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a. Die AufklärungsphilosophiePhilosophieAufklärungs-
ОглавлениеDie deutsche Schulphilosophie des 18. Jahrhunderts ist vor allem geprägt durch den Leibnizschen und Wolffschen RationalismusRationalismus. Bei ihm handelt es sich um eine Richtung, für die wahre Erkenntnis allein durch das begriffliche Denken möglich ist. Der neuzeitliche Rationalismus, der auf René DescartesDescartes, René (1596–1650) zurückgeht, erhielt seine grundlegende Ausprägung durch die Philosophie von Gottfried Wilhelm LeibnizGottfried Wilhelm LeibnizLeibniz, Gottfried Wilhelm. Wichtige Schriften von ihm sind die Monadologie von 1714 und vor allem sein Buch Versuche in der Theodicée über die Güte Gottes, die FreiheitFreiheit des Menschen und den Ursprung des ÜbelsÜbel von 1710. Leibniz unternimmt in diesem Buch den Versuch, die Güte Gottes angesichts der Übel in der Welt dadurch zu rechtfertigen, dass er zeigt, Gott habe die beste aller möglichen Welten geschaffen, aber zu dieser gehören notwendigerweise Übel hinzu. Er begründet seinen Versuch mit rein logisch-begrifflichen Mitteln. Gott ist ihm das ens summe perfectum (vollkommenste Wesen), er ist vollkommene Güte, Weisheit und allmächtig im Unterschied zur geschaffenen Welt, die end[53]lich und damit notwendig unvollkommen sein muss. Andernfalls wäre sie von Gott nicht unterschieden.
LeibnizLeibniz, Gottfried Wilhelm unterscheidet streng zwischen den Vernunft- und GeschichtswahrheitenGeschichtswahrheitenWahrheiten der VernunftVernunft und denen der Geschichte. Während jene ewig und unveränderlich sind, kommt diesen ein anderer Status zu. Sie sind kontingent, das heißt veränderlich, und können auch nicht sein. Die Aussage ‚Morgen geht die Sonne auf‘ bezieht sich auf eine Tatsache, von der man allein dann wissen kann, wenn sie eingetreten ist, aber ‚zwei mal zwei ist vier‘ ist unabhängig von aller Erfahrung immer und überall wahr. Geltende WahrheitWahrheit lässt sich folglich nicht durch Tatsachen begründen. Wirksam wurde der Leibnizsche RationalismusRationalismus insbesondere durch den Hallenser Philosophen Christian WolffWolff, Christian. Er baute die PhilosophiePhilosophie zur methodischen Leitwissenschaft aller akademischen Disziplinen aus. Dabei bediente er sich der mathematischen MethodeMethodemathematische des mos geometricus (EuklidEuklid [3. Jahrhundert v. Chr.]) als Inbegriff einer wissenschaftlichen Darstellungsart. Vernunft und Offenbarung, davon geht Wolff aus, widersprechen sich nicht. Sie stehen in Harmonie miteinander. Die göttliche Offenbarung stimmt mit der Vernunft überein, der strenge Allgemeinheit zukommt. Wolff hatte einen starken Einfluss auf die Theologie des 18. Jahrhunderts. Über den Hallenser Theologen Sigmund Jacob BaumgartenBaumgarten, Sigmund Jacob (1706–1757) wirkte er auf die sich in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts herausbildende NeologieNeologie.
Anders der EmpirismusEmpirismusEmpirismus. Er bestreitet, dass Erkenntnis durch das Denken möglich sei und behauptet, alles Wissen entspringe aus der Erfahrung. Die Quelle der ErkenntnisErkenntnis, Quelle der ist also nicht wie im RationalismusRationalismus der urteilende Verstand, sondern die Erfahrung. Die Hauptvertreter des Empirismus sind die englischen Denker John LockeLocke, John (1632–1704) und David HumeHume, David. Sie fassen den menschlichen GeistGeistmenschlicher, Menschen- als eine tabula rasa (leere Tafel) auf, die durch sinnliche Anschauungen gefüllt wird. Begriffe und KategorienKategorien (Philosophie) sind sekundäre Abstraktionen. Sie entstehen, indem der Geist aus den sinnlichen Eindrücken allgemeine Strukturen herauspräpariert und zusammenfasst. Auch der Gottesgedanke verdankt sich, wie Hume in seiner Schrift Eine Untersuchung über den menschlichen Verstand von 1748 ausführt, einer solchen Operation des Geistes. Seine Philosophie wurde in Deutschland durch Friedrich Heinrich JacobiJacobi, Friedrich Heinrich rezipiert. In seinem Buch Über die Lehre des SpinozaSpinoza, Baruch de in Briefen an den Herrn Moses MendelssohnMendelssohn, Moses von 1785 behauptet Jacobi [54]unter dem Einfluss der Humeschen skeptischen Philosophie einen strikten DualismusDualismus von Glauben und Wissen beziehungsweise von VernunftVernunft und Offenbarung. Jacobi ist der erste, der die These vertritt, dass Gott nicht erkannt werden könne, sondern nur dem GefühlGefühl zugänglich sei. Das beinhaltet einen Frontalangriff gegen die Wolffsche Philosophie und die von ihr abhängige NeologieNeologie. Weitere Kritiker der aufklärerischen Synthese von Offenbarung und Vernunft sind der Königsberger religiöse Schriftsteller Johann Georg HamannHamann, Johann Georg (1730–1788) sowie der Züricher Prediger und Schriftsteller Johann Casper LavaterLavater, Johann Casper (1741–1801).
Literatur
Georg Essen/Christian Danz (Hrsg.): Philosophisch-theologische Streitsachen. PantheismusstreitPantheismusstreit – Atheismusstreit – Theismusstreit, Darmstadt 2012.
Gottfried Gabriel: Grundprobleme der ErkenntnistheorieErkenntnistheorie. Von Descartes zu Wittgenstein, Paderborn/München/Wien/Zürich 21998.
Helmut Holzhey/Wilhelm Schmidt-Biggemann (Hrsg.): Grundriss der Geschichte der Philosophie: Die Philosophie des 17. Jahrhunderts. 2 Bde.: Das Heilige Römische ReichRömisches Reich Deutscher Nation. Nord- und Ostmitteleuropa, Basel 2001.
Gottfried Wilhelm LeibnizLeibniz, Gottfried Wilhelm: Monadologie, Stuttgart 1954.
Michael Murrmann-Kahl: Der PantheismusstreitPantheismusstreit, in: Georg Essen/Christian Danz (Hrsg.): Philosophisch-theologische Streitsachen. Pantheismusstreit – Atheismusstreit – Theismusstreit, Darmstadt 2012, S. 93–134.
Heinrich Scholz (Hrsg.): Die Hauptschriften zum PantheismusstreitPantheismusstreit zwischen JacobiJacobi, Friedrich Heinrich und Mendelssohn, Berlin 1916. ND Waltrop 2004.
Aufgaben
1 Informieren Sie sich in dem Buch von Gottfried Gabriel über die erkenntnistheoretischen Debatten im Zeitalter der Aufklärung.
2 Schreiben Sie einen Essay über den Unterschied von Rationalismus und Empirismus.
3 Über welche Themen wurde in dem PantheismusstreitPantheismusstreit zwischen Friedrich Heinrich JacobiJacobi, Friedrich Heinrich und Moses Mendelssohn gestritten?