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28 - Kartoffelkeller

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Erik war nach dem Trinkspruch mitsamt eines kleinen Akku-Staubsaugers in den fehlkonstruierten Bunker abmarschiert. Staub und Spinnweben würden ihn zwar nicht gefährden, aber es gab ihm doch ein besseres Gefühl, wenn der Raum gründlich sauber wäre.

Viel zu tun, gab es nicht. Offensichtlich hatte jemand vor nicht allzu langer Zeit bereits dort durchgesaugt. Der Raum war sogar so sauber, dass man hätte einziehen können. Falls man auf Annehmlichkeiten, wie fließendes Wasser und eine Toilette verzichten konnte. Ein Bunker war dies wahrlich nicht, aber auch kein Kartoffelkeller. Nein, das war der ideale Ort für das große Vorhaben.

Wieder musste Erik sich wundern. Konnte das alles wirklich so aus der Zukunft gesteuert worden sein? War er irgendwie zu Emma „dirigiert“ worden? Vielleicht hatte jemand die Rankings der Gehirnchirurgen frisiert, damit er in ihrem Wartezimmer landen konnte? Denn nur so konnte er mit Brugger Bekanntschaft machen und nur so konnte er Magnussens Hinterlassenschaften finden, die wohl explizit an ihn gerichtet waren.

Und was war mit den Zufällen, dass Emmas Mutter ein Dialysegerät im Haus herumstehen hatte und dass ihr Vater einstmals unwissentlich den perfekten Raum für die Zeitreise gebaut hatte? Diese Sachen waren praktisch, aber er hätte sich notfalls ein solches Gerät kaufen und einen passenden Raum mieten können. Aber seltsam war dies alles schon.

„Grübelst du schon wieder?“, wurde er plötzlich von oben aus der Luke gefragt.

Erik zuckte zusammen und schaute hoch zu Emma. Sie saß am Rand der Luke und ließ die Beine in den Kartoffelkeller baumeln. Er freute sich, sie zu sehen. Vor allem hatte sie wieder bessere Laune als vorhin, als sie fast wortlos gegangen war. Er reichte ihr den Staubsauger.

„Hier! Nimmst du mir den bitte ab?“ Emma tat wie gewünscht und stieg dann herunter zu ihm.

„Und? Zufrieden mit dem Bunker?“

„Ja, dein Dad hat mir die Geschichte erzählt. Dein Großvater hat es gut gemeint, aber zum Glück wurde der Bunker nie gebraucht.“ Er grinste sie etwas verlegen an. „Lebt er noch?“

Emma schüttelte den Kopf. „Nein, vor zwei Jahren gestorben.“

Sie schien aber ebenso verlegen zu sein, wie Erik, der ihr kurz sein Beileid aussprach. Vielleicht machte es die Enge des Raumes, aber irgendwie wussten beide gerade nicht so richtig, was sie sagen sollten.

„Opa hatte hier so Obstregale und eine alte Couch reingestellt“, sie musste lachen, als sie sich daran erinnerte. „Kannst du dir vorstellen, wie eng das hier war?“

„Und nicht zu vergessen: Keine Toilette!“ Erik musste nun auch glucksen.

„Wir haben das hier vor ein paar Jahren ausgeräumt. Alles kaputt und vermodert. Meine Mom wollte hier irgendwelche Sachen einlagern, aber wir haben dann bemerkt, dass die Luke nicht richtig abdichtet. Ich glaube, wir hätten hier unten keine fünf Stunden ausgehalten.“

Erik nickte grinsend und rieb seine Handflächen an seiner Jeans. Er hätte das Gespräch über diesen gescheiterten Bunker gern weitergeführt, aber er wusste auch, dass es hier eigentlich nicht um diesen Raum ging. Emma wollte ihm etwas sagen.

Sie legte den Kopf ein wenig zur Seite und ahmte einen Hundeblick nach. „Sorry wegen gestern! Ich war nur so geschockt. Ich liebe San Francisco und die Brücke. Ich hab' in Berkeley sogar ein Semester studiert.“

Sie streckte die Hand aus und rieb ihm den Oberarm. „Bist du noch böse?“

Erik hatte mit dieser Entschuldigung nicht gerechnet, aber bei dieser letzten Frage zuckte er sichtlich zusammen. „Ich war nie böse auf dich! Ich dachte, du wärst auf MICH sauer und dass du wegen meines Jobs ...“

Er wusste nicht, wie er den Satz vollenden sollte. Er hatte an so was gedacht wie: „Dass du mich nicht mehr willst!“ Aber das schluckte er nun herunter, weil es angesichts der Reise einfach ein blöder Moment war, über seine Gefühle zu reden und was daraus werden könnte.

Emma reagierte spontan auf seine Unbeholfenheit, beugte sich vor und küsste ihn. Es war sicher nicht der leidenschaftlichste Kuss, dazu war Erik viel zu unvorbereitet und deshalb einfach passiv geblieben, aber zumindest hatte nun der peinliche Small-Talk und das nervöse gegenseitige Entschuldigen ein Ende.

„Ich dachte, nie mit Patienten.“

„Na ja, dann kann ich dich leider nicht mehr behandeln.“

Nun küsste er sie. Auch wenn er deutlich mehr Erfahrung mit Frauen hatte, als sie mit Männern, so waren sie trotzdem beide Anfänger, wenn es um Beziehungen und echte Gefühle ging. Erik war nur froh, dass er das Neuro in der Küche hatte liegenlassen. Mit dem Gerät hätte er sich beobachtet gefühlt, irgendwie.

Erik umarmte sie, schob eine Hand unter ihr T-Shirt. Er spürte, wie sie sich an ihn drückte. Ihr Körper schmolz sozusagen gegen seinen. Es war herrlich! Seit sie sich vor einer Woche bei ihm gemeldet hatte, dachte er nun schon an solche Momente und nun wurde einer davon Wirklichkeit.

