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Die irdische Verfasstheit (condition terrestre), die Lokalisierung und die Geburt

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Die Körperlichkeit des Subjekts ernst nehmen heißt auch, sich veranlasst zu sehen, die irdische Stellung des Daseins zu bedenken. Bevor es da ist, ist es hier, gestützt vom Element. So, wie die Stellung auf der Erde jeder Initiative der Subjektivität vorausgeht, so macht die Verortung die Bewegung möglich, die Verschiebung hin zu einem Dahinten. Die Erde, auf der wir uns aufhalten, ist, mehr noch, kein Körper, und sie ist mehr als ein Planet. Sie hat, so Ricoeur, eine existenzielle Bedeutung: „Es ist der mythische Name für unsere leibliche Verankerung in der Welt.“98 Darum konnte Husserl schreiben, sie bewege sich nicht.99

Diese Behauptung widerspricht nicht der Wahrheit der galileischen Wissenschaft, die den Geozentrismus widerlegt und gezeigt hat, dass die Erde keineswegs immobil ist, sondern sich um die Sonne bewegt. Sie beschreibt vielmehr den phänomenologischen Ursprung der Körperlichkeit: keineswegs ein Planet wie die anderen, ist die Erde die bewegungslose Arche, der Boden oder die Urheimat, von der aus jede Bewegung stattfindet.100 In Bezug auf sie bekommen Bewegung und Ruhe einen Sinn. Selbst wenn ich mir vorstelle, ein Vogel zu sein, der davonfliegt, oder ein Flugzeugpilot, der zu einem fernen Planeten abhebt, tue ich das von diesem Boden aus. Die Bewegungen der Tiere und aller Seienden haben „Seinssinn nur von meiner konstitutiven Genesis und diese ‚irdische‘ geht voran“:101

Freilich nicht so, dass sie [die Erde] im Raume ruht, obschon sie sich bewegen könnte, sondern […] sie ist die Arche, die aller Bewegung erst Sinn ermöglicht und aller Ruhe als Modus einer Bewegung. Ihr Ruhen aber ist kein Modus der Bewegung.102

So, wie wir in einem Raum gehen, in dem die Bewegung und die Ruhe der Körper auf das Bezugszentrum unseres Fleisches verweisen, so ist die Erde die Urheimat, die die Bedingung und der Ursprung aller Sinngebung ist. In der grundlegenden Erfahrung, die wir mit ihm machen, ändert unser Körper weder seinen Ort, noch ist es in einem Ruhezustand, wie wir bei Michel Henry sahen, aber „stehe ich still oder gehe ich, so habe ich meinen Leib als Zentrum und ruhende Körper und bewegte um mich herum“.103

Wenn Husserl sofort ergänzen kann, dass ich „Boden ohne Beweglichkeit habe“, dann weil dieser Boden nicht als ein Körper zu denken ist, sondern als das Zentrum von Bewegung und Ruhe. Die Analogie zwischen der Erde als Boden und meinem Fleisch, von dem her ich den Raum konstituiere, ist gerechtfertigt, weil alle beide ursprünglich sind. Darum heißt es „[...] die Erde kann ebensowenig ihren Sinn als ‚Urheimstätte‘, als Arche der Welt verlieren, als mein Leib seinen ganz einzigen Seinssinn verlieren kann als Urleib, von dem jeder Leib einen Teil seines Seinssinnes ableitet […].“104

Schließlich ist diese Erde als Grundvoraussetzung für alle dieselbe, und sie ist einzig, schreibt Husserl: „Es gibt nur eine Menschheit und eine Erde“.105 In der Tat entzieht die Phänomenologie die Erde und den Raum jeder Physik und jeder Geometrie, um, ausgehend von unseren Formen der Einverleibung und unserer irdischen Verfasstheit ihre ursprüngliche Konstitution zu beschreiben, oder, wie Husserl sagt, ausgehend von unserem konstituierenden Leben, das sich durch diesen Vorrang der Erde definiert. Wenn wir, indem wir uns einer radikalen Phänomenologie zuwenden, auf die ursprünglichsten Schichten der gelebten Erfahrung zurückgehen, wie es beim Autor dieses Texts von 1934 der Fall ist, verstehen wir, dass unsere condition terestre nichts sagt, woraus wir schließen könnten, unsere Verlassenheit sei ursprünglich, als ob die Menschen dahingeworfen wären oder in der Fremde lebten. Wenn wir, darüber hinaus, nicht mehr von unserer condition terrestre, sondern von unserer position terrestre sprechen, dann heißt das, dass jeder von uns sich auf einer Erde aufhält, die ihn trägt, und mit seinem ganzen Gewicht auf einem Boden steht, der nicht bloß sein Objekt, sondern der Träger seiner Objekterfahrung ist – und „die Beziehung zu meinem Ort durch diese ‚Haltung‘ geht dem Denken […] voraus.“106

Indem man, mit anderen Worten, die Tatsache, dass man auf der Erde eine Position einnimmt, als Existenzial auffasst, will man sagen, dass Existieren bedeutet, die Vorgängigkeit einer Situation zu akzeptieren, über die man sich nicht erheben kann: „Der Mensch ist, durch seine Existenz, schon immer überflossen“107 Der Sinn des Daseins eines Nahrungsmittels oder eines Ortes kann nicht darin bestehen die Struktur eines Noemas oder eines Objekts der Vorstellung zu haben. Das Nahrungsmittel und der Ort sind zwei Existenziale, die paradigmatisch die Welt als Nahrung illustrieren.

Gewiss hatte Heidegger, als er vom In-der-Welt-Sein sprach, bereits erlaubt, die Vorherrschaft der Repräsentation über die Existenz zu bestreiten. Wenn jedoch Sein und Zeit eine wesentliche Etappe der einsetzenden Krise der Repräsentation darstellt, dann muss man auch anerkennen, dass Heideggers Insistieren auf dem Geworfensein als ontologischer Interpretation der Verlassenheit ihn zunächst dazu verleitet, sich nicht auf ein Denken des Wohnens einzulassen.108 In dem Werk von 1927 ist das In-der-Welt-Sein noch keine Reflexion darüber, was es heißt, die Erde zu bewohnen und einen Ort auszustatten.

