Читать книгу Kein Kaviar für Killer: 4 Krimis - Cedric Balmore - Страница 15

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Jackson war Zuhause. Er ließ uns in die Wohnung. Misstrauisch musterte er uns abwechselnd.

Ich sagte: „Wir haben mit Ihrer Frau gesprochen, Mr. Jackson. Sie ist ziemlich sauer auf Sie.“

„Wundert Sie das?“, fragte Richard Jackson. „Sicher wissen Sie nach dem Besuch bei Carol Bescheid. Ich habe sie mit Aids angesteckt. Ein einmaliger Ausrutscher von mir, als ich zu einer Hure ging. Ich suchte schlicht und einfach nur mal etwas Abwechslung.“

Er wirkte ziemlich zerknirscht. Sein Blick schien sich nach innen verkehrt zu haben.

„Dürfen wir uns etwas in Ihrer Wohnung umsehen?“

„Was gedenken Sie zu finden?“

„Gestern in der Nacht wurde wieder ein Mädchen in der Morningside Avenue entführt. Sie hätten ein Motiv, die Girls vom Straßenstrich zu hassen.“

Jackson prallte zurück. Dann aber sagte er kehlig: „Sie verdächtigen den falschen Mann. Ich habe seit gestern Nachtschicht. Ich war nachweislich ab zweiundzwanzig Uhr in der Fabrik. Da ich nicht hingeflogen sein kann und Sie mein Auto konfisziert haben, musste ich mich gegen einundzwanzig Uhr auf den Weg machen, um mit dem Omnibus rechtzeitig die Firma zu erreichen. Zu spät zu kommen kann ich mir nicht leisten. Man hat dafür im Betrieb wenig Verständnis. Wenn es sich wiederholt, fliegt man.“

Ich war wie vor den Kopf gestoßen.

Jackson hatte ein Alibi. Ich zweifelte keinen Augenblick daran, dass das, was er von sich gegeben hatte, der Wahrheit entsprach. Eine Lüge hätte ihm nichts genützt. Denn er musste davon ausgehen, dass wir seine Angaben überprüfen würden.

Auch Milo schaute nicht besonders geistreich drein. „Wir würden uns trotzdem gerne mal in Ihrer Wohnung umsehen, Mr. Jackson“, sagte er.

„Gerne“, erwiderte Jackson.

Dann führte er uns durch sämtliche Räume, die die Wohnung aufwies. Es waren drei Zimmer und Küche. Sogar den Keller und den Dachboden ließen wir uns zeigen. Es gab nicht den geringsten Hinweis, dass in Jacksons Wohnung jemals jemand gegen seinen Willen festgehalten worden wäre.

„Haben Sie sich auch einer Selbsthilfegruppe angeschlossen?“, fragte ich.

„Nein. Das bringt nichts, außer dass man ständig daran erinnert wird, dass man lebensbedrohlich erkrankt ist.“

Wir fuhren zu der Batteriefabrik in New Jersey. Dort bestätigte man uns, dass Jackson am vergangenen Abend um 22 Uhr seinen Dienst angetreten und bis morgens um 6 Uhr 30 gearbeitet hatte.

Das Kartenhaus, das wir uns für kurze Zeit aufgebaut hatten, stürzte in sich zusammen.

„Vielleicht gibt es einen Helfershelfer“, sagte Milo, als wir nach Manhattan zurückfuhren. „Nachdem es in anderen Städten identische Morde gab, ist davon auszugehen, dass es sich eine ganze Gruppe zur Aufgabe gemacht hat, Straßenmädchen auf die brutale Art aus dem Verkehr zu ziehen. Ob das nun Satansjünger sind oder einfach nur Leute, die sich rächen wollen, lasse ich mal dahingestellt.“

Das war ein völliger neuer Aspekt.

