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AMIENS – KAPITALE DER PICARDIE
LEBENSLUST UND WELTERBE
Amiens hat mehr zu bieten als seine Kathedrale, das Vorbild stand für den Kölner Dom: charmante Viertel wie Saint-Leu am Ufer der Somme, schwimmende Gemüsegärten und zwei Museen, die staunen lassen. Mit echten picardischen Genüssen verwöhnen Markthändler und Gastwirte.
Sie ist Welterbe, hat weltweit Kirchenbauten geprägt und ist mit mehr als 200 000 Kubikmetern Rauminhalt doppelt so groß wie Notre-Dame de Paris: die Cathédrale Notre-Dame d'Amiens. Der Sakralbau gehört zu den größten Gotteshäusern Frankreichs – und ist zugleich doch so fein, so detailreich ausgearbeitet, als sei er kein hochgotischer Megabau, sondern eine kleine Preziose. 145 Meter ist er lang und vom Boden bis zum Schlussstein fast 43 Meter hoch. Über 68 Jahre, von 1220 bis 1288, wurde daran gebaut. Heraus kam keine dunkle Höhle für Gläubige, sondern eine Kultstätte, hell, licht und einladend – ein wahrhaft himmlischer Bau. An Sommerabenden verzaubert Videomapping die Fassade und inszeniert nach Einbruch der Dunkelheit 40 Minuten lang das Architekturerbe als Gesamtkunstwerk aus Licht, Pixeln und Musik.
Zweites Welterbe der Stadt ist der Beffroi, der sich seit dem 18. Jahrhundert auf der Place au Fil erhebt. Gemeinsam mit 22 anderen Belfrieden der Départements Nord-Pas de Calais und Picardie gehört er seit Juli 2005 zum Weltkulturerbe der UNESCO. Er symbolisiert die Unabhängigkeit der Stadt Amiens von der Feudalherrschaft. Gut 100 Stufen führen hinauf zur Panoramaterrasse mit herrlicher Aussicht auf die Stadt. Drittes Wahrzeichen der picardischen Hauptstadt ist die Tour Perret. Der von Auguste Perret erbaute Wolkenkratzer war bis 1969 der höchste in Europa. Heute kann man dort in 100 Metern Höhe schlafen und Ferienwohnungen für ein Wochenende oder wochenweise mieten.
Von den Türmen aus zeigt sich, welche Narben die beiden Weltkriege in der Stadt hinterlassen haben. Vieles wurde zerstört, etliches neu aufgebaut – und so manches alte Erbe spannungsreich kreativ neu belebt. Wie jüngst das Musée de la Picardie, das durch den Um- und Ausbau seine Ausstellungsfläche umfangreich vergrößert hat. 1867 wurde es in einem dafür eigens errichteten, prachtvollen Palais als erstes Museum Frankreichs außerhalb von Paris eröffnet. Das Musée de Picardie solle, so Napoleon III. höchstpersönlich, »alles zusammenbringen, was an Denkmälern unserer Geschichte und in den Erinnerungen unserer Vorfahren lieb und teuer ist«.
TAGSÜBER SPIEGELT SICH DIE WELTERBEKATHEDRALE NOTRE-DAME IN DEN FLUTEN DER SOMME, NACHTS SETZT DIE TOUR PERRET LEUCHTENDE AKZENTE.
Alt trifft auf Neu
Sein Reichtum an Bau- und Kulturerbe brachte Amiens den Titel Ville d’Art & d’Histoire ein, Stadt der Kunst und Geschichte. Das Turmhaus, in dem Jules Verne 18 Jahre lang lebte und seine fantastischen Romane geschrieben hat, gehört zu den schönsten Schriftstellerhäusern in ganz Europa. Verne war gebürtiger Nantaiser und nach seiner Heirat an die Somme gezogen. Dort wirkte er nicht nur als Dichter, sondern auch als Stadtplaner – und weihte den Cirque d'Hiver ein. Wunderschön restauriert, setzt eine neue Außenbeleuchtung den Sitz der staatlichen Zirkusschule stimmungsvoll in Szene. Voller Charme präsentiert sich auch das Stadtviertel Saint-Leu am Ufer der Somme. Sobald die ersten Sonnenstrahlen wärmen, stellen Cafés und Kneipen Stühle und Tische an den Fluss. Straßenmusiker spielen auf. Samstagmorgens machen die Markthändler ihre Boote am Kai fest und verkaufen auf dem traditionsreichen Wassermarkt all jene frischen Blumen, Früchte und Gemüsesorten, die sie am Stadtrand in den schwimmenden Gemüsegärten der Hortillonnages anbauen.
KÖSTLICHER KEKS
Die italienische Prinzessin Caterina de’ Medici, durch die Heirat mit Heinrich II. zur Königin von Frankreich aufgestiegen, brachte im 16. Jahrhundert die Leckerei aus Italien nach Amiens: Macaron d’Amiens, ein zylindrisches Küchlein, das weich im Mund zergeht und die Süße des Südens auf die Zunge zaubert. Bis heute wird dort die Makrone aus valencianischen Mandeln, Zucker, Honig, Eischnee, Süßmandelöl und Bittermandeln ohne Konservierungs- und Farbstoffe hergestellt. Als die besten der Stadt gelten die Macarons von Jean Trogneux aus der sechsten Generation der alteingesessenen Chocolatier- und Confiserie-Familie von Amiens. Wer sie kostet, erkennt: Diese Macarons sind völlig anders als die mit Crème gefüllten berühmten französischen Mini-Baisers. Die Macarons aus Amiens ähneln eher bretonischem Mürbegebäck – und schmecken zum Wein ebenso gut wie zum Tee oder Kaffee.
WEITERE INFORMATIONEN
Amiens, www.amiens-tourisme.com