Mehr noch, das Gewicht des Subjekts oder, wie Levinas sagt, seine Schwere, die es hat, wenn es sich auf der Erde positioniert, macht, dass das Denken, dessen Ausgangspunkt materiell, an ein „Hier“ – als seine Basis, aber auch Rückzugsort – gebunden ist, nichts mit Faktizität zu tun hat. Weit davon entfernt, die Absurdität unseres begrenzten Daseins auszudrücken, schaffen die Position und die Lokalisierung, die in Totalität und Unendlichkeit zu einem Nachdenken über die Bleibe Anlass geben, die Möglichkeit, ein Zuhause zu finden und in Sicherheit zu sein.109 Der Ursprung ist das, worauf ich keinen Zugriff habe, und die Umwelt ist das, was mich umfließt und beschützt. Den Menschen tief in seiner Sensibilität zu verankern, indem man den existenziellen Charakter unserer Ernährung und des Ortes aufdeckt, heißt keineswegs, dass man in unserer Ohnmacht, den Ursprung zu beherrschen, ein Zeichen für das Tragische unseres Daseins sähe.

In einem Text mit dem Titel Pouvoirs et origine analysiert Levinas die Verbindung zwischen der Affirmation des ursprünglichen Charakters der Verlassenheit und dem bei Heidegger offenkundigen Bereich der Macht.110 Für Letzteren hat die Endlichkeit den Charakter einer Grundlage. Sie zu bekämpfen oder zu leugnen ist Flucht. Dass das Dasein nicht das Fundament seiner Existenz sein kann, ist jedoch eine Grenze, eine ontologisch fixierte Unzulänglichkeit, die das Absurde und Tragische unseres Daseins hervorhebt. Für den Verfasser von Sein und Zeit kann die Bedingtheit der als Faktizität gedachten Existenz mein Scheitern bedeuten, es sei denn, ich beziehe mich auf meinen Tod als meine eigenste Möglichkeit und beschließe, etwas aus meinem Leben zu machen und mich auszudrücken. Darüber hinaus ist die Tatsache, dass ich meine Geburt nicht gewählt habe, nicht nur ein Zeichen für meine Kontingenz, sondern auch für meine Faktizität, definiert als das, was meine Macht begrenzt; sie wird, wie Levinas schreibt, aufgrund des Privilegs, das in einem solchen Denken der Begriff der Macht und die ihm zugrunde liegende Idee der Freiheit genießen, als Skandal angesehen.111 Wohl ist dieses Denken der Existenz ein Denken der Endlichkeit, aber es fehlt die Bedeutung der Welt als Nahrung, ebenso wie die der Geburt, denn sie ist gebunden an „die Obsession der Macht.“112 Die Bedeutung der Geburt zeugt jedoch im Gegenteil nicht von einer der Macht auferlegten Grenze, sondern schreibt die Intersubjektivität direkt zugleich mit unserer Körperlichkeit ins Herz der Subjektivität ein und macht den Weg frei für die Wertschätzung der Verbindung zwischen den Generationen. Genauso geht das Vergessen dessen, dass die Verortung sich auf ein Hier bezieht und man das In-der-Welt-Sein als Dasein denkt, einher mit einer Fokussierung auf die Verlassenheit und die Geworfenheit. Weil Heidegger die Existenz in ihrer Materialität nicht zu Ende gedacht hat, hat er kein Denken der Körperlichkeit des Subjekts entwickelt und ist die Existenz bei ihm nicht in der Sensibilität verankert. So erklärt sich, dass er die Existenz als Sorge begreifen konnte.

Wie wir gesehen haben, hat die philosophische Tradition die Tendenz, bei der Betrachtung des Fühlens keinen Platz für das Lebewesen zu lassen. Entweder werden die Sinneseindrücke auf die Wahrnehmung zurückgeführt, oder sie werden wie bei Hume auf bloße Erregungen reduziert. Während die Sinneswahrnehmungen die Lust und das Leiden eines Wesens ausdrücken, das sich in der Welt orientiert und sie sowie sich selbst in der körperlichen Existenz erprobt, nehmen diese Konzepte das lebendige Wesen nicht zur Kenntnis.113 Man verhält sich, schreibt Erwin Straus, wie ein Scharfrichter, der darüber erstaunt ist, dass er an dem Rumpf des von ihm Guillotinierten keinen Kopf mehr entdecken kann.114

Desgleichen ist eine Phänomenologie, die, angefangen bei der Analyse der Position auf der Erde und der Lokalisierung – die auf ein Hier und Jetzt und sogar auf den Unterschied zwischen Wachen und Schlafen verweisen – kein authentisches Denken des Ortes entwickelt, verstümmelt. Denn eine Phänomenologie, die nicht über die Bedeutung des gezeugten Wesens nachdenkt, kann die Existenz nur im Licht der Gedankenpaare Verlassenheit/Macht, Faktizität/Entschlossenheit denken. Sie führt zu einer Philosophie der Freiheit, die es nicht ermöglicht, dem moralisch handelnden Individuum und der Auffassung von Sozialität, das der aktuellen politischen Theorie als Fundament dient, ein anderes Denken entgegenzustellen, das fähig wäre, die Natur, die Tiere und die künftigen Generationen in den Gesellschaftsvertrag eingehen zu lassen. Wenn wir dagegen eine Philosophie der Körperlichkeit erarbeiten, indem wir neue Existenzialien aufdecken und Bedeutungen freisetzen, die unser Verhältnis zu uns selbst erneuern, können wir das politische Problem neu formulieren.

