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a) Solo-Selbstständige

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Diese erfassen zunächst sog. Solo-Selbstständige, die auf Grundlage eines Werk- oder Dienstvertrags entweder als natürliche Person oder – in letzter Zeit häufig zu beobachten – über eine sog. „Ein-Mann-GmbH“ tätig werden. Letzteres bezeichnet den Fall, das der Auftragnehmer zwar eine juristische Person etwa in Form einer GmbH darstellt, die allerdings lediglich aus einer einzigen natürlichen Person als deren Alleingesellschafter und Geschäftsführer besteht und die auch über keine weiteren Mitarbeiter verfügt.[1]

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Die Anzahl der Solo-Selbstständigen ist in Deutschland in der jüngeren Vergangenheit sehr stark gestiegen. Betrug die Zahl im Jahr 2000 noch ca. 1,75 Mio. und entsprach damit in etwa der Anzahl von Selbstständigen mit Beschäftigten, erhöhte sich die Zahl der Solo-Selbstständigen in den darauf folgenden Jahren der politisch geförderten „Ich-AG“ bis 2012 um etwa 43 % auf ca. 2,5 Mio., während die Anzahl der Selbstständigen mit Beschäftigten nahezu gleich blieb. Bis heute stellt der Personenkreis der Solo-Selbstständigen mit nahezu 60 % die Mehrheit der Selbstständigen. Im europäischen Vergleich liegt diese Quote allerdings nahezu 15 % unter EU-Durchschnitt, wobei Deutschland mit diesem verhältnismäßig niedrigen Anteil Solo-Selbstständiger sogar den viertletzten Platz belegt.[2]

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Mit Blick auf die Berufsstruktur der Solo-Selbstständigen in Deutschland fällt eine weitere Besonderheit im europäischen Vergleich auf, denn in keinem anderen Land gehen eine derart hohe Zahl von über 70 % der Solo-Selbstständigen einer wissenschaftlichen bzw. akademischen, technischen oder gleichrangigen nicht technischen Tätigkeit nach. Dies spiegelt sich auch in der Qualifikationsstruktur wider: Nirgendwo in Europa – abgesehen von Belgien – ist der Anteil Solo-Selbstständiger mit einer akademischen Ausbildung von 44 % so hoch wie in Deutschland. Nur ein weit unterdurchschnittlicher Teil von 7 % verfügt über keine Berufsausbildung.[3]

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Dieser empirische Befund deckt sich auch mit den praktischen Erfahrungen bei Statusfragen in Bezug auf Solo-Selbstständige. Derartige Verfahren betreffen in vielen Fällen etwa IT-Spezialisten, Entwickler, Ingenieure oder wissenschaftliche Fachkräfte, die jeweils über ein sehr hoch spezialisiertes Fachwissen verfügen, das in dieser Form nicht intern beim Auftraggeber abrufbar ist.[4] Auch in diesen Fällen können mit Blick auf die Statusfeststellung aber wesentliche Unterschiede bestehen, da auch diese hochspezialisierten Tätigkeiten in einzelnen Fällen entweder als Projektarbeit nach freier zeitlicher Einteilung und ortsungebunden von „zu Hause aus“ erledigt werden können, in anderen Fällen aber eine Einbindung in größere Projektteams mit regulären Arbeitnehmern auf dem Betriebsgelände des Auftraggeber-Unternehmens und/oder die umfassende Nutzung von wesentlichen Betriebsmitteln erforderlich sein kann. Während die zuerst genannten Fälle unter Gesichtspunkten einer (Schein-)Selbstständigen-Compliance in der Regel keinen großen Aufwand erfordern, gestaltet sich in den zuletzt genannten Fällen eine rechtssichere Ausgestaltung einer selbstständigen Tätigkeit dagegen oftmals äußerst problematisch.[5] In der Praxis scheidet deshalb schon bei hochspezialisierten Fachkräften eine verallgemeinerbare Statusbeurteilung nach einheitlichen Kriterien aus.

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Dies gilt erst recht für eine Statusbeurteilung bei weniger fachspezialisierten Solo-Selbstständigen. Denn mit Blick auf die genannten Zahlen und den praktischen Erfahrungen aus der jüngeren Vergangenheit greifen Unternehmen nicht allein auf hochspezialisierte Freelancer zurück. Diese üben in vielen Fällen auch weniger spezialisierte Tätigkeiten aus, wie etwa im Bau-, Sicherheits-, Reinigungs- und Pflegegewerbe oder bei Montierern, Bürokräften oder Technikern.[6] In diesen Fällen kommt über die bereits hinsichtlich der hochspezialisierten Solo-Selbstständigen genannten Probleme der weitere Aspekt dazu, dass weniger spezialisierte Tätigkeiten oftmals auch eine effektive Fachaufsicht durch den Auftraggeber bzw. dessen Mitarbeiter erfordern, was ein zusätzliches gewichtiges Indiz für eine Scheinselbstständigkeit bilden kann.[7]

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In compliance-relevanter Hinsicht ist eine verallgemeinerbare Statusfeststellung nach einheitlichen Maßstäben jedenfalls nicht möglich. Aufgrund der Vielzahl von Beschäftigungsformen und ihren jeweils konkreten Ausgestaltungen nicht nur innerhalb der Gruppe der Solo-Selbstständigen, sondern auch der möglichen Tätigkeitsfelder bleibt ein jeweils einzelfallabhängiger Zuschnitt der jeweiligen compliance-relevanten Maßnahmen unabdingbar.

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