Milo fügte hinzu: „Von Carol Jackson wissen wir, dass sich die Selbsthilfegruppe jeweils donnerstags trifft. Die Entführungen der Mädchen fanden auch jeweils an einem Donnerstag statt. Diese Übereinstimmung kann Zufall sein, muss aber nicht ...“

„Eine Gruppe“, sinnierte ich laut. „Gleichgesinnte, die sich irgendwo gefunden haben.“ Ich schaute Milo an. „In einer Selbsthilfegruppe. So etwas gibt es sicherlich in jeder größeren Stadt. Warum sollten sie nicht miteinander kommunizieren, Erfahrungen austauschen, Treffs vereinbaren? Himmel, Milo, das ist ein hervorragender Gedanke.“

„Ab und zu findet auch ein blindes Huhn ein Korn“, knurrte Milo und grinste mich an. Doch sogleich dämpfte er meinen Enthusiasmus, indem er hinzufügte: „Leider auch nur Theorie. Bis wir die Wahrheit herausfinden, dürfte es für das Girl, das sich in der Gewalt des Schlitzers befindet, zu spät sein.“

„Wir sollten mal in den anderen Städten anrufen, ob dort auch Mädchen entführt wurden“, sagte ich.

„Also fahren wir zurück ins Büro“, knurrte Milo. „Mir schwant Fürchterliches.“

Ich rief in Baltimore an. Der Kollege, mit dem ich sprach, konnte keine Entführung feststellen. Währenddessen sprach Milo mit einem Beamten des Police Department in Cincinnati.

Nachdem ich das Gespräch mit Baltimore beendet hatte, wählte ich die Nummer des Field Office Indianapolis. Der Kollege sagte: „Ein neuer Entführungsfall ist nicht bekannt. Wir benutzen eine Agentin als Köder. Es ist zwar ein Spiel mit dem Feuer, aber anders kommen wir dem Mörder kaum auf die Spur. Sollten wir zu irgendwelchen Erkenntnissen gelangen, werden wir Sie informieren.“

Ich legte auf.

Auch Milo hatte das Gespräch beendet.

„Und?“, fragte ich.

„Nichts.“

„In Indianapolis arbeiten sie mit einem Köder. Eine Agentin hat sich dafür hergegeben.“

„Diesen Vorschlag habe ich auch schon mal gemacht“, erklärte Milo.

„Wir müssten es mit dem Chef abklären“, antwortete ich. „Es kann auch schief gehen. Und dann möchte ich nicht in der Haut des SAC stecken, der die Verantwortung für den verdeckten Einsatz übernehmen muss.“

„Wir sollten auch mal mit den anderen Mädchen in der Morningside Avenue reden“, schlug Milo vor. „Laura Bennett ist in einen Ford mit gestohlenen Kennzeichen gestiegen. Vielleicht hat das eine oder andere Mädchen irgendwelche Beobachtungen gemacht, die uns weiterhelfen.“

„Das heißt, wir müssen eine Abendschicht einlegen“, gab ich zu verstehen. „Tagsüber triffst du kaum eines der Girls an. Für die meisten von denen beginnt der Tag erst am Abend.“

Wir begaben uns zu Mr. McKee. Zunächst erklärten wir ihm, dass Richard Jackson ein Alibi für den vorhergehenden Abend hatte, dass er also nicht als Entführer Laura Bennetts in Frage kam. Milo wies auch darauf hin, dass möglicherweise eine ganze Gruppe am Werk war, die hinter den Morden an den Strichmädchen steckte. Er brachte die Sprache auch darauf, dass Mrs. Jackson einer Selbsthilfegruppe angehörte, die sich jeweils donnerstags traf, und dass die Mädchen bisher allesamt an einem Donnerstag entführt worden waren. Schließlich kam ich auf den Einsatz einer Agentin als Köder zu sprechen.

Mr. McKees Brauen hatten sich zusammengeschoben. Zwei steile Falten hatten sich über seiner Nasenwurzel gebildet. „An wen haben Sie gedacht?“, fragte er schließlich.

„Annie Francesco oder Jennifer Johnson“, versetzte ich.

Der Chef nickte. „Es muss auf freiwilliger Basis geschehen. Ich will weder Annie noch Jennifer zwingen, sich auf dieses Vabanquespiel einzulassen.“

„In Indianapolis arbeitet bereits eine Kollegin undercover auf dem Straßenstrich“, rückte ich mit der Sprache heraus.