Die „Haecceitas“ des Subjekts, sein Hiersein und die Tatsache, dass es gezeugt ist, sind zwei Existenzialien, die uns aus dem Bereich der Macht herausführen und neue Perspektiven für das Menschliche in seiner individuellen und gemeinschaftlichen Existenz eröffnen. Wirklich ist das „Hier“, das die Position des Subjekts ausdrückt, auch seine Verortung, ist der Platz, den es im Raum einnimmt oder der Raum, den es bewohnt und einrichtet. Aber „ich bin mit den anderen von meinem Hier aus“.115 Ich kann, mit anderen Worten, „mit-sein […] nur von-wo-aus“, und unter der Bedingung, dass ich im Wachzustand bin, dass ihre Präsenz wirklich gespürt wird.116 Das Fühlen ernst nehmen heißt also, die Gegenwart und die Verortung ernst nehmen.

„Im Empfinden ist alles für mich da“, und „nur so, wie es für mich da ist, ist es überhaupt da“.117 Es geht nicht darum, das An-sich der Dinge oder die Wahrheit zu finden, sondern das Fühlen enthüllt, was für mich real ist.118 Etwas zu sehen bedeutet, zu machen, dass dieses Etwas zu einem Moment meines eigenen In-der-Welt-Seins wird. Das Reale bezeichnet also nicht, was sich in der Welt ereignet hat, sondern bezeichnet das, was mir passiert ist. Die sensorische Gewissheit verweist auf den Unterschied zwischen dem Fühlen und dem Wahrnehmen, wobei wir nicht genau derselbe sind: „Das Empfinden verhält sich zum Erkennen wie ein Schrei zu dem Wort“,119 schreibt Erwin Straus. „Ein Schrei faßt nur den, der ihn hört, jetzt und hier“, während das Wort auch in meiner Abwesenheit einen Sinn hat.120 So unterscheidet sich auch die Landschaft vom geografischen Raum, der, wie ein Blick auf die Karte zeigt, nach einem System von Koordinaten aufgeteilt und systematisiert ist: „In der Landschaft sind wir von einem Horizont umschlossen; so weit wir wandern, der Horizont wandert stets mit uns […]. unser Ort ist nie in überschaubarer Beziehung zum Ganzen.“121 Wenn ich mich, anders gesagt, „in Präsenz einer Landschaft befinde, bin ich nicht vor ihr […], sondern hinter mir gibt es die Präsenz aller Horizonte. Alle Fernen sind integriert in meine Nähe“.122

Wenn wir dagegen jemanden nach dem Weg fragen oder eine Karte benutzen, „dann legen wir unser Hier als einen Ort in einem horizontlosen Raum fest.“123 Der Punkt, der mir als Orientierungspunkt auf der Karte dient, ist willkürlich festgelegt, aber sobald er als Ausgangspunkt dient, ist er absolut: Meine Position wird, wenn ich auf meinem Weg fortschreite, immer in Bezug auf seine Position im System determiniert sein. Anders ist es, wenn ich in einer Landschaft bin, wo, weil ich mich noch immer fortbewegen kann, meine aktuelle Position immer durch die mir am nächsten liegende definiert ist. In einem panoramischen Ensemble kann ich meine Position nicht determinieren. Sich verirrt zu haben, im buchstäblichen wie im übertragenen Sinn – etwa, wenn man von Verhaltensstörungen, ja Halluzinationen befallen ist – heißt, den systematisch geordneten Kontext des sozialen Raums zu verlassen, heißt soziologisch keinen Platz mehr zu haben, weil die Geografie sich ausgehend von der Landschaft nicht mehr entwickeln kann. Man findet seinen Weg nicht mehr.

Während wir im normalen Leben über den Horizont unserer Landschaft und unserer subjektivsten Sinneswahrnehmungen hinausgehen und das, was individuell ist, sich in einem objektiv festgelegten Kontext findet, sodass wir uns in der gemeinsamen Welt begegnen oder „die Geographie erreichen“, bezeichnet die Psychose eine Störung in der Orientierung und in der Interpretation der gelebten Erfahrung, die die Landschaft selbst modifiziert. „Das Subjekt gewinnt sich selbst erst im Empfinden“,124 das körperlich ist und das Mit-der-Welt-Sein ausdrückt – es ist anteilnehmend –, daher sind die Halluzinationen in erster Linie Veränderungen im Fühlen, und keine Störungen der Wahrnehmung oder des Urteils.

Es handelt sich nicht um pathologische Bilder innerhalb normaler sensorischer Bereiche, sondern um „pathologische Gebilde in krankhaft veränderten Sinnessphären.“125 Der Kranke leidet unter einer Störung oder Veränderung des anteilnehmenden Modus des Fühlens: Seine Kommunikation mit der Welt ist es, die entstellt ist, als ob er in der Landschaft verbliebe und in ihren Horizont die in der Alltags-Sprache ausgelegte geografische Welt hineinzöge.126 Wie der von Erwin Straus zitierte Eugène Minkowski gezeigt hat: „Sie leben in dem Horizont ihrer Landschaft, beherrscht von der unmotivierten und unbegründeten Eindeutigkeit der Eindrücke, die nicht mehr in die allgemeine Ordnung der Dingwelt und in den allgemeinen Bedeutungszusammenhang der Sprach eingefügt werden. […] Schreitet die Erkrankung weiter, dann deutet die Zerfahrenheit der Gedanken, der völlige Verfall der Sprache auf den fortschreitenden Verlust des geographischen Raumes, die affektive Abstumpfung auf die Verödung der Landschaft.“127.

