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6. Neuere Entwicklungen – Weltweiter Paradigmenwechsel?

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Zumindest aber scheint man sich auch auf supranationaler Ebene einer Modifikationsbedürftigkeit der übergeordneten, gemeinsam ausgerufenen Ziele bewusst geworden zu sein, wenn die Global Commission on Drug Policy 2012 nunmehr – ein ganzes Jahrhundert nach der Haager Opium-Konferenz 1912 und knapp 50 Jahre nach der Ratifizierung der Single Convention – einen internationalen Paradigmenwechsel proklamiert:[68] „Der weltweite Krieg gegen die Drogen ist gescheitert, mit verheerenden Folgen für die Menschen und Gesellschaften rund um den Globus. 50 Jahre, nachdem die Vereinigten Nationen das Einheits-Übereinkommen über die Betäubungsmittel initiiert haben, und 40 Jahre, nachdem die US-Regierung unter Präsident Nixon den Krieg gegen die Drogen ausgerufen hat, besteht in der nationalen und weltweiten Drogenpolitik dringender Bedarf nach grundlegenden Reformen“.[69] Oberste Priorität müssten gesundheits- und sozialpolitische Maßnahmen haben, insbesondere müsse der Zugang zu Medikamenten, speziell Opiaten als Schmerzmittel, sichergestellt werden. Ferner tritt die Kommission für eine Entkriminalisierung des Erwerbs und Besitzes von Betäubungsmittel zum Eigenkonsum ein und baut auf Alternativen zur Inhaftierung jener, die Teil des Drogenmarktes waren, dabei jedoch gewaltfrei geblieben sind.

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Die mit Spannung erwartete UNGASS 2016 (Sondertagung der Generalversammlung der Vereinten Nationen zum Thema Drogen) hat in ihrem Abschlussbericht indessen für Ernüchterung gesorgt, jedenfalls aus europäisch-drogenpolitischer Sicht. Lag der Fokus der Global Commission on drug policy ausweislich ihres September 2014 veröffentlichten Berichts zumindest auch[70] auf Verbesserungen im repressiven Bereich (Entkriminalisierung des Konsums und Besitzes,[71] gesetzlich garantierte Besserstellung der Kuriere[72] und eine damit erzwungene Verfolgung der Hintermänner[73]), stehen unter dem Strich – freilich weltpolitisch von höherer Bedeutung – die Notwendigkeit von Verbesserungen im präventiven und gesundheitspolitischen Bereich im Vordergrund. Vornehmlich wird eine Verbesserung der medizinischen Versorgung in den Entwicklungsländern[74] und die Einrichtung von Schadensreduzierungsmaßnahmen angestrebt.[75] Jedenfalls in Bezug auf Cannabis scheint sich die grundsätzliche Haltung zugunsten einer weniger strengen Handhabe zu wandeln, nachdem im November 2018 die wissenschaftliche Arbeitsgruppe der WHO im Rahmen einer Untersuchung zu den Risiken von Cannabis, THC und CBD zu dem Ergebnis kam, dass die aktuelle Einstufung von Cannabis (das mit Heroin auf einer Stufe steht), nicht gerechtfertigt ist. Auf die Empfehlung der WHO hin hat die Suchtstoffkommission der Vereinten Nationen (UN) Cannabis und Haschisch von ihrer Liste der gefährlichsten Drogen gestrichen. Zwischenzeitlich stellte der EuGH fest, dass aus Cannabis stammendes CBD ebenso wenig als Suchtstoff i.S.d. Übereinkommens von 1961 klassifiziert werden könne.[76] In Deutschland hat sich die Debatte rund um die Legalisierung bzw. kontrollierte Freigabe von Cannabis nach einem zwischenzeitlichen Aufwind und einigen Reformvorschlägen zwar wieder etwas beruhigt, doch wird sie infolge dieser Entwicklungen – und vor allem vor dem Hintergrund einer endenden Legislaturperiode – bestimmt wieder Fahrt aufnehmen.

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