Читать книгу CYTO-X - Christian Schuetz - Страница 29
19 - Bank-Job
ОглавлениеBrugger stieg die Stufen zum Eingang der „Banken Letzebuerg“ hinauf. In seiner rechten Hand trug er einen Koffer, den Erik besorgt hatte, während Brugger unter der Maske hatte leiden müssen. Der Koffer hatte ein ungefähres Fassungsvermögen von zehn Litern, ähnlich wie das Bankfach. Da es sich mit ziemlicher Sicherheit um Geräte auf organischer Basis handeln musste, würde es wohl kein Gewichtsproblem geben, aber Brugger hatte trotzdem Angst, dass da noch ein schwerer Barren Blei oder Ähnliches im Fach liegen könnte.
Oder ein Container mit der Aufschrift „hochexplosiv – nicht schütteln“! Es fiel ihm schon recht einfach, hierzu irgendwelche Horror-Szenarien zu generieren. Das Schlimmste, das er entwickelt hatte, war Folgendes: Ein Wissenschaftler aus der Zukunft wollte Erik Zsolt-Stolz töten und hatte deshalb einen perfiden Plan entwickelt, der ihn in die Bank führen sollte. Beim Öffnen des Schließfachs würde eine Bombe gezündet oder ein fieses tödliches Gift freigesetzt, das ihn innerhalb von Sekunden in ein zuckendes Häufchen Elend verwandelte. Oder wie wäre eine Säure, die sich beim Öffnen der Box mit der Luft vermischte und ihn restlos zersetzte?
Wenn man in der Wissenschaft tätig war, wusste man, dass die am weitesten fortgeschrittene Technologie immer dazu diente, Leben auf immer neue und kreativere Weise zu nehmen. Es war stets Geld dafür da, neue tödliche Geräte oder Substanzen zu entwickeln. Die Medizin musste da betteln, wo man den Waffenentwicklern das Geld von hinten und vorne reinschob. Und Brugger zweifelte ernsthaft daran, dass sich das innerhalb von fünfhundert Jahren ändern würde.
Die Tür zur Bank öffnete sich automatisch, und Brugger trat ein in einen herrlich gekühlten Marmortempel. Laut Eriks Recherchen eine renommierte Bank mit langer Geschichte und sehr seriös, mit angemessenen Sicherheitsstandards und der Kunde war hier wirklich König. Brugger stand in der Schalterhalle und sondierte das Personal. Erik hatte ihm einen Tipp gegeben: Er sollte sich den Angestellten aussuchen, der ihm auf Anhieb am unsympathischsten wäre!
Dies sei ein altbewährter Trick, hatte Erik ihm schmunzelnd anvertraut. Frauen sollte er von vorneherein ausschließen, weil diese Männer leichter durchschauten und Reaktionen, vor allem in den Augen und der Mimik, viel deutlicher lesen konnten. Falls es nur Frauen geben sollte, dann sollte er bloß keine hübsche wählen! Sobald er sich also für einen jungen Mann an einem Schalter entschieden hatte, sollte er kurz all seinen Vorurteilen freien Lauf lassen und in Gedanken über den Kerl herziehen.
Eine gute Dosis Unfreundlichkeit stellte sicher, dass der Angestellte alles daran setzen würde, die Aufgaben so schnell wie möglich hinter sich zu bringen. Offene Feindseligkeit wäre unangebracht, aber es sollte einfach rüberkommen, dass man von seinem Gegenüber nicht sonderlich viel hielt.
Diese Philosophie fand Brugger anfangs erschreckend, nach etwas Überlegen dann aber doch erschreckend einleuchtend. Er hatte auf der restlichen Fahrt noch ein wenig trainiert: „Was für ein billiger Anzug! Und was für eine Visage! Wenn Emma so einen anschleppt, würde ich sie enterben!“
Er musste mehrmals anfangen, weil er sich anfangs etwas schämte und auch immer wieder zu lachen anfing. Aber nach einer Weile fühlte er sich sicherer und war schon gespannt darauf, wie gut das funktionieren würde. Kaum war er in der Schalterhalle, erblickte er einen rothaarigen jungen Kerl von vielleicht achtzehn Jahren, mit abstehenden Ohren und einem leichten Überbiss. Er wollte schon losmarschieren, da merkte er, dass er hart sein konnte, aber nicht grausam.