Im Lichte dessen, was eben über die Orientierung in der Welt gesagt wurde, die eine materielle und eine soziale Bedeutung hat und auf der Ebene des Fühlens den Kommunikationsbezug zwischen dem Ich und der Welt ausdrückt, sieht man, dass die Position ein Existenzial ist. Das Begriffspaar Passivität/Aktivität kann dieses ursprüngliche Phänomen, das das Subjekt im Raum ebenso wie in der Zeit einschreibt, nicht charakterisieren. Das „et“ des hic et nunc bedeutet, dass man ausgehend von einem Hier nach da geht, dass man sich in der Welt orientiert und dass dieses Hier, das auch ein Jetzt ist, der Ausgangspunkt für jeden Ausblick in die Zukunft ist. Dieses „Hier“ ist nicht auf ursprüngliche Weise ein Exil, eine Verlassenheit; vielmehr verweisen die Schwierigkeiten, die wir damit haben können, unseren Platz in der Welt zu finden, sowie das von manchen Individuen verspürte Gefühl vollkommener Verlorenheit auf dieses primäre Verhältnis zur Welt, das durch das Fühlen, dessen pathisches Moment mehrfach hervorgehoben wurde, definiert wird.

Das Fühlen zeugt von einem Kontakt zwischen dem Ich und der Welt, der zuerst körperlich verspürt, dann von der artikulierten Sprache formalisiert wird und sich schließlich in einem allgemeinen Kontext oder in der gemeinsamen Welt einen Weg bahnt. Und wenn man sich über den existenziellen Charakter der Position auf Erden klar wird, kann man auch das Wohnen verstehen, die Tatsache, ein Dach über dem Kopf, eine Bleibe zu haben, sich dem Blick und dem Lärm der Welt entziehen, seine Intimität schützen und bei sich sein zu können. Der Wohnsitz bedingt auch, dass wir besitzen, was uns leben lässt und das Ergebnis unserer Arbeit ist.128 Das Zuhause und die Sicherheit einer Bleibe erlauben auch, andere zu empfangen, denn die Gastfreundschaft wird durch die materiellen und moralischen (oder geistigen) Bedingungen der inneren Einkehr ermöglicht.129

In diesen letzten Zeilen wird man Levinas‘ Analysen der Bleibe wiedererkannt haben. Der Autor von Totalität und Unendlichkeit stellt zwischen der Position auf der Erde und der Fruchtbarkeit eine Verbindung her und erklärt, dass unsere Verfasstheit und unsere Stellung auf der Erde, weit davon entfernt, sich ins Register der Macht einzuschreiben, auf die Tatsache des Gezeugtseins verweisen. Statt wie Levinas auf der Fruchtbarkeit zu bestehen, was bedeutet, die Intersubjektivität auf der Ebene unserer Körperlichkeit zu denken, indem man sich auf den Standpunkt des Erzeugenden (Mutter oder Vater) stellt, entscheiden wir uns hier dafür, die Geburt vom Standpunkt desjenigen aus zu beschreiben, der geboren wird.130 Eine solche Annäherung kann die Bedeutung der Geburt enthüllen, indem sie benennt, was diese den von Machtbesessenheit geprägten Gedanken entgegenstellt.

Die Seiten, die Ricoeur in Das Willentliche und das Unwillentliche der Geburt widmet, zeigen, was eine Analyse der Tatsache, geboren worden zu sein, zu einer Philosophie der Körperlichkeit beiträgt. Bis jetzt haben wir einige Elemente einer Phänomenologie der Nahrung, die eigentlich eine radikale Phänomenologie des Fühlens ist, herausgearbeitet. Sie wird im folgenden Kapitel vervollständigt, das sich auf den Ort und die Umwelt, aber auch auf den bewohnten und eingerichteten Raum bezieht, die zusammen mit der Ernährung und dem Genuss die beiden konstitutiven Dimensionen dessen bilden, was wir als Nahrung bezeichnen. Wenn jedoch die Beschreibung der Existenzstrukturen vollständig sein und den Weg für eine Ökophänomenologie freimachen soll, ist es notwendig, auch Geburt und Tod abzuhandeln.131 Die Wesen, die essen und die Erde bewohnen, sind lebendig, was heißt, dass sie geboren wurden und sterben werden. Was jedoch die Reflexion über die Geburt zu jeder Ontologie beiträgt, hat zunächst damit zu tun, dass es sich dabei – anders als beim Fühlen – nicht um eine Erfahrung am eigenen Leib handelt.132 Dieser Aspekt ermöglicht mir viele Einsichten in den Sinn meiner Existenz und den Platz, den man der Freiheit einräumt; er wirft auch ein Licht auf meine Beziehungen zu den anderen Menschen, den gegenwärtigen, früheren und zukünftigen.

Es reicht nicht zu sagen, dass wir uns nicht allein zur Welt bringen und nicht die Initiative zu unserer Geburt ergriffen haben; wichtig ist, anzuerkennen, dass dieses entscheidende Ereignis, mit dessen Hilfe wir alle Ereignisse unseres Lebens datieren, keine Erinnerung ist. Ich muss die Ebene der gelebten Erfahrung verlassen und mich zum Zuschauer jenes objektiven Ereignisses machen, von dem ich nur durch den Bericht anderer etwas weiß. Ganz allgemein gesprochen befinde ich mich immer nach meiner Geburt, denn ich bin zur Welt gebracht worden, bevor ich irgendetwas willentlich tun konnte: „Ich finde mich am Leben, ich bin bereits geboren worden.“133 Es ist, als gäbe es zwei Anfänge: der eine wäre der meines Lebens, und der andere würde auf meine Taten oder meine Freiheit zurückverweisen.134

Mehr noch, meine Abhängigkeit von diesen beiden Leben ist nicht einfach eine Abhängigkeit von zwei Freiheiten. Man kann nicht einfach sagen, dass andere an meiner Stelle meine Existenz gewollt haben: „[...] sie haben es gar nicht genau so gewollt. Denn ich weiß sehr wohl […] ein ungeheuerlicher Zusammenstoß von Zufall, Instinkt und der Freiheit anderer haben mich an dieses Ufer geworfen.“135 Von meinen Eltern habe ich meine Natur erhalten, das Gesetz des Wachstums, das Organisationsprinzip: „Geboren werden heißt, von einem anderen das Kapital einer Vererbung zu empfangen.“136

