Читать книгу Träume - Calin Noell - Страница 13
ОглавлениеDie Träume beginnen
Er fing sie auf, gerade noch rechtzeitig, bevor ihr erschlaffter Körper zur Seite kippte, und hob sie auf seine Arme. Ihm blutete das Herz, spürte er doch ihre gequälte Seele so deutlich, als würde ihr Körper sie gar nicht umschließen. Er war sich nach wie vor nicht sicher, ob sie Talil retten konnten. Dennoch mussten sie es versuchen, das waren sie ihrem Volk schuldig und ihr ebenfalls.
Die äußerst kraftvolle Verbindung zu ihrem Seelensplitter sollte es eigentlich ermöglichen, sie zur Ruhe kommen zu lassen, sie zu stärken, ehe die Visionen begannen ...
Er trug sie um den Felsen herum, und während er auf die Baumgruppe zuschritt, erklang das Fiepen der Wölfe immer drängender, was er ein wenig überrascht in sich aufnahm. Es erschien erstaunlich, dass sie bereits eine so enge Bindung zueinander besaßen, doch es würde ihr hoffentlich helfen, sich zu erholen, aber vor allem, die Visionen zu überstehen.
Auf einem Bett aus Moos ließ er sie vorsichtig hinunter. Augenblicklich legten sich die Wölfe um sie herum. Nachdenklich betrachtete er erst sie, dann die Wölfe und schließlich seine verschiedenen Kräuter. Ihre Seele war schwer geschunden, nichtsdestotrotz schien sie stärker, als er vermutet hatte. Dennoch trug sie viel zu viel Wut und zerstörende Erinnerungen in sich, die in den Hintergrund rücken mussten, damit sie ihre Aufgabe erfüllen konnte. Vor ihm lag ein harter Weg, dies jedoch war nichts im Vergleich dazu, was dieser Pfad für sie bedeuten sollte. Ihre Seele bedurfte der Heilung und Vorbereitung, um einen Neubeginn zu ermöglichen, doch vorher war es erforderlich, dass sie erkannte, welchen Wert ihre Lebensbahn besaß, trotz allem. Sie benötigte den Entschluss zu leben um ihrer selbst Willen.
Bedachtsam wählte er verschiedene Kräuter, die er miteinander verflocht und dann am Feuer entzündete. Je stärker sich der durchdringende Geruch verbreitete, desto mehr entspannten sich auch die Wölfe. Talils Atemzüge schienen ruhiger, wirkten mit jedem weiteren Zug nicht mehr ganz so angestrengt, bis sie schließlich vollkommen entkrampft entschlummerte.
Er holte tief Atem, schloss seine Augen und sandte ein Gebet zu den Geistern und Ahnen, auf dass sie alle gemeinsam ihre nun freigesetzte Seele erreichen mochten.
Leise stimmte er das Lied der Alten an, inhalierte den Rauch, der den glimmenden Kräutern emporstieg, wiegte sich langsam vor und zurück, bis er ihn vollständig ausfüllte ...