Читать книгу Träume - Calin Noell - Страница 17
ОглавлениеKämpfe
Als ich das nächste Mal meine Augen öffnete, hielt mir Wilton erneut eine Schale mit dampfendem Eintopf hin. Langsam richtete ich mich auf. Noch immer schmerzte mein Körper, doch ich fühlte mich ein wenig besser. Ich nahm ihm das Essen aus der Hand und aß, vollkommen ausgehungert.
»Wie lange habe ich geschlafen?«, fragte ich zwischen zwei Bissen.
»Zwei Mondgänge«, antwortete Wilton gelassen, ich aber verschluckte mich vor Schreck.
»Zwei Tage? Achtundvierzig Stunden?« Fassungslos betrachtete ich ihn.
»Wenn du in Stunden rechnest, sind es sogar noch einige mehr.« Scheinbar gleichgültig zuckte er mit den Schultern.
Misstrauisch besah ich ihn mir genauer, stellte jedoch nichts Ungewöhnliches fest. Also schnupperte ich an dem Essen. »Ist da irgendetwas drin?«, fragte ich vorsichtig und kam mir im gleichen Moment blöd dabei vor. Er würde es mir wohl kaum verraten, selbst wenn es so wäre. Er lächelte wissend, schüttelte aber schließlich den Kopf.
»Du magst stark sein, doch auch du besitzt Grenzen. Aber durch die vielen Wandlungen und deine erlittenen Verletzungen hast du diese überschritten. Hätten die Wölfe den Blutverlust nicht gestoppt, wärst du niemals hierhergelangt. Ob ich dir noch zu helfen vermag, ist nicht gewiss. Deine Seele ist geschunden und verweilt an diesem heiligen Ort. Erst wenn du eine Entscheidung triffst, werden wir die unsere fällen.«
Trotz seiner Worte wurde ich das Gefühl nicht los, dass er dennoch irgendwie nachhalf. »Warum habe ich diese Träume? Es sind doch Träume, oder nicht? Und was wollt ihr entscheiden?«
»Diese Begegnungen dienen dazu, Dinge zu verstehen, solltest du bereit dafür sein. Wenn du dich darauf einlässt, dann helfen sie dir zu begreifen, zu akzeptieren, zu lernen, und letztendlich eine Entscheidung zu treffen. All dies wird dich stärken, für das, was folgen soll.«
»Was für eine Entscheidung? Und was soll folgen?«, fragte ich irritiert, weil ich das Gefühl hatte, nicht mehr ganz folgen zu können und diesmal wirkte sein Blick abgrundtief traurig.
»Als Erstes musst du dich entscheiden, ob du leben oder sterben willst.«
Ich lachte bitter. »O ja, na klar.«
»Du vermagst keine Entscheidung zu treffen, solange du dich dagegen wehrst, die Dinge zu sehen, wie sie sind. All deine Begegnungen ziehen Konsequenzen nach sich, und die wirst du durchleben, immer wieder, bist du die Geschehnisse akzeptierst. Erst dann ist eine Entscheidung möglich.«
Verstohlen betrachtete ich ihn erneut. Er schien zu spüren, dass ich seine Worte nicht wirklich ernst nahm. Aber was wollte er denn tun? Sobald meine Wunden verheilt waren, würde ich gehen und mich mit Sicherheit nicht von ihm aufhalten lassen. Ich hatte keine Lust, mich mit diesen Dingen zu beschäftigen. Natürlich war ich mir im Klaren darüber, dass mein Verhalten nicht immer ganz gerecht war. Kiljan, Jul, Mael und einige andere hatten mich freundlich aufgenommen, waren stets um mich bemüht, doch letztendlich ging es nur um mich selbst. Ich war niemandem mehr Rechenschaft schuldig, und mit ihrer Reaktion nach dem Kampf hatten sie sich diese Suppe selbst eingebrockt. Nun konnten sie sie auch auslöffeln. Außerdem wollte ich mich nicht mit meinem schlechten Gewissen Jul oder Rian gegenüber auseinandersetzen, ebenso wenig wie mit meinen Gefühlen für Kiljan. Ihm schuldete ich nichts, absolut gar nichts.
»Du irrst dich. Und ich hoffe und bete zu den Geistern, dass du es erkennen wirst. Wenn du dich dazu entscheiden solltest, zu leben, könnte sich vieles verändern.« Wilton machte eine wischende Handbewegung in meine Richtung. Ich hörte noch das leise geflüsterte Wort »Schlaf«, dann kam nichts mehr, und ich driftete davon.