Meine Ahnen, die wie Spender sind, verweisen mich, in einer Art „Nabelverknüpfung der Lebendigen“, auf die Leiter einer Geschlechterfolge, ja einer Art. „Ich erkläre meine Abstammung nicht durch meine Vorfahren, sondern als die Nachkommenschaft des Vorfahren“,137 oder vielmehr meiner Vorfahren. Die Erklärung meines Seins ist eine Entfremdung, denn „ich verlasse mich selbst, um mich in einem Selbst außerhalb meiner Selbst einzurichten – dem Vorfahren“,138 und ausgehend von ihm steige ich die Wirkungskette abwärts, die „insofern bemerkenswert [ist], als sie ziemlich genau die Veranschaulichung des Zufalls im Sinne von Cournot darstellt, d. h. […] als Zusammentreffen von unabhängigen Kausalreihen […]. Von daher erscheine ich mir selbst als eine Auswirkung des Zufalls.“139

Meine Ahnen sind das Fundament meiner Existenz; hinter mir steht die Unruhe mehrerer Existenzen. Gewiss, existieren bedeutet, das Zentrum seiner Existenz zu sein, von dem „mein Abwärts und mein Aufwärts ausgehen.“140 Man sagt: Ich stamme vom Demunddem und von Derundder ab, statt von seinen Ahnen wie von einer Ursache zu reden. Das Selbstbewusstsein ist der Akt, in dem ich zusammenfasse und annehme, was ich bin, also auch meinen Charakter, „die individuelle Natur, die mich so dicht verfolgt.“ Leben heißt also, „darin einzuwilligen, dass ich geboren worden bin“, in das Leben mit seinen Möglichkeiten und seinen Hindernissen einzuwilligen, wie Ricoeur sagt, wobei ich zugleich die Grenze annehme, die mir entflieht, nämlich diejenige meiner Geburt.141

Mein Bewusstsein bezieht sich auf das, was ich nach meiner Geburt tue, auf mein Handeln, und verfehlt immer seinen ersten Anfang, weil ich immer schon zu leben begonnen habe, wenn ich „ich bin“ sage. Das bedeutet, dass das Cogito seinem Wesen nach ein gezeugtes Cogito ist. Diese Vorgängigkeit meines Beginns vor meiner eigenen Apperzeption wird jedoch dadurch verkompliziert oder bereichert, dass sie auf jene Leben hinter meinem Leben verweist, auf diese Männer und Frauen, denen ich niemals in Fleisch und Blut begegnen werde (sie sind nicht meine Zeitgenossen), die ich nicht kenne (es sind zu viele), aber die in gewisser Weise in mir sind. Obwohl sie nicht alle derselben Familie angehören, bilden sie, je weiter man zurück in die Vergangenheit geht, eine Familie, nämlich die der Menschheit.

Das gezeugte Cogito ist also nicht einfach dadurch an die anderen Menschen gebunden, dass es sein Leben anderen Personen verdankt oder, wie bei Levinas, dass es sich entdeckt, indem es einem anderen das Leben gibt, der nicht es selbst ist, sondern seine Identität konstituiert, es zum Vater oder zur Mutter macht. Die Intersubjektivität und selbst der Zusammenhang zwischen den Generationen sind ins Herz des gezeugten Cogito eingeschrieben, in seinen Schoß und in sein Fleisch, denn über seine Ahnen hängt es mit allen Menschen zusammen. Das ist die Lehre, die man aus Ricoeurs Analyse der Geburt ziehen kann.

Mehr noch, sich nicht in der Existenz zu positionieren, sondern zur Welt gebracht worden zu sein, immer schon da zu sein, bevor man sagt „ich bin, ich existiere“, bedeutet nicht, die Existenz für tragisch zu halten, weil sie sich der Macht widersetzt, es heißt vielmehr, dass wir nie allein auf der Welt sind. Wir sind immer schon älter als wir selbst, weil wir schon (geboren) sind, bevor wir irgendetwas schaffen, und unsere Geburt allem, was wir bewusst beginnen, vorangeht. Gleichzeitig sind wir immer viel jünger als wir selbst, weil unsere Geburt eine Grenze ist, die uns entgeht und die wir uns nur durch Zustimmung aneignen können – wie Ricoeur sagt: „diese Erfahrung des Entfliehens meiner Geburt ist also reich an seiner Armut selbst.“142

Es ist also nicht nur die Zukunft, auf die es ankommt, und nicht einmal darauf, dass man selbst Leben hervorbringen kann. Auch die Vergangenheit determiniert uns. Wenn alle vergangenen Menschen uns begründen, ist der Rassismus eine Absurdität, weil die gegenwärtigen Menschen letztlich alle Ergebnisse des Zufalls sind, das Ergebnis einer Mischung also, die die Grenzen zwischen den Völkern, den Nationen und den Rassen verwischt. Überdies gehören zu den Pflichten, die wir einander gegenüber haben, auch solche, die berücksichtigen, was wir unseren Ahnen verdanken. Mit anderen Worten: Wenn das Cogito wesentlich ein gezeugtes Cogito ist, heißt das, dass der Gesellschaftsvertrag nicht ausschließlich durch den gegenseitigen Vorteil und die Gegenseitigkeit unter Zeitgenossen geprägt sein kann.

Wir dürfen, wenn wir das politische Problem formulieren, nicht nur die Interessen der künftigen Generationen einfließen lassen. Der Respekt, den wir unseren Ahnen durch die einfache Tatsache, geboren zu sein, schuldig sind, und derjenige, der allen Menschen gilt, weil sie derselben großen Familie angehören, gehören beide zu unseren Verpflichtungen und müssten sich auf die eine oder andere Weise in den Gesetzen spiegeln. Das heißt nicht, dass es Abgeordnete geben wird, die unsere Ahnen repräsentieren sollen. Und so wie es ungerecht ist, zukünftige Generationen mit der Verschmutzung und einer zerstörten Umwelt zu belasten, so ist es ungerecht, eine Landwirtschaft oder eine Architektur zu propagieren, die das uns hinterlassene natürliche und kulturelle Erbe ruiniert. Nicht nur, wenn wir der Vergangenheit gedenken, indem wir das Andenken derer ehren, die für die Freiheit gekämpft haben, und dafür sorgen, dass die Opfer des Bösen nicht vergessen werden, beziehen wir uns auf die Geschichte: Sie ist präsent in unserem Fleisch und in der Weise, wie wir Nahrung verwenden.

