegenüber erkannte Thierry, dass er nicht in ihre Kreise gehörte. Er bedauerte, nicht einmal Wortfetzen der Unterhaltung aufschnappen zu können. Als die blonde Slowenin sich am Tisch die Lippen nachzog und damit klar signalisierte, dass sie sich langweilte, schenkte Thierry ihr wieder seine ganze Aufmerksamkeit. Kurz darauf legte ihm jemand von hinten eine Hand auf die Schulter.
»Thierry Louron, wir haben uns lange nicht gesehen«, begrüßte ihn ein anderer Bekannter, Gerhard Adler, überschwänglich.
Thierry stellte seine Begleiterin vor und sie wechselten einige belanglose Worte.
»Wie laufen die Geschäfte, hast du viel zu tun?«, fragte Gerhard.
Als der Anwalt zufrieden nickte, schloss er gleich eine Bitte an. »Wir bräuchten noch einige gute Kontakte für unsere Charity-Gala im Sommer. Nach dem großen Erfolg letztes Jahr sind die Erwartungen entsprechend gestiegen.«
»Wer ist dein Partner?« Eine rhetorische Frage, denn Thierry Louron konnte es nicht ausstehen, wenn ihn Bekannte um Gefallen baten, die er offensichtlich dem Fürsten vortragen sollte.
»Marek Zanowski, der Schwiegersohn von Elaine Volante. Wir haben eine Charity für autistische Kinder ins Leben gerufen.«
Der Anwalt strich sich einige Male über die Nasenspitze. »Soweit ich informiert bin, wäre Marek gern der Schwiegersohn«, korrigierte er.
»Naja, du weißt schon«, versuchte Gerhard Adler einzulenken.
»Kennst du Marek und Claudia näher?«, fragte er nach und versuchte aus dem lästigen Wortwechsel wenigstens einige brauchbare Informationen zu ziehen.
»Wir sind schon länger befreundet. Wollt ihr uns später auf einen Drink treffen? Ich mache euch gern miteinander bekannt.«
Thierry entging der genervte Blick der Slowenin nicht. Sie hatten eine klare Abmachung für den Abend.
»Danke, Gerhard, aber wir haben heute schon etwas anderes vor. Ruf mich doch nächste Woche an.«