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Vorwort zur deutschen Ausgabe

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In Frankreichs Mitte zu leben bedeutet auch, an die Rolle Deutschlands im Zweiten Weltkrieg erinnert zu werden: der Platz im nahen Städtchen Imphy heißt Place des Martyrs, zum Gedenken der Opfer der deutschen Besatzungszeit. An einem Haus direkt neben der wichtigsten Ampel ist ein Schild zum Gedenken an einen kleinen siebenjährigen Jungen befestigt, der 1944 par les Nazis ermordet worden ist. Er war genau so alt wie ich damals, als er eine Spielzeugpistole auf deutsche Soldaten richtete, die das Kind erschossen.

Als habe es diese Zeiten nie gegeben, begegnen Franzosen uns Deutschen heute mit ausgesuchter Freundlichkeit und Herzlichkeit, für die Jugend gibt es sowieso keine Ländergrenzen mehr, denn der Friedensprozess, der sehr schnell nach 1945 einsetzte, gefördert von den großen Europäern Charles de Gaulle und Konrad Adenauer, hat vor allen Dingen diese beiden Länder, Frankreich und Deutschland, in Freundschaft vereint.

Aber es gibt auch regelmäßige Zeiten des Erinnerns, so wird immer noch der 8. Mai als Jahrestag des Sieges gefeiert, so gibt es immer noch Aufmärsche der Veteranen, Ansprachen von Bürgermeistern und Abgeordneten, Kranzniederlegungen an Kriegs-Denkmälern. Im nahen Nevers wurde kürzlich wieder der Jahrestag der Befreiung von den Deutschen gefeiert. Im ebenfalls nahen Morvangebirge, in dessen Wäldern sich die Mitglieder der verschiedenen Widerstandsgruppen verborgen hatten, künden mehrere Musées de la Résistance von einer Zeit, die man sich heute gar nicht mehr vorzustellen vermag.

Mit freundlichen feinen Gästen, einem älteren Ehepaar, das an einem Wochenende im September 2004 zu Gast war, kamen die Kriegsereignisse dann auch zu uns. Madame erzählte mir, sie seien hier wegen einer Familiengedenkfeier, und ich fragte nach, um welche Art von Gedenkfeier es sich denn handele. Man feiere den 60. Jahrestag, äußerte sie, und die Vermutung lag nahe, dass er etwas mit dem Ausgang des Zweiten Weltkrieges zu tun hatte.

Marie Josephe de Maigret ist unmittelbare Zeugin gewesen von schrecklichen Ereignissen zum Kriegsende 1944, die bisher in Deutschland unbekannt geblieben sind. Sie trugen sich in einem nahen Dorf namens Druy Parigny zu. Ich erhielt ein kleines Buch zum Abschied, verfasst von ihrem jüngsten Bruder Emmanuel, der mit Hilfe von Zeugenaussagen eine Rekonstruktion des Geschehens versucht, der als Kind selbst zwar dabei gewesen war, dessen eigene Erinnerung naturgemäß jedoch nur aus Bruchstücken besteht.

Wenn ich mit der Übersetzung und Bearbeitung dieses Buches den vielen bereits bekannten Darstellungen über die Schlussphase des Zweiten Weltkrieges eine weitere hinzufüge, tue ich dies auch als Zeichen der Dankbarkeit. Dankbarkeit für ein nunmehr schon 12 Jahre währendes Leben in einem Land, das uns nur Gastfreundschaft entgegen gebracht hat, das sich zwar erinnert, aber auch vergeben hat, das in uns Miteuropäer sieht, die nichts mehr mit jener Besatzungsmacht zu tun haben, unter denen sie, ihre Eltern und Großeltern einst gelitten haben.

Für mich ist dieses Buch auch aus einem anderen Grund wichtig: was Deutschland in Europaanrichtete, darf nicht vergessen werden, es ist ein weiterer Akt des Erinnerns, neben all dem anderen Schrecklichen immer wieder das Unrecht ins Bewusstsein zurück zu rufen, das von deutschen Soldaten als Besatzungsmacht ausgegangen ist.

So möge dieses Buch zu der Mahnung beitragen: Nie wieder darf ein Krieg von unserem Land ausgehen! Und gerade junge Menschen veranlassen, inne zu halten und einfach dankbar zu sein dafür, dass alle Kräfte und Mächte in Europa dafür sorgen, dass wir Mitteleuropäer mit 66 Jahren nunmehr den längsten Frieden aller Zeiten genießen dürfen.

Marigny im Februar 2012

Christine Belz-Hensoldt

Tod in Burgund

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