Читать книгу Arbeitsstrafrecht - Björn Gercke - Страница 33

aa) Sozialversicherungsrechtlicher Arbeitgeberbegriff

Оглавление

37

Wie im Arbeitsrecht, wird die Bestimmung des Arbeitgeberbegriffs auch im Sozialversicherungsrecht grundsätzlich anhand des zugrundeliegenden Vertragsverhältnisses vorgenommen. Sozialversicherungsrechtlich maßgeblich ist insoweit, ob ein Beschäftigungsverhältnis zwischen den Parteien besteht. Beschäftigungsverhältnis einerseits und Arbeitsverhältnis andererseits sind inhaltlich nicht deckungsgleich,[11] wie sich bereits unmittelbar aus der Definition des Beschäftigtenverhältnisses in § 7 Abs. 1 SGB IV („… insbesondere in einem Arbeitsverhältnis“) ergibt.

38

Die verwendete Formulierung, „… insbesondere in einem Arbeitsverhältnis“ weist darauf hin, dass es sich beim Arbeitsverhältnis um einen Unterfall des sozialversicherungsrechtlichen Beschäftigungsverhältnisses handelt, jedes Arbeitsverhältnis demzufolge als Beschäftigungsverhältnis i.S.d. Sozialrechts gilt und somit weitgehende Klarheit über den Begriff des Beschäftigungsverhältnisses und damit im Ergebnis auch des Arbeitgeberbegriffs herrscht. Bei näherer Betrachtung ergibt sich indes, dass beides nicht der Fall ist. Zum einen bestehen durchaus Arbeitsverhältnisse, die keine sozialversicherungsrechtlichen Beschäftigungsverhältnisse darstellen. Beispielhaft sei das seit längerer Zeit einvernehmlich ruhend gestellte Arbeitsverhältnis genannt. Zum anderen hilft die Definition des § 7 Abs. 1 SGB IV nicht weiter, wenn der Arbeits- oder Dienstleistung kein Arbeitsverhältnis zugrunde liegt. Denn abseits des Arbeitsverhältnisses definiert sich das Beschäftigungsverhältnis durch den ebenso unbestimmten Rechtsbegriff der „nichtselbstständigen Arbeit“.

39

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ist für die Entscheidung, ob ein Beschäftigungsverhältnis – und in der Folge eine Arbeitgeberstellung im sozialversicherungsrechtlichen Sinne vorliegt – maßgeblich, inwieweit der Beschäftigte in den Betrieb eines Dritten eingegliedert ist und er dabei einem „Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers“ unterliegt.[12] Entscheidend sind dabei nicht die der Tätigkeit zugrundeliegenden Vereinbarungen, sondern vielmehr das tatsächliche Gesamtbild der Tätigkeit.[13] Demgegenüber soll von einer Selbstständigkeit auszugehen sein, wenn der Tätige das Unternehmerrisiko übernimmt und eigens über Arbeitsort und -zeit disponieren kann.[14]

40

Ungeschriebenes Merkmal des sozialversicherungsrechtlichen Beschäftigungsverhältnisses ist nach allgemeiner Ansicht die freiwillige Erbringung von Leistung und Gegenleistung, also auf Seiten des Beschäftigungsgebers der Lohnzahlung.[15] Dafür sind eigene Entschlüsse der Beteiligten erforderlich, „die nach dem Modell der Erklärungen bei einem Vertragsschluss geäußert werden“.[16] Ein Vertragsschluss i.S.d. Zivilrechts ist dazu nicht erforderlich[17], vielmehr ist das tatsächliche Einverständnis der am Beschäftigungsverhältnis Beteiligten ausreichend, aber auch zwingend.[18] Der Beschäftige muss seine Leistung mithin mit Wissen und Wollen des „Arbeitgebers“ leisten.[19] Ist das aber der Fall, besteht auch dann ein Beschäftigungsverhältnis im Sozialversicherungsrecht, wenn der Arbeitsvertrag an sich unwirksam oder nichtig ist, sog. fehlerhafter[20] Arbeitsvertrag.[21] Dagegen begründet eine Tätigkeit aufgrund gesetzlichen Zwanges, – z.B. bei Strafgefangenen – ungeachtet ihrer Ausgestaltung, kein sozialversicherungsrechtliches Beschäftigungsverhältnis.[22]

41

Ebenso wenig ist – wie sich systematisch aus den Regelungen in Abs. 1 und 3 des § 7 SGB IV ergibt – für das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses eine Entgeltlichkeit der geleisteten Tätigkeit Voraussetzung.[23] Während in § 7 Abs. 1 SGB IV in der dort enthaltenen Legaldefinition der „Beschäftigung“ keine Aussage zu einer etwaig erforderlichen Entgeltlichkeit getroffen ist, ist in Abs. 3 eine „Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt“ gesondert aufgeführt. Das lässt den Schluss zu, dass die Entgeltlichkeit der Beschäftigung kein konstitutives Merkmal des sozialversicherungsrechtlichen Beschäftigtenverhältnisses ist.[24]Auch insoweit sind die Begrifflichkeiten des Beschäftigungsverhältnisses und des Arbeitgebers im Sozialversicherungsrecht weiter als im Arbeitsrecht. Denn während bei unentgeltlichem Tätigwerden des Weisungsempfängers der Weisungsgeber zwar als Beschäftigungsgeber im sozialversicherungsrechtlichen Sinne gelten kann, lässt er sich mangels entgeltlicher Leistungsverpflichtung[25] keinesfalls nach arbeitsrechtlichen Maßstäben als Arbeitgeber einstufen.

Arbeitsstrafrecht

Подняться наверх