Eriks Blick fiel auf die offenstehende Luke. Das Neuro konnte sie nicht beobachten, aber wie peinlich wäre es, wenn Brugger sie so im Keller erwischen würde?

Emma hatte den besorgten Blick offensichtlich bemerkt. Sie löste sich aus der Umarmung, stieg schnell die Leiter hoch, schloss die Luke und verriegelte von innen. Atomschlagsicher waren sie nicht, aber zumindest ungestört.

Erik schluckte als sie auf ihn zukam. Sie wollte ihn, das war klar. Erik hatte Bedenken, wegen der doch etwas dummen Gesamtsituation, aber so, wie Emma sich ihm gerade anbot, konnte er nicht Nein sagen. Ihr Mund fand seinen so abrupt, dass sie kurz mit den Zähnen aneinanderstießen.

Die Lust besiegte die Logik und Erik legte seine Hand auf ihre Brust. Emma stöhnte und schob ihre Hand in seinen Schritt. Sie begannen, sich gegenseitig die Kleider vom Leib zu zerren. Er küsste ihren Körper und sie den seinen. Der Raum bot keine Annehmlichkeiten also mussten sie im Stehen zueinander finden.

Emma zog ihn ein paar Schritt mit sich, bis sie mit dem Rücken an der Wand stand. Erik spürte, wie sie ein Bein anhob und es um seine Hüfte legte, sich so für ihn öffnete. Die Sorgen um die Zukunft einer solchen Beziehung waren im Rausch der Begierde untergetaucht und Erik drang in sie ein.

Erik war kein Kind von Traurigkeit. Er hatte viele Affären genossen, aber das hier war etwas anderes. Erfüllender und gleichzeitig beängstigend. Emma schien von innen heraus zu glühen. Spielte die Wahrnehmung ihm einen Streich? Er ertappte sich dabei, dass er kurz an seinen Kopf fasste und prüfte, ob er das Neuro nicht doch aufhatte.

Er konnte spüren, dass auch Emma zerrissen war zwischen Vernunft und Verlangen. Sie wand sich, stöhnte und zerkratze ihm leicht den Rücken. Dann schrie sie ihre Lust heraus und Erik kam in ihr, bis sie beide erschöpft auf den Boden sanken.

Der Raum hatte sich durch ihren Akt richtiggehend aufgeheizt und so war es nicht unangenehm auf dem kühlen Boden zu sitzen. Emma schaute ihn an, spielte mit einer Hand an ihren Haaren und mit der anderen berührte sie ihn immer wieder im Gesicht, an Armen und Beinen. Sie sah glücklich aus, aber Erik war schnell wieder am Grübeln.

Er hatte sich nie verlieben wollen. Wenn er Lust auf Gesellschaft hatte, dann besuchte Erik eine der vielen Partys voller oberflächlicher Menschen. Ein Sammelsurium an Eitelkeiten und Dummheit. Die meisten Frauen dort sorgten sich zwölf Stunden pro Tag um ihr Aussehen. Die Männer frönten dem „Schwanzvergleich“, indem sie sich gegenseitig mit der Größe ihrer Autos und Yachten imponieren wollten.

Erik verachtete diese Leute nicht, aber da er durch seine berufliche Tätigkeit zum Einzelgängertum verdammt war, umgab er sich lieber mit Menschen, mit denen er eigentlich nichts zu tun haben wollte. Eben in diesem Umfeld hatte er sich auch immer seine Kurzzeit-Freundinnen gesucht. Intelligenz bei Frauen scheute er, denn das stellte in seinen Augen wahre Attraktivität dar und war deshalb gefährlich. Ideal waren für ihn Models mit dem IQ eines Schnitzels.

Kennenlernen, Spaß haben und abservieren! Vielleicht nicht gerade edel, aber Erik heuchelte auch nie große Gefühle vor. Derzeit wartete ein südafrikanisches Model darauf, dass er sich mal wieder für ein paar heiße Stunden bei ihr meldete. Die Telefonnummer konnte er wohl nun löschen.

„Willst du noch immer reisen?“, unterbrach Emma seine Gedanken, während sie seinen Kopf nun sanft gegen ihre Brüste drückte.

Erik keuchte fast, weil ihm die Antwort wehtat. „Emma, jetzt noch mehr als zuvor. Du würdest sonst garantiert zum Ziel werden.“

Er spürte förmlich den Schauer, der bei seinen Worten durch ihren Körper ging. „Ich verstehe! War es falsch, was wir gemacht haben?“

„Hat sich nicht falsch angefühlt!“, sagte er spontan, obwohl das ein wenig geschummelt war, bei all den Sorgen die sich Erik auch während des Akts gemacht hatte.

„Das war dann wohl der gefährlichste Sex, den ich bisher in meinem Leben hatte!“, sagte Emma mit gespielt verruchter Stimme. Oder doch nicht so gespielt? Erik spürte ihre Hände nun wieder etwas aggressiver.

„Emma? Das mit dem Ziel und so, das ist mein Ernst. Ich habe dich hiermit ... wirklich in Gefahr gebracht.“ Er hob den Kopf von ihren Brüsten und schaute sie an, wollte sehen, ob sie das begriffen hatte.

„Also wenn ich zur Zielscheibe geworden bin, dann will ich mir diesen Status auch richtig verdienen!“, sagte Emma und drückte ihren Mund wieder auf seinen. Dann drückte sie ihn mit dem Rücken auf den Boden.

„Emma! Ich ...“, schnaufte er. „Ich bin noch ...“

„Darum kümmere ich mich schon!“

Und das tat Emma dann auch.

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