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bb) Vertragsschluss und -inhalt

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Angesichts der nur grob umrissenen Konturen und des nur abstrakten Inhalts des Franchise-Begriffs sowie der Tatsache, dass es keinen allgemein gültigen Franchise-Mustervertrag gibt, werden die Inhalte des Franchisevertrages zwischen den Vertragspartnern privatautonom ausgehandelt und festgelegt. Dabei verwundert es nicht, dass die Ausgestaltung der Vertriebsbeziehung zwischenzeitlich eher einem „Anweisungsvertrieb“ mit der vom Franchise-Geber erwünscht existentiellen Abhängigkeit des Franchise-Nehmers ähnelte, als einem Vertragsverhältnis auf Augenhöhe.

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Den Grund für diese zunächst negative Entwicklung erkannte man Mitte der 90er Jahre in der vor Vertragsschluss bestehenden typischen Informationsasymmetrie zwischen dem Franchise-Geber und dem Franchise-Nehmer, die sich zumeist zulasten des Franchise-Nehmers auswirkte. Insofern wurde es als wesentlich erachtet, diese Informationsasymmetrie in Bezug auf wesentliche Aspekte des Franchiseverhältnisses abzubauen und für eine vorvertragliche gegenseitige Information und Aufklärung zu sorgen. Hierdurch sollte der Franchise-Nehmer in die Lage versetzt werden, eine reflektierte Entscheidung zum Vertragsschluss unter Berücksichtigung der abschätzbaren Folgen zu treffen.

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Schon früh verlangten daher der Ehrenkodex des Europäischen Franchiseverbandes (European Code of Ethics of Franchising) bzw. der des Deutschen Franchiseverbandes von einem Franchise-Geber, dass der Franchise-Nehmer vor Vertragsschluss vollständig aufgeklärt wird. Hinzu traten die selbstverpflichtenden Richtlinien des Deutschen Franchiseverbandes zur vorvertraglichen Aufklärung, die zumindest für die Mitglieder des Deutschen Franchiseverbandes auch selbstverpflichtend wirkten.

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Parallel hierzu ergab sich auch die erste Rechtsprechung zum vorvertraglichen Umgang bei Anbahnung eines Franchisevertrages. Hier hat insbesondere das seither regelmäßig zitierte Urteil des OLG München vom 16.9.199310 besondere Bedeutung erlangt, welches bestimmte, dass der Franchise-Geber den Franchise-Nehmer richtig und vollständig mit Aufnahme der Vertragsverhandlungen und vor Abschluss des Vertrages über die Rentabilität des Systems vollständig, wahrheitsgemäß und unmissverständlich zu unterrichten habe11 und sich der Franchise-Geber nach §§ 311 Abs. 2 Nr. 1, 241 Abs. 2, 280 Abs. 1 BGB (früher: culpa in contrahendo) schadensersatzpflichtig mache, wenn er gegen diese Aufklärungsverpflichtung verstoße. Ferner, dass der Franchise-Geber, der wegen der vorvertraglichen Aufklärungspflichtverletzung schadensersatzpflichtig werde, dem Franchise-Nehmer nicht entgegenhalten könne, dass dieser leichtfertig auf die Anpreisungen des Franchise-Gebers vertraut habe.

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Dies bestätigte einige Jahre später das OLG Schleswig mit Urteil vom 22.1.200812 und zog zugleich eine bis heute wichtige Grenze, indem es klarstellte, dass der Schutz der geschäftlichen Unerfahrenheit des Franchise-Nehmers nicht so weit reichen dürfe, dass der Franchise-Geber nunmehr die Rolle des Existenzgründungsberaters13 zu übernehmen habe. Es obliege dem Franchise-Geber nicht, den Franchise-Nehmer über die allgemeinen Risiken einer beruflichen Selbstständigkeit aufzuklären oder für ihn umfassende Kalkulationen zu erstellen, die ein mit betriebswirtschaftlichen Grundkenntnissen vertrauter Unternehmer/Franchise-Nehmer selbst erstellen könne.14 Allerdings träfen den Franchise-Geber zwei Pflichten, namentlich das Täuschungsverbot und Aufklärungspflichten. Neben dem Verbot, den Franchise-Nehmer über vertragswesentliche Umstände zu täuschen, sei der Franchise-Geber verpflichtet, den (potenziellen) Franchise-Nehmer über solche Umstände aufzuklären, die alleine ihm bekannt seien und von denen er weiß oder wissen müsse, dass die Entscheidung der anderen Partei durch deren Kenntnis beeinflusst werde. Diese Aufklärungspflicht beträfe insbesondere die für den geschäftlichen Erfolg des Franchise-Nehmers relevanten Umstände, wobei die genaue Reichweite der Aufklärungspflicht von den Umständen des Einzelfalls unter Berücksichtigung von Treu und Glauben (§ 242 BGB) abhänge.15 Der Franchise-Nehmer dürfe sich allerdings auf die Angaben verlassen, die der Franchise-Geber ihm gegenüber mache, und habe dieselben im Einzelnen auch nicht mehr nachzuprüfen oder zu hinterfragen.

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Mit den vorgenannten Urteilen waren die Basis und zugleich der Rahmen für zahlreiche gerichtliche Entscheidungen geschaffen, die sich im Folgenden mit der Anbahnung von Franchiseverhältnissen zu befassen hatten und welche die vorvertraglichen Informations- und Aufklärungspflichten weiter präzisierten. Dabei ist allerdings nicht immer eine stringente Haltung der Gerichte zu beobachten. Vielmehr urteilten sie anfänglich – nach dem Urteil des OLG München – eher im Sinne der Franchise-Nehmer, zwischenzeitlich – nach dem Urteil des OLG Schleswig – eher im Sinne der Franchise-Geber, und aktuell scheint sich das Pendel wieder in Richtung des Franchise-Nehmers zu bewegen.

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