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3. Interreligiöses Lernen katholisch
ОглавлениеBegriffsverwendung im katholischen Kontext
Im katholischen Bereich wird interreligiöses Lernen eher als eine religionsdidaktische Dimension des schulischen Religionsunterrichts gesehen: Hier ist interreligiöses Lernen ein im schulischen Unterricht initiierter und arrangierter Prozess, in dem die bewusste Wahrnehmung, die angemessene Begegnung und die differenzierte Auseinandersetzung mit Zeuginnen, Zeugen und Zeugnissen fremder Religionen eingeübt und entwickelt werden soll (Sajak 2005: 264). Dieser Prozess findet sowohl im Rahmen der konfessionellen Lerngruppe als auch in klassen- und schulübergreifenden Lernformaten statt.
Interreligiöses Lernen im engeren und weiteren Sinne
Stephan Leimgruber hat deshalb in der Neuauflage seines Handbuchs „Interreligiöses Lernen“ (2007) versucht, die beiden vorgestellten gegensätzlichen Definitionen des interreligiösen Lernens miteinander zu verbinden, indem er eine Neuordnung der Begriffe vorgenommen hat. Er spricht jetzt vom interreligiösen Lernen „in einem weiteren Sinne“ und „in einem engeren Sinne“ (Leimgruber 2007: 20f.). Zum interreligiösen Lernen im weiteren Sinne gehören alle „Wahrnehmungen, die eine Religion und deren Angehörige betreffen, die verarbeitet und in das eigene Bewusstsein aufgenommen werden“ (ebd.: 20). In diesem Sinne kann das Lesen eines Kinderbuchs über das Leben eines jüdischen Jungen zur Zeit Jesu genauso als interreligiöses Lernen verstanden werden, wie die Vorführung einer DVD über den Buddhismus in Tibet.
Abb. 4 Interreligiöses Lernen im engeren und weiteren Sinne nach Clauß Peter Sajak (2013b: 14)
Interreligiöses Lernen im engeren Sinne geschieht dagegen „durch das Gespräch in direkten Begegnungen. Im Zentrum steht der Dialog, in dem sich beide Gesprächspartner gegenseitig respektieren und zu verstehen versuchen“ (Leimgruber 2007: 21) und der zur Konvivenz, also zum Miteinander in respektierter Differenz führen soll. Diese Ausprägung des interreligiösen Lernens findet also da statt, wo in besonderer Weise Menschen verschiedener religiöser Traditionen in einen Dialog gebracht werden. Beide Dimensionen des interreligiösen Lernens zusammen garantieren einen wirklichen Lernprozess im Sinne der lernpsychologischen Definition: Ohne die Vorbereitung der Begegnung und des Dialogs durch religionskundliche Unterrichtssequenzen über die anderen Religionen kann es z.B. kein gemeinsam erarbeitetes Theaterstück mit Angehörigen verschiedener Religionen über die Begegnung der Religionen und auch kein Kochbuch für die abrahamischen Religionen gegeben. Interreligiöses Lernen muss also immer Zeuginnen, Zeugen und Zeugnisse fremder Religionen mit einbeziehen.