Die letzte Lehre, die man diesem Nachdenken über die Geburt, das aus dem Geborensein ein Existenzial macht und uns erlaubt, vom gezeugten Cogito zu sprechen, entnehmen kann, betrifft den Sinn des Todes. Zu zeugen und sich mithin über seine Existenz, über sich selbst hinaus zu verlängern, ist immer als ein fundamentaler Wunsch des Menschen betrachtet worden. Man denke an Platons Phaidros oder daran, wie Levinas auf der Fruchtbarkeit und der Abstammung besteht, oder man beziehe sich auf die gewöhnliche Erfahrung: Offensichtlich scheint der Kinderwunsch die gängigste Weise zu sein, wie die Menschen unter Beweis stellen, dass sie einen Sieg über den Tod davontragen können. Es ist jedoch nicht diese Realität, auf die unsere Annäherung abzielt. Sich auf den Standpunkt des gezeugten Wesens statt auf den des zeugenden zu stellen und die Geburt statt der Fruchtbarkeit zu beschreiben, heißt, einen anderen Sinn der Sterblichkeit sichtbar werden zu lassen. In der Tat heißt zu sagen, dass wir zeugen müssen, um gegen unser Verschwinden zu kämpfen und uns zu perpetuieren, annehmen, dass das Sein ein Sein-zum-Tode ist. Es ist aber nicht der Tod, der in unserer Phänomenologie der Nahrung zuerst kommt, es ist das Leben.

Nicht die Todesfurcht und der Wunsch zu überdauern stellen die Obsession des gezeugten Gourmand-Cogito dar. Der Wunsch, eine bewohnbare Welt aufzubauen, die andere nach ihrem Sinn gestalten werden, ist ihm wichtiger. Ein gezeugtes Wesen ist zeitlich begrenzt und wird sterben. Aber wenn man versteht, dass Leben von etwas leben bedeutet, also fühlen, Mit-der-Welt- und Mit-den-anderen-Sein, und man in seinem Fleisch das Pulsieren und die Mühen der vergangenen Leben wiedererkennt, dann hofft man auch, dass die eigene Lust am Leben nicht den Schmerz und das Elend der anderen nach sich zieht. Der Hedonismus ist nicht schamlos, und es ist nicht die Ethik, die zum Leben nötig ist, sondern es ist das Leben, das von vornherein Ethik ist. In jeder Geste, die man hier und jetzt vollführt, ist die Existenz eine ethische Position. Die Sorge des gezeugten Cogito besteht also nicht darin, sich auszudrücken oder sich durch die anderen zu perpetuieren, denn sein tierischer Körper stirbt und seine Werke werden fast immer vergessen. Das Subjekt einer Phänomenologie der Nahrung wünscht sich, dass die Welt bewohnbar bleibt und die künftigen Menschen, seien es eigene Kinder und Enkel oder nicht, über Mittel verfügen, sich ehrenhaft zu verhalten, indem sie schöne Landschaften gestalten, dauerhafte Städte bauen und sich fähig erweisen, eine Kultur hervorzubringen, die bezeugt, dass sie den Geschmackssinn nicht verloren haben.

34Straus, Erwin, Vom Sinn der Sinne. Ein Beitrag zur Grundlegung der Psychologie, Berlin, Springer, 1935, Vierter Teil, F, S. 330 und Vierter Teil, G, S. 334.

35Ebd., Vierter Teil, I, S. 372.

36Emmanuel Levinas, „La ruine de la représentation“, En découvrant l’existence avec Husserl et Heidegger, Paris, Vrin „Bibliothèque des textes philosophiques“, 2001, S. 125–135.

37Emmanuel Levinas, Totalität und Unendlichkeit, S. 190.

38Ebd, S. 183, S. 192. Bei Descartes hat das Sinnliche, das nicht zum Wahren, sondern zum Nützlichen gehört, nichts zu tun mit dem heideggerschen Werkzeug, das auf ein System von Funktionen verweist. Die wahrnehmbaren Eigenschaften beziehen sich auf das, was mir gefällt und was ich liebe – die Liebe, die nur einen Wesenskern hat, ist eine Emotion, die mich willentlich mit dem vereint, was ich für gut halte, sodass die Nahrungsmittel Objekte unserer Liebe sein können, aber auch der Vogel, der Baum, meine Kinder und Gott. Siehe auch Über die Leidenschaften der Seele, § 79 und „Brief an Chanut vom 1. Februar 1647“, in Briefe 1629–1650, hg., eingel. u. mit Anm. v. Max Bense, übers. v. Fritz Baumgart, Köln, Staufen-Verl., 1949, S. 370, 372.

39Raoul Moati, Événements nocturnes, Paris, Hermann „Le Bel aujourd’hui“, 2012, S. 107.

40Emmanuel Levinas, Totalität und Unendlichkeit, S. 181.

41Ebd., S. 154.

42Ebd.

43Ebd., S. 200–203; S. 213.

44Ebd., S. 206.

45Ebd., S. 189–190.

46Michel Onfray, Die genießerische Vernunft. Die Philosophie des guten Geschmacks, übers. v. Leopold Federmair, Zürich, Elster und Rio Verlag, 1996, S. 233.

47Paul Ricoeur, Das Willentliche und das Unwillentliche, übers. v. Daniel Creutz, Paderborn, Fink, 2016, S. 150 f.

48Emmanuel Levinas, Totalität und Unendlichkeit, S. 190.

