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Der Darm hat Gefühle

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Kein anderes Organ reagiert so stark auf psychische Belastungen und gerät so schnell aus dem Gleichgewicht wie der Magen- Darm-Trakt. Sollte etwa das primitive, schlangenförmige Verdauungsorgan über ein selbstständig arbeitendes Gehirn verfügen? Heute bestätigt die Neurogastroenterologie was lange Zeit absurd schien: Wir haben ein Bauchhirn oder – genauer gesagt – ein enterisches Nervensystem (ENS). Dort steuern mehr als 100 Millionen Nervenzellen die Speiseröhre, den Magen, den Dünn- und Dickdarm. Schon im Embryo wandern Nervenzellen in den Bauchraum und bilden eine hochintelligente Schaltzentrale im Darm. In seinem Röhrensystem wandern im Laufe eines 75-jährigen Lebens mehr als 30 Tonnen Nahrung und 50.000 Liter Flüssigkeit, deren chemische Substanzen, Gifte und Gefahren analysiert und gemeistert werden müssen. Das Bauchhirn ist eine riesige Chemiefabrik, die mindestens 40 Botenstoffe produziert und exakt reguliert. So entsteht hier zu 90 % das sogenannte Glückshormon Serotonin. Daher wirken stimmungsaufhellende Medikamente (Antidrepressiva) nicht nur im Kopf sondern auch im Darm mit Durchfall oder Verstopfung. Und wenn wir nach dem Essen ein Wohlgefühl empfinden, so verdanken wir dies der hohen Serotonin-Konzentration im Bauch. Heute hat die Medizin längst bewiesen, was vor einiger Zeit noch als Hirngespinst galt: Das Bauchhirn ist der Ort der Intuition. Es bietet Entscheidungshilfe, indem es uns signalisiert, wann wir Angst, Kummer und Wut ( Ich habe Wut im Bauch ) haben. Es vermag zwar nicht unsere Gedanken zu lesen, aber als hochsensibles Messgerät registriert es, was im Körper los ist. So kann es nur schon bei dem Gedanken an eine bevorstehende Prüfung Durchfall auslösen. Selbstverständlich stehen Bauchhirn und Kopfhirn in einem ständigen Austausch: Alle Reaktionen und Daten des Bauches landen in der Emotions-Gedächtnis-Bank des Kopfes.

Dieser Ausflug in Gehirn und Körper hat deutlich gezeigt, dass es nicht einGefühlszentrum gibt. Lange glaubte man, das limbische System sei die ausschließliche Gefühlszentrale. Inzwischen wissen wir, dass diese einseitige „Theorie der Lokalisation“ [40] dem variablen Geflecht von Hirnschaltungen, Botenstoffen und Darmsignalen nicht gerecht wird. Unsere Gefühle sind jederzeit mehr als die Summe ihrer Bestandteile, denn „das Entstehen der Emotionen im Gehirn lässt sich mit dem Stellungsspiel beim Fußball vergleichen: Jeder Spieler der Mannschaft ist nötig, und keiner von ihnen kann die Begegnung allein entscheiden – ebenso wenig wie ein einzelnes Hirnzentrum eine Emotion auszulösen vermag … Letztlich zählt also weniger der einzelne Fußballer, sondern wichtig ist das Zusammenspiel der Mannschaft.“ [41]

Für uns Pädagogen ist es daher wichtig, die starken Spielmacher und das ideale Zusammenspiel dieser Mannschaft zu kennen.

Das Schatzbuch der Herzensbildung - eBook

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