Außerdem hatte der Rothaarige bereits eine Kundin, also ließ er den Blick weiter wandern und erspähte dann, zwischen den meist weiblichen Angestellten, doch noch einen jungen Mann. Das mit dem billigen Anzug stimmte schon mal, dann hatte er noch sehr helle Haut und dunkle Ringe unter den Augen, so dass er optisch etwas rattenhaft auf ihn wirkte.
Das ging schnell, wenn man etwas Übung darin hatte. Respekt!
Fast hätte ihn die junge Dame am benachbarten Schalter abgefangen, aber Brugger setzte seinen Weg zum Auserkorenen fort. Er stellte sich einen Haufen Gold vor, auf dem eine grinsende Ratte saß. Für Leute aus dem Finanzgeschäft hatte er noch nie viel übrig, was es sehr einfach machte. Allerdings musste er sich dann doch etwas einbremsen, sonst wäre er noch innerlich eskaliert.
Der harte Akzent auf seinem Englisch passte für einen Norweger auch hervorragend und Bruggers Forderung, das Schließfach zu öffnen, war unfreundlich genug, so dass der junge Mann nur kurz nickte und nach einem schnellen Blick auf den Reisepass schon die Unterlagen holte. Brugger ärgerte sich fast über die drei Stunden in der Maske, weil „Rat-Boy“ das Bild darin kaum angeschaut hatte.
Der Zugangsnachweis zu Magnussens Schließfach wies tatsächlich erst eine einzige Unterschrift auf, sie stammte aus dem Jahre 2007, einem Zeitpunkt, der ziemlich genau drei Wochen vor dem tödlichen Lawinenunglück lag. Hier in Luxemburg wusste niemand, dass der Professor nicht mehr am Leben war.
Woher auch? Brugger malte ein mustergültiges großes M und schmierte den Rest des Namens so „magnussenesk“, dass er richtig stolz auf sich war. „Rat-Boy“ bat ihn, kurz gegenüber in einem Wartebereich mit gemütlicher Leder-Garnitur Platz zu nehmen.
Brugger ließ sich zufrieden ins Leder sinken und schaute eine Weile dem Treiben in der Bank zu. Er war seit Jahren nicht mehr persönlich in einer Bank gewesen, seit er alles online erledigen konnte. Kredite brauchte er nicht und Sparkonten oder ein paar Aktiengeschäfte bedurften auch keiner physischen Anwesenheit in einem Geldtempel. Hier war viel schöner Schein geboten, und er war froh, dass in seinem Metier auf Äußeres so wenig Wert gelegt wurde.
Andererseits gab es hier auch was fürs Auge, besonders für das männliche. Er hörte das Klacken der Absätze, bevor er die große Blonde aus dem hinteren Bereich der Bank kommen sah. Sie lächelte ihn im Vorbeigehen kurz an, so schnell, dass er keine Chance hatte, sich zu revanchieren und dann blickte er ihr hinterher. Das war kein billiges Outfit, was die Dame anhatte. Na ja, dachte Brugger, bei der Figur sieht wohl auch Sackleinen teuer aus.
„Blondie“ steuerte auf „Rat-Boy“ zu. Brugger versuchte zu schätzen, wer von beiden wohl älter sei, aber rief dann ein Unentschieden aus. Wer auf der Karriereleiter der Bank aber bereits höher gestiegen war, war offensichtlich. „Blondies“ warmes Lächeln war verschwunden, in dem Moment, als sie „Rat-Boy“ erreicht hatte oder es war zu einem dämlichen Grinsen mutiert und in dessen Gesicht übergesprungen, so genau war das nicht zu sagen.
Als sie ihm aber das Dokument abnahm, das er ihr reichte, kapierte Brugger, dass diese Dame für ihn erschienen war. Gehobene Privatkundenbetreuung sozusagen, aber er hätte darauf gut verzichten können, denn nun setzte die Nervosität richtig ein.
Guter Rat von dir, Erik! Meide hübsche Frauen! So viel dazu!
Sie kam strahlend auf ihn zu, so als wäre er schon immer ihr Lieblingskunde gewesen. Brugger spürte wie ihm die Farbe ins Gesicht schoss.
Beruhige dich! Als Magnussen das letzte Mal hier war, ging die noch zur Schule!