49Emmanuel Levinas, Totalität und Unendlichkeit, S. 189–190.

50Emmanuel Levinas, Totalität und Unendlichkeit, S. 190.

51Emmanuel Levinas, „La ruine de la représentation“, S. 130. Raoul Moati, Événements nocturnes, S. 113–114.

52Levinas, Emmanuel, Die Zeit und der Andere, S. 36.

53Étienne Bonnot de Condillac, Abhandlung über die Empfindungen. (Traité des sensations.) hg. v. Lothar Kreimendahl, Hamburg, Meiner, 1983, siehe Zweiter Teil, Kapitel V, S. 74– 81.

54Ebd., Dritter Teil, Kapitel X, S. 170–172.

55Biran, Maine de, Mémoire sur la décomposition de la pensée, in Werke, Bd. 3, Paris, Vrin „Bibliothèque des textes philosophiques“, 1988, Kapitel 1, vor allem S. 135–137, Kapitel 2, S. 147f., S. 154.

56Michel Henry, Auto-donation. Entretiens et conférences, Saint-Mandé, Prétentaine, 2002, S. 92–93. Siehe auch L’Essence de la manifestation, Paris, PUF, „Épiméthée“, 2011, und Inkarnation. Eine Philosophie des Fleisches, Freiburg / München, Verlag Karl Alber, 2011, § 26, S. 216– 228.

57Michel Henry, Inkarnation, § 27, S. 228–231.

58Ebd., § 31, S. 251–261.

59Erwin Strauss, Vom Sinn der Sinne, Vierter Teil, L, S. 393.

60Paul Ricoeur, Das Willentliche und das Unwillentliche, S. 395 f.

61Erwin Straus, Vom Sinn der Sinne, S. 17–18. Henri Maldiney, „Le dévoilement de la dimension esthétique dans la phénoménologie d’Erwin Straus“, Regard, parole, espace, Paris, Cerf „Bibliothèque du Cerf “, 2012, S. 188–190.

62Henri Maldiney, Regard, parole, espace, S. 191.

63Ebd., S. 189

64Ebd., S. 176.

65Maine de Biran, Mémoire sur la décomposition de la pensée, S. 205–207.

66Ebd., S. 205.

67Michel Henry zitiert § 7 aus Sein und Zeit, in dem Heidegger sagt, dass phainesthai (sich zeigen) bedeutet, sich ins Licht zu begeben (Inkarnation, § 1, S. 45–49).

68Was Paul Ricoeur veranlasst, in Das Willentliche und das Unwillentliche, S. 395 f., zu sagen, dass die biransche Philosophie und jedes Denken, das die Wahrnehmung an eine Theorie des Handelns bindet, an Grenzen stößt. Erwin Straus folgend haben wir das Gefühl von der Wahrnehmung unterschieden, die sich aufs Objekt bezieht, aber unsere Analyse stimmt mit der von Ricoeur überein, auf die wir am Ende dieses Kapitels zurückkommen werden, wenn es um die Frage der Geburt und der durch sie im Herzen unserer Existenz verankerten Intersubjektivität gehen wird.

69Roger Dadoun, „La bouche d’Éros“, in Catherine N’Diaye (Hg.), La Gourmandise. Délices d’un péché, Paris, Autrement „Mutations“, 1993, S. 54.

70Jean Anthelme Brillat-Savarin, Physiologie des Geschmacks oder physiologische Anleitung zum Studium der Tafelgenüsse: Den Pariser Gastronomen gewidmet von einem Professor, übers. u. mit Anm. v. Carl Vogt, Braunschweig, Fr. Vieweg u. Sohn, 1865, S. 9.

71Ebd.

72Ebd., S. 10.

73Ebd.

74Ebd., S. S. 35 und S. 153.

75Ebd., S. 35.

76Ebd., S. 121 f. und S. 301.

77Ebd., S. 121.

78Ebd., S. 124. Wenn Engländer und Amerikaner von jemandem als Gourmet sprechen oder von einem Gericht sagen, es besitze Gourmet-Qualitäten, benutzen sie den französischen Ausdruck.

79Ebd., S. 122.

80Jacques Derrida, „‚Man muß wohl essen‘. Oder die Berechnung des Subjekts“, Auslassungspunkte. Gespräche, Passagen, 1998, S. 291–292.

81Claude Lévi-Strauss, „L’art de donner du goût“, Le Courrier de l’Unesco, Nr. 5, 2008, S. 36.

82Jean-Anthelme Brillat-Savarin, Physiologie des Geschmacks oder physiologische Anleitung zum Studium der Tafelgenüsse, S. 301.

83Ebd., S. 294.

84Ebd.

85David Le Breton, Anthropologie du corps et modernité, Paris, PUF, 2008, „Quadrige“, S. 177.

86Charles Fourier, „Manuscrit“, Heft 54, Nr. 9, in René Scherer, L’Écosophie de Charles Fourier. Deux textes inédits, Paris, Anthropos „Anthropologie“, 2001, S. 155: „Von allen Künsten genießt die Küche in Harmonie die größte Verehrung. Sie ist der Mittelpunkt jeder landwirtschaftlichen Arbeit und das Empfangszimmer der Erziehung.“

87Ebd. Fourier unterscheidet „die großen Heiligen oder Gastrosophen von der parasitären Klasse der zivilisierten Gastronomen.“

88Pierre Bourdieu, Die feinen Unterschiede. Kritik der gesellschaftlichen Urteilskraft, übers. v. Bernd Schwibs und Achim Russer, Frankfurt a. M., Suhrkamp, 1987, S. 305–307.

89Ebd., S. 311.

90Ebd., S. 310.

91Jean Anthelme Brillat-Savarin, Physiologie des Geschmacks oder physiologische Anleitung zum Studium der Tafelgenüsse, S. 146f.

92Kakuzo Okakura, Das Buch vom Tee, übertr. u. mit einem Nachw. v. Horst Hammitzsch. Mit Fotos aus Japan und einem Essay von I. Schaarschmidt-Richter, Frankfurt a. M., Insel-Verlag, 1979, S. 11.

