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Das limbische System

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Das limbische System liegt eingebettet zwischen den Hälften des Großhirns und ist mit dessen Denkregionen fest verdrahtet. Es ist die maßgebliche Hirnregion für das Entstehen, Verarbeiten und Speichern von Gefühlen. Hier wird jede Erkenntnis und jedes Erlebnis mit Emotionen eingefärbt . Das limbische System teilt sich seine vielfältigen Aufgaben: Der untere Teil ist für den körperlichen Ausdruck der Gefühle und der obere Teil für die bewusste emotionale Erfahrung zuständig. Als Gefühlszentrale spielt es eine wichtige Rolle beim Lernen, denn Teile des limbischen Systems sind für Lern- und Gedächtnisvorgänge zuständig. Hier wird jede eingehende Neuigkeit überprüft: Ist sie wichtig, positiv, negativ oder wenigstens witzig? Viele Informationen werden verworfen; gespeichert werden solche, an denen starke Gefühle gekoppelt sind. Wenn‘s ums Überleben geht, dann startet von hier aus unsere Kampf-Flucht-Reaktion. Bedroht uns z. B. ein Mensch, so empfinden wir Angst und schon schickt das limbische System den Steckbrief dieser angsteinflößenden Person ins Langzeitgedächtnis. Das limbische System steht in enger Beziehung zum vegetativen Nervensystem, das die Basis unserer körperbezogenen emotionalen Zustände bildet. Sein Nervengeflecht, das sich bis in die Brust-, Bauch- und Beckenregion zieht, stellt sozusagen die Körperlichkeit unserer Emotionen her. Geläufig ist uns das Sonnengeflecht (Solarplexus), das bei Angstzuständen die uns bekannte Magenbeklemmung verursacht.

Der lat. Begriff limbus bedeutet Rand, Saum und wurde deshalb gewählt, weil Teile des limbischen Systems an der Unterseite des Großhirns saum- bzw. ringförmig angeordnet sind. Zum limbischen System gehören fünf Hirnbereiche , die unser Gefühlsleben auf unterschiedliche Weise beeinflussen:

Der Thalamus

arbeitet als Relaisstation unserer sinnlichen Wahrnehmungen, der Geruchssinn ausgenommen. Hier werden die Empfindungen, die durch Berührung, Schmerz und Temperatur entstehen, interpretiert.

Der Hypothalamus

sorgt als Wächter in Notfällen dafür, dass der Geist den Körper beherrscht, um leistungs- und ausdauerfähig zu bleiben. Bei Schmerz, Wut und Aggression spielt er daher eine wichtige Rolle.

Der Hippokampus

ist der Verarbeiter und Verfestiger aller Informationen, die vom Thalamus und Hypothalamus eingehen. Diesen sensorischen Input leitet er je nach Bedeutung ans Kurz- oder ins Langzeitgedächtnis weiter. Er legt Gedächtnisspuren an und ist daher als Transferstelle im Lernprozess sehr wichtig.

Das Basalganglion

ist der Steuerer der feinmotorischen Abläufe unserer Gesichts- und Augenmuskeln. Diese brauchen wir, um unsere emotionalen Zustände anderen Menschen mitzuteilen.

Der Mandelkern [34]

besteht aus zwei kleinen mandelförmigen Ansammlungen von Neuronen, – je einen in jeder Hirnhälfte – die sich bereits in der 6. Schwangerschaftswoche ausbilden. Der Mandelkern spielt bei der Entstehung und Steuerung unserer Emotionen eine multifunktionale Rolle. Denn er verarbeitet eintreffende Daten, prüft ihren emotionalen Gehalt und macht uns auf Ereignisse aufmerksam, die unser Überleben gefährden. Er speichert lebenswichtige Emotionen wie Angst und löst unser Fluchtverhalten aus. Neue Studien belegen, dass Menschen mit Schädigungen im Mandelkern jegliche Angst und die Fähigkeit, den Gesichtsausdruck anderer zu deuten, verlieren.

Den Mandelkern beschäftigt vor allem eine Frage: „Ist das etwas, das ich nicht mag, das mich kränkt oder vor dem ich mich fürchte?“ Lautet die Antwort ja, dann schickt er sofort eine Krisenbotschaft an alle Gehirnteile und beeinflusst somit stark den Lernprozess. Ein Beispiel: Ein Kind kann nur holprig vorlesen und wird dabei von seinen Mitschülern ausgelacht. Die dabei empfundene Beschämung wird vom Mandelkern als Strafe gewertet. Später als Erwachsener wird diese angstvoll verschlüsselte Erfahrung in einer vergleichbaren Situation immer wieder hochkommen. Diese langfristige Blockade kann vermieden werden, wenn das angstauslösende Ereignis mit einer erfolgreichen Erfahrung neutralisiert wird. Denn jedes Ereignis, das Angst verursacht, landet zunächst im Kurzzeitgedächtnis und erst später im Langzeitgedächtnis. Und in der Zeitspanne dazwischen liegt die Chance der Veränderung. Dies erklärt, warum z. B. Akrobaten und Turnierreiter nach einem Sturz so rasch wie möglich wieder auf das Hochseil oder ihr Pferd steigen, um dem angstbesetzten Erlebnis keine Zeit zum Einnisten ins Langzeitgedächtnis zu geben. Der pädagogische Appell Versuch es nochmal! ist also sehr wertvoll. Übrigens: Menschen mit Mandelkern-Verletzungen sind in ihrem emotionalen Repertoire stark gestört. Der Psychologe Daniel Goleman [35] berichtet von einer solchen Patientin: „Wenn ihr jemand eine Pistole an die Schläfe hält, wüsste sie zwar vom Verstand her, dass sie sich fürchten muss, aber sie empfände keine Todesangst wie die anderen.“

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