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Verdurstet die kindliche Seele?

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Diese Frage können am besten – da war ich mir sicher – kompetente Erzieher aus ihrer langjährigen Praxis heraus beantworten. So stellte ich auf meinen Seminarreisen durch ganz Deutschland immer wieder eine Frage: „Wie hat sich Ihrer Meinung nach die emotional-soziale Kompetenz der Kinder in den letzten zehn Jahren verändert?“

Im Jahr 1999 antworteten Erzieher aus Nordrhein-Westfalen sinngemäß:

Die Kinder …

 werden immer häufiger mit schwerwiegenden Familienproblemen (Arbeitslosigkeit, Scheidung usw.) belastet.

 haben immer weniger Respekt vor Erwachsenen. Sie beschimpfen, treten und schlagen ihre Eltern, die dies oft lächelnd hinnehmen.

 können sich kaum noch selbst beschäftigen. Sie brauchen vorgefertige Schablonen und erwarten ein Programm nach dem Motto „Was machen wir jetzt?“

 verlangen immer mehr nach Konsum- und Markenartikeln. Diese erhalten sie neuerdings jederzeit und nicht mehr wie früher zu bestimmten Anlässen.

 kennen wenig Geduld und Vorfreude. Sie fordern die sofortige Erfüllung ihrer spontanen Wünsche.

 sind fauler geworden; gerne lassen sie sich wie kleine Prinzen von Erwachsenen den Po abwischen oder die Schuhriemen binden. Diese Hilfe zur Unselbstständigkeit verwechseln leider viele Eltern mit Liebe.

 haben keine Zeit mehr, Kind zu sein. Ihre Kindheit ist im Terminkalender verplant, Langeweile ist verpönt, obwohl sie der Quell von Kreativität ist.

 sind selten bereit, aufmerksam zuzuhören. Ihre Sprachgewohnheiten sind schlecht: Halbe Sätze, Schimpfworte, wenig Dialog- und Erzählfähigkeit.

Im Jahr 2002 antworteten Erzieher aus dem Landkreis Rosenheim (Bayern) sinngemäß:

Die Kinder …

 sind unsicherer im Umgang mit ihren Gefühlen und egoistischer geworden.

 spiegeln unsere Ich will aber-Gesellschaft wider.

 sind nicht mehr in der Lage ihre Emotionen angemessen zu steuern. Sie reagieren entweder sehr aggressiv oder übersensibel. Die Fähigkeit, Gefühle differenziert auszudrücken verkümmert zusehends.

 entwickeln sich immer mehr zu Individualisten. Es fällt ihnen schwerer, sich in andere Kinder hinein zu versetzen.

 haben mit Erwartungen von außen zunehmend Schwierigkeiten.

 erwarten ständige Reaktion und Beachtung. Wie es den anderen geht, ist ihnen oft egal!

 schätzen das Alleinsein; das Miteinander fällt ihnen immer schwerer.

Aber Vorsicht vor Schwarzmalerei! Meine Erfahrung in den vielen Seminaren zeigt, dass uns das Negative der Neuen Kindheit stärker auffällt. Das Positive droht dagegen als Selbstverständlichkeit unterzugehen, und so mancher Miesepeter kam ins Grübeln, als ich ihm sagte: „Wenn Sie an einer neuen Generation nur noch Schlechtes entdecken, dann ist dies ein Zeichen dafür, dass Sie alt geworden sind! Schon immer vertraten die Alten die Ansicht: Früher war alles besser! Jede abtretende Generation ist mit der nachwachsenden unzufrieden. Schon Platon klagte über die immer schlimmerwerdende Jugend. Aber eine Generation kann nicht nur schlecht sein; sie ist immer auch kreativ und visionär. Was nutzt das Wehklagen, schauen wir uns doch die positive Seite der Medaille an!“

Nach dieser Diskussion über den persönlichen Blickwinkel auf die Neue Kindheit fielen die Meinungen der Erzieher wesentlich positiver und differenzierter aus.

Das Schatzbuch der Herzensbildung - eBook

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