„God Dag, Professor Magnussen! Solange Reignier! Hvordan gar det?“, fragte sie beim Händeschütteln.
Und jetzt?
Entweder hatte sie gefragt, wie es ihm geht oder festgestellt, dass man sich lange nicht gesehen hatte. Gab es noch andere typische Floskeln? Brugger überlegte, ob er sich lieber mit einer schnellen Flucht oder einer gespielten Ohnmacht aus der Affäre ziehen sollte, wobei er für die Ohnmacht nicht mehr viel spielen müsste.
Er wich ihren Augen aus und stammelte: „God Dag!“
Das war alles, was er gerade auf Norwegisch sagen konnte, ohne sich bloßzustellen. Durch die Aufregung verschluckte er sich aber und begann erst zu röcheln und dann auch noch zu husten. Er hatte Angst, dass er sich die Maske von der Visage husten würde. Die junge Dame, die sich gerade als „Solange“ vorgestellt hatte, fragte besorgt, nun zum Glück auf Englisch, ob sie ihm etwas zu trinken bringen dürfte.
Brugger nickte und setzte sich wieder auf die Ledercouch. Er realisierte, dass es mit dem norwegischen Wortschatz bei Solange doch nicht so weit her war und schaute sich um, ob er irgendwo sein Gesicht kontrollieren konnte. Links von ihm war ein Werbeaufsteller mit einer Glasfront. Er beugte sich über die Lehne der Couch und sah, dass wohl noch alles an seinem Platz war. Einige Augenpaare in der Halle waren auf ihn gerichtet. Mit der Unauffälligkeit war es also schon ein wenig vorbei. Die Blonde würde sich sicher eine Weile an ihn erinnern.
Er räusperte sich weiter, um den Frosch endgültig aus dem Hals zu kriegen. Als Solange mit dem Glas Wasser kam, ging es eigentlich schon wieder; er entschloss sich aber, etwas heiser zu spielen, damit sie ihn nicht weiter mit ihren Sprachkenntnissen beeindrucken würde.
Brugger sagte, er hätte Probleme mit dem Hals und sie hätte ihn mit seiner Muttersprache überrascht. Dann schwieg er und hielt sich damit an einen weiteren Rat, den Erik ihm gegeben hatte: „Falls dich jemand was fragt, sag wenig und verwende einfache Worte und kurze Sätze!“
Seine Kundenbetreuerin führte ihn dann in die Eingeweide der Bank, nach unten in den Keller, der mit vielen Sicherheitsschleusen und Stahltüren ausgestattet war. Sie erwähnte auf dem gemeinsamen Weg kurz, dass sie natürlich kein Norwegisch sprach, aber es sich angewöhnt hatte, ausländische Kunden immer in der Landessprache zu begrüßen. Das wäre für sie ein Zeichen des Respekts, und Luxemburg läge so zentral in Europa und wäre so klein, dass es ohne eine gewisse Mehrsprachigkeit gar nicht ging.
Brugger hatte sich wieder ein wenig beruhigt und versuchte nun in Gedanken über Solange zu lästern, um sich so wieder auf eine gewisse unfreundliche Distanz zu bringen. Er konnte höchstens mutmaßen, dass ihr erfreuliches Erscheinungsbild ihre Karriere beschleunigt hatte, aber so richtig herziehen über sie ging nicht. So versteckte er sich weiter hinter kurzen, gebrummelten Worten und wartete auf seine Erlösung.
Gerade als Bruggers Blick sich ein wenig an ihrem Allerwertesten festgesaugt hatte, erreichten sie einen Terminal. Er blickte auf und erkannte, dass sie ihn mit den Augen gerade tadelte. So hatte es unterbewusst also doch noch funktioniert mit dem „Unbeliebtmachen“. Juhu! Sie bat ihn, an dem Terminal, der fast wie eine Wahlkabine mit Sichtschutzwänden verbaut war, Name, Vorname und Passwort einzugeben.
Brugger trat an die Tastatur und schon sauste sein Finger zielsicher auf das B. Mit zittrigen Händen fand er die Rücktaste und löschte es wieder. Für die Sichtschutzwände war er nun sehr dankbar. Langsam tippte er nun „Magnussen“, „Thorwald“ und „Novalik“ ein und dann auf „Bestätigen“. An der Stahltür neben ihm leuchtete nun eine grüne Lampe auf, und das Schloss wurde deutlich hörbar geöffnet.
