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1. Hypothetische Einwilligung im Zivilverfahren
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Sowohl im Bereich zivilrechtlicher als auch strafrechtlicher ärztlicher Verantwortlichkeit kommt neben der Zurechnung von Behandlungsfehlern auch etwaigen Aufklärungsmängeln besondere Bedeutung zu. Diese führen zu einer Haftung bzw. Strafbarkeit infolge rechtswidriger Körperverletzung, da die Einwilligung des Patienten in diesen Fällen unwirksam ist.[768] Immer höher geschraubten ärztlichen Aufklärungslasten[769] soll mit dem Rechtsinstitut der hypothetischen Einwilligung gegengesteuert werden.[770] Dieses Institut knüpft daran an, dass ein nicht hinreichend aufgeklärter Patient ggf. auch bei einer den rechtlichen Anforderungen genügenden Aufklärung in den Eingriff eingewilligt hätte. Auf diese Weise kann – so der Ausgangspunkt im Zivilrecht[771] – möglicherweise dem Vorbringen des Patienten, der Arzt habe seine Aufklärungspflicht verletzt – einem Ersatz für vermutete, aber nicht hinlänglich beweisbare Behandlungsfehler[772] – begegnet werden. Die Erfolgsaussichten einer entsprechenden Schadensersatzklage wegen Körperverletzung sind größer, als wenn der Patient sein Begehren auf einen Behandlungsfehler stützen würde: Ein Patient, der sich als Opfer eines ärztlichen Behandlungsfehlers sieht, muss vom Ansatz her sowohl die ärztliche Sorgfaltspflichtverletzung als auch die Voraussetzungen der haftungsbegründenden und -ausfüllenden Kausalität darlegen und ggf. beweisen. Insoweit helfen ihm in Bezug auf die Kausalität zwischen Sorgfaltspflichtverletzung und eingetretener Gesundheitsbeschädigung auch die Grundsätze des Anscheinsbeweises zumeist nicht weiter, da dieser nicht in Betracht kommt, sobald vom beklagten Arzt die ernsthafte Möglichkeit eines anderen als des vom Patienten angeführten typischen Geschehensablaufs dargetan wird.[773] Günstiger ist die Position des Patienten nur im Falle eines groben Behandlungsfehlers; hier kehrt sich die Beweislast für die schadensbegründende Kausalität zulasten des Arztes um.[774] Im Bereich strafrechtlicher Verantwortlichkeit kommen derartige Beweisverschiebungen zulasten des Täters von vornherein nicht in Betracht.
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In Arzthaftungsprozessen,[775] in denen der Patient eine nicht hinreichende Aufklärung geltend macht, pflegt ärztlicherseits die entlastende Behauptung aufgestellt zu werden, der Patient hätte dem Eingriff auch dann zugestimmt, wenn er hinreichend aufgeklärt worden wäre. Für die hiermit geltend gemachte hypothetische Einwilligung trifft den Arzt die Darlegungs- und Beweislast, an deren Erfüllung allerdings strenge Anforderungen gestellt werden, um das Selbstbestimmungsrecht des Patienten nicht zu unterlaufen:[776] Es ist Sache des Arztes nachzuweisen, dass die medizinische Indikation kaum eine andere Entscheidung zuließ, als sich dem Eingriff zu unterziehen. Dem kann der Patient dann aber noch mit dem substantiierten Bestreiten entgegentreten, er hätte sich auch bei Erteilung der gebotenen ärztlichen Informationen in einem echten Entscheidungskonflikt befunden, ob er sich dem Eingriff unterziehen wolle oder nicht.[777]