„Die Idee ist nicht schlecht“, sagte der SAC. „Aber es kann ins Auge gehen. Wir wissen nicht, mit wem wir es zu tun haben. Wir wissen nur, dass er konsequent und brutal mordet. Außerdem muss es strikt geheim bleiben, dass eine unserer Agentinnen auf den Schlitzer angesetzt ist. Die anderen Mädchen werden in ihr eine Konkurrenz sehen und ihre Zuhälter auf sie hetzen.“

„Ich werde unsere Agentin beschützen“, erklärte ich mich bereit. „Es wird mir nicht schwer fallen, in die Rolle ihres Zuhälters zu schlüpfen. Unabhängig davon sollten wir unseren Köder mit einem Funkpeilsender ausstatten und in der Nähe der Morningside Avenue einen Funkpeilwagen platzieren.“

Der Chef griff zum Telefon und wählte eine Nummer. Dann sagte er: „Jennifer, kommen Sie doch bitte mal zu mir. Und bringen Sie Annie mit. Es geht um einen Einsatz. – Danke.“

Mr. McKee legte auf.

Zwei Minuten später kamen Jennifer und Annie. Nachdem wir uns gegenseitig begrüßt hatten, bot ihnen Mr. McKee Sitzplätze an, dann begann er: „Jesse und Milo ermitteln in Sachen des Schlitzers von Harlem, der bis jetzt vier Mädchen ermordet und ein fünftes entführt hat. Sicher sagt Ihnen das etwas.“

Jennifer erwiderte: „Natürlich. Die lokalen Nachrichten sind voll davon. In einigen anderen Städten sollen aber ähnliche Morde geschehen sein.“

„Ja. In Baltimore, Cincinnati und Indianapolis. Jesse und Milo kommen nun mit der Idee zu mir, dem Killer einen Köder anzubieten. Ich finde die Idee nicht schlecht, will aber niemand dazu zwingen, sich dafür zur Verfügung zu stellen. Denn es ist ausgesprochen gefährlich. Wir wissen bisher nur, dass wir es mit einem gnadenlosen, brutalen Mörder zu tun haben. Die Kollegen in Indianapolis arbeiten bereits mit einem Köder.“

„Ich stelle mich zur Verfügung“, erklärte Jennifer Johnson spontan.

„Ich auch“, kam es von Annie Francesco, unserer rassigen Latina.

Ich hatte eine Idee. „Vielleicht wäre es gar nicht so schlecht, mit zwei Ködern zu arbeiten. Die Wahrscheinlichkeit, dass uns der Killer ins Netz geht, würde sich verdoppeln.“

„Und ich dürfte mich ebenfalls als Zuhälter betätigen“, kam es grinsend von Milo.

Mr. McKee lächelte nachsichtig.

Ich sagte: „Bisher sind die Mädchen immer an einem Donnerstag entführt und an einem Sonntag ermordet worden. Da identische Morde auch in anderen Städten geschahen, ist es nicht auszuschließen, dass es sich eine ganze Gruppe zum Ziel gesetzt hat, den Straßenstrich zu bekämpfen. Es kann dafür unterschiedliche Beweggründe geben. Religiöser Wahn, Rache, es ist auch nicht auszuschließen, dass Satanskult dahintersteckt. Auf letztere Annahme lässt die Tatsache schließen, dass den getöteten Mädchen die Herzen herausgeschnitten worden sind.“

Jennifer verzog das Gesicht.

Annie atmete tief durch. In ihren Mundwinkeln zuckte es.

Es ging den beiden Agentinnen sicher an die Nieren. Aber es gab nichts zu beschönigen. Die Wahrheit ist in unserem Job eben manchmal grausam und unmenschlich.

„Auch wenn wir dem Mörder einen Köder präsentieren“, wandte der Chef ein, „so wird er seinem Rhythmus entsprechend erst wieder am kommenden Donnerstag zuschlagen. Das ist der achte Juli. Wir müssen aber davon ausgehen, dass er Laura Bennett bereits am vierten ermordet. Was können wir unternehmen, um das zu verhindern?“

Milo und ich mussten passen. Es traf jeden von uns zwar bis in den Kern, aber keiner hatte eine Idee, wie wir verhindern sollten, dass der Schlitzer am 4. Juli das Mädchen ermordete, das er am 1. entführte.

„Wir können das Mädchen nicht einfach abschreiben“, murmelte Mr. McKee, und schaute ratlos von einem zum anderen.

Kein Kaviar für Killer: 4 Krimis

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