93Ebd., S. 11.

94Ebd., S. 69f.

95Kakuzo Okakura, Le Livre du thé, übers. v. C. Atlan und Z. Bianu, Arles, P. Picquier „Picquier Poche“, 2006, S. 147. [Anm. d. Übers.: Das Zitat wurde selbst übersetzt, da es im französischen Original aus einem Nachwort stammt, das in der sonst verwendeten deutschen Übersetzung nicht enthalten ist.]

96Claude Lévi-Strauss, „L’art de donner du goût“, S. 38. Der Verfasser gibt eines von den Rezepten der Tsimshian-Indianer wieder, die am Nordwestufer des Pazifiks wohnen: „Man lässt die Fische an der Luft trocknen. Anschließend kocht man sie in Gefäßen mit Wasser, in die man im Feuer erhitzte Steine taucht, dann wird allmählich der Schaum abgeschöpft. Das Übrige wird auf einem Sieb über einem Gefäß verteilt und von einer alten Frau mit nackten Brüsten mit aller Kraft gepresst, um das Fett zu extrahieren. Diese Arbeit ist den Männern streng verboten. Dann stapelt man die Fischkuchen in einer Ecke des Hauses, wo sie faulen und von Würmern wimmeln. Trotz ihres unerträglichen Gestanks dürfen sie nicht weggeworfen werden. Kein Teilnehmer darf sich mehr waschen, und alle müssen bis zum Abschluss der Arbeit, die zwei oder drei Wochen dauern kann, bedeckt mit Schmutz bleiben. Andernfalls wird der „gedemütigte“ Fisch zurückkehren.

97Bernhard von Clairvaux, „De consideratione“, in Sämtliche Werke lat./dt., hg. v. Gerhard Winkler, Band I, Innsbruck, Tyrolia, 1990, S. 612–841. Buch II, 7, S. 683 und Buch II, 8, S. 687– 689. (zitiert in Corine Pelluchon, Éléments pour une éthique de la vulnérabilité, S. 302–306).

98Paul Ricoeur, Das Selbst als ein Anderer, übers. v. Jean Greisch in Zusammenarbeit mit Thomas Bedorf, Birgit Schaaff, München, Fink, 1996., S. 185.

99Edmund Husserl, „Kopernikanische Umwendung der Kopernikanischen Umwendung.“ [Husserls eigener Manuskripttitel: „Umsturz“ der kopernikanischen Lehre […]. Die Ur-Arche bewegt sich nicht […]], hg. v. Dieter Lohmar, in: Jörg Dünne und Stephan Günzel (Hg.): Raumtheorie. Grundlagentexte aus Philosophie und Kulturwissenschaften, Frankfurt a. M., Suhrkamp, 2006, S. 163.

100Ebd., S. 159.

101Ebd., S. 163

102Ebd., S. 163f.

103Edmund Husserl, „Räumlichkeit der Natur“, in Philosophical Essays in memory of Edmund Husserl, Cambridge, Harvard University Press, 1940, S. 315. [Anm. d. Übers.: Der Teil des Textes, aus dem dieses Zitat stammt, ist in Raumtheorie. Grundlagentexte aus Philosophie und Kulturwissenschaften. nicht enthalten, daher verweise ich hier auf einen anderen Band.]

104Edmund Husserl, „Kopernikanische Umwendung der Kopernikanischen Umwendung.“, S. 163.

105Ebd.

106Emmanuel Levinas, Totalität und Unendlichkeit, S. 196.

107Emmanuel Levinas, En découvrant l’existence avec Husserl et Heidegger, S. 50.

108Der Text „Bauen Wohnen Denken“ von 1954 zeugt von einem echten Gedanken der Behausung, wie man im nächsten Kapitel noch sehen wird. Siehe Martin Heidegger, „Bauen, Wohnen, Denken“, in Dietmar Eberle (Hg.), Handwerkheft IV, Zürich, 2014, S. 145–165.

109Emmanuel Levinas, Totalität und Unendlichkeit, S. 217–220.

110Emmanuel Levinas, Pouvoirs et origine, OEuvres, Bd. II, Paris, Grasset, 2011, S. 109–150.

111Ebd., S. 109–110.

112Ebd.

113Erwin Straus, Vom Sinn der Sinne, S. 392.

114Ebd.

115Ebd., S. 298. (Hervorhebung im Original)

116Ebd.

117Ebd., S. 329.

118Ebd.

119Ebd.

120Ebd.

121Ebd., S. 335.

122Henri Maldiney, Aux déserts que l’histoire accable. L’art de Tal Coat, Paris, Cerf „Bibliothèque du Cerf “, 2013, S. 24.

123Erwin Straus, Vom Sinn der Sinne, S. 335.

124Ebd., S. 378 (Kursivierung im dt. Original).

125Ebd., S. 383.

126Ebd., S. 384.

127Ebd.

128Emmanuel Levinas, Totalität und Unendlichkeit, S. 224–229.

129Ebd., S. 222.

130Ebd., S. S. 390–395.

131Dieser Passus wird im nächsten Kapitel, wenn wir Watsuji Tetsurôs Konzeption der Ethik von Heideggers Sein-zum-Tode entgegenstellen, vervollständigt werden, aber auch zu Beginn des dritten Kapitels des zweiten Teils dieses Werks, wenn die Rede von der Atombombe und der mit ihr verbundenen Auslöschungs-Drohung sein wird sowie von einer Definition der gemeinsamen Welt.

132Paul Ricoeur, Das Willentliche und das Unwillentliche, S. 505.

133Ebd.

134Ebd., S. 514.

135Ebd., S. 505 f.

136Ebd., S. 506.

137Ebd., S. 507.

138Ebd.

139Ebd.

140Ebd., S. 511.

141Ebd., S. 516

142Ebd., S. 514.

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