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FALAISE – ZUR WIEGE DES EROBERERS
BOMBENSICHERE BURG
Auf der Burg von Falaise kam Wilhelm der Eroberer 1027 zur Welt. Der massive Bau widerstand 1944 den schweren Bombardements der Alliierten, ebenso der Ring mittelalterlicher Stadtmauern. Wie die Zivilbevölkerung den Zweiten Weltkrieg erlebte, zeigt das Mémorial des Civils zu Füßen der Burg.
Unübersehbar thront das Château Guillaume-le-Conquérant auf einer Felskante über dem Tal der Ante. 1027 kam der spätere Herzog der Normandie, Wilhelm der Eroberer, im mächtigen Gemäuer zu Welt. Der Vater: Robert der Herrliche, sechster Herzog der Normandie. Die Mutter: Arlette, Tochter eines Gerbers, und damit nicht standesgemäß. Als Guillaume alias Wilhelm nach dem frühen Tod seines Vaters mit nur acht Jahren zum Herzog ernannt wurde, hieß der Junge daher noch »Wilhelm der Bastard«. Erst nach der Eroberung von England ging der unehelich Geborene als Wilhelm der Eroberer in die Geschichte ein. Zu den Fêtes Médiévales de Falaise, einem großen Mittelalterfest im August, wird Wilhelms Zeit mit Pferdeturnier, Mittelaltermarkt und vielen Kostümen wieder lebendig.
Mehrmals wurde die Burg zerstört. Und steht dennoch mit über einem Dutzend Türmen und bis zu vier Meter dicken Mauern wie unverwüstlich da. Bei der Sanierung in den 1990er-Jahren griff Architekt Bruno Decaris mit nacktem Beton und Panzerglas auf moderne Baustoffe zurück. Der Aufschrei war groß und ist längst vergessen. Decaris schuf auch die Aussichtsterrasse auf dem Donjon. Aus ihrer Höhe liegt einem ganz Falaise zu Füßen. Nach Norden rollt das Umland ins liebliche Pays d’Auge davon. Im Westen kündigen erste Hügel die wildromantische Suisse Normande an.
Wer in Falaise buddelt, der findet. So geschehen unter einem Verwaltungsbau aus den 1950er-Jahren, der vor ein paar Jahren zum Mémorial des Civils dans la Guerre umgebaut wurde. Bei den Arbeiten stieß man auf die Fundamente eines barocken Stadtpalais, mit einigen ramponierten Alltagsgegenständen. Man sicherte die Funde, die heute durch eine Panzerglasdecke im Filmsaal des Museums zum Alltag der Zivilisten im Zweiten Weltkrieg zu sehen sind. Im Stockwerk darüber laufen in der Dauerausstellung Zeichentrickpropagandafilme aus Nazi-Deutschland. Originale Fotos und Einrichtungsgegenstände lassen die dunklen Jahren Revue passieren. Zeitzeugen berichten vor der Kamera vom Elend der Besatzung, von Vergeltungsmaßnahmen, harten Restriktionen und tödlichen Bombardements.
Das Mémorial von Falaise ist eine Außenstelle des Mémorial de Caen, des bedeutendsten Museums der Normandie zu den Ereignissen der Jahre 1940 bis 45. Wie in Caen geht es nicht darum zu verurteilen, sondern zu erklären. 20 000 zivile Kriegsopfer waren in der Normandie zu beklagen. Dutzende Dörfer und Städte wurden zerstört oder wie Falaise schwer getroffen. Im Kessel von Falaise lieferten sich SS-Panzerdivisionen mit den vorrückenden Truppen der Alliierten im August 1944 eine schwere Schlacht. Als die Stadt am 17. August befreit wurde, lag sie zu fast 80 Prozent in Schutt und Asche.
Wiederaufbau mit Augenmaß
Beim Wiederaufbau gaben die erhaltenen, zwei Kilometer langen mittelalterlichen Mauern das Maß vor. Was dahinter lag, wurde gerettet, saniert, wiederaufgebaut. So auch am schönsten Platz der Stadt, der Place Guillaume-le-Conquérant, wo man vom Bronzestandbild Wilhelms des Eroberers auf die filigrane Pracht der Kirche La Trinité schaut. Etwas weiter nördlich versprüht das barocke Stadtpalais Hôtel de Souza den Charme des Ancien Régime. Unter den erhaltenen Stadttoren sticht die wuchtige Porte des Cordeliers mit ihrem dicken Turm hervor. Rund um die im Ursprung romanische Kirche St-Gervais verstecken sich weitere Stadtpalais aus dem 18. Jahrhundert, so etwa das Hôtel Lenteigne in der Rue du Sergent Goubin.
REKONSTRUKTION MIT SACHVERSTAND UND BETON – DAS EXPERIMENT IST NICHT NUR BEI DER BURG GELUNGEN. WIE SCHWER DIE ZERSTÖRUNGEN IM ZWEITEN WELTKRIEG WAREN, ERFÄHRT MAN IM MÉMORIAL.
WANDERUNG MIT HÖHEPUNKT
Knapp 20 Kilometer westlich von Falaise wird das Tal der Orne zur dramatisch von Felsen gerahmten Schlucht. Hügel erreichen mit 300 Metern normannische Rekordhöhe. Steilufer und Felsen bauen sich über dem Fluss auf, der sich ungehalten in seinem Bett windet – Normannische Schweiz wird das wildromantische Stück Normandie genannt, ein Paradies für Naturliebhaber und Aktivurlauber. Von Thury-Harcourt bis Putanges-Pont-Écrepin ist das Orne-Tal fest in den Händen von Kanuten, Bikern, Wanderern, Climbern. Falaise, das sich als Tor zur Suisse Normande versteht, ist für alle ein guter Ausgangspunkt zu landschaftlichen Highlights wie etwa der Roche d’Oëtre, einem Fels, von dem der Blick aus 118 Metern in die Schlucht Gorges de St-Aubert stürzt.
WEITERE INFORMATIONEN
Falaise, www.falaise-tourisme.com
Château Guillaume-le-Conquérant, www.chateau-guillaume-leconquerant.fr
Mémorial des Civils dans la Guerre, www.memorial-falaise
Suisse Normande, www.suisse-normande-tourisme.com