Er folgte Solange in den Tresorraum mit den Schließfächern. Sein Fach war eines in der untersten Reihe, sehr groß, musste immerhin auch zehn Liter fassen. Solange ging leicht in die Hocke, um den Schlüssel der Bank einzuführen und wartete dann darauf, dass er das zweite Schloss öffnete.
Bruggers Finger waren nun fast noch zittriger als an der Tastatur vorhin, aber er schaffte es gerade so. Das Fach schwang auf, und er sah einen dunkelgrauen Behälter, der auf kleinen Schienen saß. Dies war also noch nicht das große Geheimnis, sondern ein Bestandteil des Schließfachs.
„Machen Sie nur eine Entnahme oder auch eine Befüllung?“, fragte Solange. Brugger war so in Gedanken, dass er sie zwar reden hörte, aber keine Ahnung hatte, was sie gerade von ihm wollte. „Falls Sie etwas Zeit benötigen, zeige ich Ihnen einen kleinen Raum, in dem Ihnen Büromaterial und sogar ein Internetzugang zur Verfügung stehen.“
Brugger kapierte nun und deutete ihr mit den Händen fuchtelnd an, dass er nur transferieren würde. Es ging jetzt gar nicht darum, den Heiseren weiter zu spielen. Er hatte einfach nur einen so dicken Kloß im Hals, dass er gar nichts mehr sagen konnte.
„Ich erinnere Sie daran, dass wir in diesem Raum Kameras an den Wänden haben.“ Dabei zeigte sie in die oberen vier Winkel des Raumes, in denen die Überwachungskameras montiert waren. „Falls Sie möchten, können Sie den Container in den Nebenraum dort hinter der schwarzen Tür nehmen. Dort sind keine Kameras installiert.“
Sie zeigte auf die Tür, und Brugger war schockiert, wie unaufmerksam er vor lauter Aufregung war. Die Tür war nicht gerade klein und farblich deutlich von den silbernen Schließfächern abgesetzt, aber wahrgenommen hatte er sie bisher nicht.
Solange leierte routiniert die weiteren Informationen herunter. Brugger bekam noch so einigermaßen mit, dass sie ihn nun allein lassen würde, dass er sie mit der Gegensprechanlage rufen könnte, dass in beiden Räumen rote Notfallknöpfe installiert waren, falls Unerwartetes geschehen sollte und dass er am Ende den Container zurück ins Fach schieben und abschließen sollte. Der Gegenschlüssel der Bank sei dafür nicht notwendig.
„Bis gleich, Herr Professor! Falls ich in fünfzehn Minuten nichts von Ihnen höre, muss ich Sie gemäß der Sicherheitsbestimmungen unserer Bank auf dem Intercom rufen. Wenn Sie nicht antworten, dann müssen wir den Raum von außen öffnen. Ansonsten kann bis dahin niemand durch diese Tür kommen.“
Sie nickte ihm kurz zu, nahm den Schlüssel der Bank mit und ließ ihn alleine zurück.
Als erstes stützte Brugger sich schwer atmend auf dem Tisch in der Mitte des Raumes ab. Er hatte die letzten Minuten vor Spannung wohl die Luft angehalten, so ausgepumpt war er. Aber er wollte nun auch nicht länger als unbedingt nötig in dieser Bank verweilen, also packte er den Container am Griff und zog ihn heraus. Eine Art Doppelschiene sorgte dafür, dass das Behältnis komplett herausgezogen werden konnte, bis man es an zwei seitlich angebrachten Klappgriffen bequem aus der Führung heben konnte.
Schwer war der Container schon mal nicht, das freute ihn. Er trug den Container zur schwarzen Tür, die er mit dem Hinterteil bequem aufdrücken konnte und stellte den Kasten im Nebenraum auf einen Tisch. Danach holte er seinen Koffer und stellte ihn neben den Container.
Brugger war leicht schwindlig und er bemerkte, dass er wieder hyperventilierte. Dafür hatte er nun wirklich keine Zeit, aber zum Glück hatte er noch die Plastiktüte von der Raststätte in einer Tasche seiner Hose verstaut. Ein paarmal tief in die Tüte geatmet und es ging wieder. Er würde in Zukunft darauf achten, immer eine Tüte dabei zu haben, wenn er wieder illegale Unternehmungen vorhatte.
