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2. Interreligiöses Lernen evangelisch

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Begriffsverwendung im evangelischen Kontext

Der Begriff des interreligiösen Lernens wurde und wird in der religionspädagogischen Debatte recht uneinheitlich verwendet. Welche Begriffsverwendung geschieht, hängt von pädagogischen und theologischen und damit auch von konfessionellen Perspektiven ab. Vor allem in der evangelischen Religionspädagogik ist es inzwischen üblich, den Begriff des interreligiösen Lernens durch eine grundsätzliche Differenz zur traditionellen Weltreligionendidaktik zu definieren. Die Weltreligionendidaktik war in den 1960er Jahren im Kontext des sog. Hermeneutischen Religionsunterrichts entstanden und versuchte Lernprozesse über nichtchristliche, fremde Religionen durch Informationen und Instruktion im Rahmen des konfessionellen Religionsunterrichts zu ermöglichen. Heute wird ein solcher Ansatz als Religionskunde bezeichnet. Jüngere evangelischen Ansätze sprechen diesem für das deutsche Schulsystem typischen Lernweg das Prädikat des interreligiösen Lernens allerdings ab, weil ihm das Kriterium der ‚authentischen‘ Begegnung verschiedener Religionen fehle: „Interreligiöses Lernen ist nur möglich, wo sich Mitglieder verschiedener Religionen tatsächlich in der täglichen Lebenspraxis begegnen und wo sie Gelegenheit haben, sich über ihren Glauben auszutauschen […]. Nur auf diese Weise kann die Authentizität des Lernprozesses behauptet werden, die für das interreligiöse Lernen charakteristisch ist“ (Rickers 2001: 875). Diese Definition scheint allerdings nicht unproblematisch: Denkt man die Argumentationsfigur weiter, so kann interreligiöses Lernen – wenn überhaupt – in Schulen der multireligiösen Ballungsräume von Metropolen oder gar nicht stattfinden – und auf jeden Fall nur außerhalb des konfessionellen Religionsunterrichts. Es gibt auf evangelischer Seite aber auch andere Stimmen. So hat Bernhard Dressler die Voraussetzungen für eine solche Konzeption interreligiösen Lernens mit guten Argumenten in Frage gestellt: „Nicht zuletzt ist die Diskussion um interreligiöses Lernen durch einen pädagogischen Mythos belastet, den Mythos der Authentizität […]. Unter den Bedingungen schulischen Unterrichts, der aus prinzipiellen systemischen Gründen ein artifizieller Lernraum ist und mit dem ‚wirklichen‘ Leben selbst nicht identisch sein kann und darf, ist Authentizität immer nur in inszenatorischer Gebrochenheit denkbar“ (Dressler 2003: 117). Jede Begegnung, jeder Dialog und jedes gemeinsame Lernen im Raum Schule findet nämlich in einem formellen Setting, mit dem Charakter der Inszenierung und im Modus des Probehandelns statt: Dies gilt z.B. sowohl für das gemeinsame Erarbeiten von Infopostern zu den abrahamischen Religionen in einem multireligiösen Religionsunterricht als auch für die inszenierte Diskussion mit verteilten Rollen zur Frage der Speisegebote. Entsprechend folgert Dressler, dass ein in dieser Weise „dialogisch“ konzipierter Religionsunterricht auf Seiten der Schülerinnen und Schüler voraussetze, was er eigentlich erst in seinen Lernzielen erreichen wolle, nämlich die „Dialogfähigkeit“ in Sachen Religion. Kollegen wie Rickers akzeptierten laut Dressler „interreligiöses Lernen nur unter Voraussetzungen, die allenfalls ein mögliches Resultat interreligiöser Lernprozesse sein können“ (ebd.). Und Friedrich Schweitzer wendet die Argumentation Rickers genau ins Gegenteil: Im Rahmen des schulischen interreligiösen Lernens könne „auf Begegnungen Bezug genommen werden, wie sie heute im Alltag und in der Schule ohnehin gegeben sind. Insofern kann der Unterricht Begegnungen voraussetzen und muss sie nicht immer erst herbeiführen“ (Schweitzer 2014: 142).

Interreligiöses Lernen

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