Brugger öffnete den Container an zwei Schnapp-Verschlüssen und zuckte zusammen, denn es zischte, als er den Deckel anhob. Er merkte nun, dass der Behälter leicht gekühlt war und dass die Kühle wohl eher aus dem Inneren kommen musste. Er beugte sich über den Behälter und blickte hinein.
Da lag obenauf ein Stofffetzen, irgendetwas aus Leinen. Er nahm ihn heraus und erblickte dann eine flächendeckende Schaumstoffauflage mit fünf Aussparungen; vier großen und einer kleinen in der Mitte. In den großen befanden sich vier matt-graue Ringe von circa zehn Zentimetern Durchmesser, in der kleinen ein rechteckiges Teil, das wie ein Akku für eine Kamera aussah oder wie ein „Mini-Neuro“. Brugger vermutete zweites wäre wahrscheinlicher.
Er hob die komplette Schaumstoffauflage heraus und als er sie auf den Tisch neben seinen Koffer legte, konnte er schon das grüne Leuchten aus der Box sehen. Er lugte über den Rand und sah ein rundes Behältnis, das scheinbar weder einen Verschluss noch eine andersartige Zugangsmöglichkeit zu dem eigenartigen Inhalt aufwies.
Auch dieser Behälter lag in einer Schaumstoffauflage, die wohl den Boden des Containers bedeckte. Brugger hob nun auch diese Auflage heraus und legte sie vorsichtig auf den Tisch. Die Flüssigkeit, die wohl offensichtlich reines Cyto-X darstellen sollte, waberte in dem Behälter neon-gift-grün vor sich hin.
Brugger hielt die Hand dicht darüber. Entweder strahlte diese Flüssigkeit die Kälte aus oder die dünne Schicht, die sie umgab, denn mehr war dieser Behälter nicht; eine dünne, membran-artige Schicht um das Cyto-X herum. Brugger schätzte, dass das ungefähr drei Liter sein mussten, oder sogar mehr.
Wie das funktionierte oder wie man an das Cyto-X gelangen sollte, für solche Fragen war jetzt keine Zeit. Das neunmalkluge Neuro würde das sicher verraten, wenn Erik es befragte. Brugger hob zunächst die Auflage mit dem Behälter in den Koffer, danach obendrauf die Auflage mit den Ringen und deckte es dann mit dem Leinenfetzen ab, ebenso wie es zuvor im Bankcontainer angeordnet war. Allein von der Farbe des Cyto-X konnte einem schon übel werden.
Würde man nach der Blutwäsche zu einem grünen Männchen mutieren?
Brugger klappte den Koffer zu und ließ die Schlösser einrasten. Die Kühle, die das Cyto-X abstrahlte war mit einem Schlag ebenso verschwunden, wie das grüne Leuchten. Zurück blieb ein leicht panischer Professor, der kurz vor der Rente stand, in einem kleinen stickigen Kämmerchen im Keller einer Bank.
Brugger fummelte den Kragen seines Hemdes etwas auf. Er musste hier schnell raus, bevor er sich übergeben musste. Unter Klaustrophobie litt er eigentlich nicht, aber aus irgendeinem Grund bewegten sich hier unten die Wände auf ihn zu und raubten ihm den Atem.
Er wollte gerade den Deckel wieder auf den Behälter drücken, als er merkte, dass es zu spät war. Er blickte links und rechts nach einem Mülleimer, nach irgendetwas, in das er sich hinein übergeben konnte, aber offensichtlich stand dafür in diesem Moment nur ein Behältnis zur Verfügung.
Glücklicherweise hatte er aufgrund seiner Nervosität heute nicht viel zu sich genommen, aber das machte die Aktion nicht weniger peinlich. Noch mehr auffallen, als er das schon getan hatte mit seinem Hustenanfall in der Halle, wollte er nun wirklich nicht, also verschloss er den Container und legte damit den Mantel des Schweigens über sein Malheur.
Die Schnapper waren sehr stramm, also war es unwahrscheinlich, dass das jemals auffallen würde. Er trug den Behälter zurück zum Fach und sperrte sein Frühstück im Dunkel des Schließfachs ein.