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b) Rechtshistorie

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Frankreich nimmt hinsichtlich der Verschriftlichung der Informations- und Aufklärungspflichten eine Vorreiterrolle innerhalb Europas ein.9 Angeregt vom „Europäischen Verhaltenskodex für Franchising“, der sich aus einem Verhaltenskodex des französischen Franchiseverbands (FFF)10 entwickelte, hat die französische „Association française de normalisation“ (AFNOR) im Juli 1987 auf Bitten des Staatssekretärs für Handel die Norm Z 20-000 erarbeitet,11 welche erste Vorschläge zur Konkretisierung der vorvertraglichen Aufklärungspflichten in Franchiseverhältnissen vorhielt. Durch die dort implementierten Offenlegungsverpflichtungen sollte insbesondere dem Wunsch des Staatssekretärs entsprochen werden, das bestehende Ungleichgewicht in der Beziehung der Franchise-Geber zu ihren abhängigen Franchise-Nehmern, die sich nach französischem Recht auch nicht als Verbraucher schützen ließen, durch eine verbesserte vorvertragliche Aufklärung zu beseitigen. Allerdings wurde die AFNOR Norm Z 20-000 anschließend nicht „homologisiert“, sodass ihr der Status einer (zunächst angedachten) Verwaltungsvorschrift und damit eine Rechtsverbindlichkeit verwehrt blieb. Sie besitzt jedoch bis heute auslegungsleitenden Charakter. Ihr Inhalt kann ferner durch eine entsprechende Vereinbarung der Vertragspartner – und damit nur bilateral – in den Franchisevertrag einbezogen werden.

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In Anlehnung an die vorgenannten Verhaltenskodizes und die AFNOR-Norm Z 20-000 schuf der französische Gesetzgeber zwei Jahre später mit dem Gesetz Nº89-1008 vom 31.12.1989, dem sog. Loi Doubin, dann doch eine gesetzliche Grundlage für die vorvertraglichen Aufklärungs- und Offenlegungspflichten zum Abschluss von Vertriebs- und Lizenzverträgen, welche 16 Monate später wortgleich in den Code de Commerce (Art. L 330-3 Code de Commerce) überführt wurde. Zeitgleich entstand das Ausführungs- beziehungsweise Anwendungsdekret vom 4.4.1991, welches die Inhalte des abstrakt gefassten Loi Doubin, insbesondere bezüglich der Inhalte des Offenlegungsdokumentes nach Art. L 330-3 Abs. 2 Code de Commerce konkretisierte (Art. 1) und außerdem anordnete, dass ein Verstoß gegen die vorgegebene Aufklärung und Offenlegung mit Bußgeldern zu belegen ist (Art. 2). Die Detailbestimmungen aus dem Ausführungsdekret wurden in der Folge nur geringfügig verändert12 und im Jahr 2007 in Art. R 330-1/2 Code de Commerce überführt.13 Das ursprüngliche Ausführungsdekret – welches damit seine Relevanz verloren hatte – wurde aufgehoben. Insgesamt war mit den nunmehr bestehenden Regeln in Art. L 330-3 Code de Commerce (partie législative) und dem Art. R 330-1/2 Code de Commerce (partie réglementaire) eine arbeitsfähige Grundlage in Frankreich entstanden.14

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Der Code de Commerce wurde im Jahr 2015 durch das sog. Macron-Gesetz15 (Loi Macron) modifiziert und ergänzt, welches mit dem Ziel angetreten ist, Wachstum, Aktivität und wirtschaftliche Chancengleichheit in Frankreich zu fördern. Neben zahlreichen Änderungen auf diversen Rechtsgebieten führt das Macron-Gesetz gemäß Art. 31 zwei Bestimmungen in das 3. Buch des französischen Handelsrechts ein, die unter dem neuen Titel „Handelsvertriebsnetze“ ganz allgemein für Vertriebsverträge und damit auch für Franchiseverträge Gültigkeit beanspruchen und die allgemeine Vertragsfreiheit zulasten des Vertriebs-Gebers (und damit auch des Franchise-Gebers) partiell einschränken.

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Nach diesen, durch Art. 31 Macron-Gesetz neu eingefügten, Art. L 341-1 und Art. L 341-2 des Code de Commerce enden alle zwischen Einzelhändler und Vertriebszentrale abgeschlossenen Mitglieds- und damit auch Franchiseverträge (Rahmenverträge) zu einem jährlichen und gemeinsamen Stichtag. Außerdem sehen die Regelungen einige Erleichterungen für die Vertriebs-Nehmer (Franchise-Nehmer) vor, die von einem Vertriebsnetz in ein anderes wechseln möchten: Das Gesetz beschränkt hierfür z.B. die Dauer von Anschlussverträgen auf neun Jahre, untersagt die stillschweigende Verlängerung von solchen Verträgen, verbietet nachvertragliche Klauseln, welche die unternehmerische Freiheit des Vertriebs-Nehmers (Franchise-Nehmers) einschränken, und verlangt die Ausweitung der Beendigung (Kündigung) eines Vertrages auf alle anderen Verträge, die mit demselben Vertriebs-Nehmer (Franchise-Nehmer) geschlossen wurden.16 Inwieweit diese Restriktionen auch die vorvertragliche Offenlegungsverpflichtung tangieren können, ist derzeit nicht abzusehen und wird bislang weder in der französischen Rechtsprechung noch in deren Literatur thematisiert.

Vierter Teil: Handelsvertriebsnetze

Art. L 341-1 Code de Commerce 17

(1) Alle Verträge, die zwischen einer natürlichen oder einer juristischen Person des Privatrechts einerseitsund einem Kaufmann andererseits geschlossen werden, der auf eigene oder fremde Rechnung ein Einzelhandelsgeschäft führt und dessen Ziel der Betrieb dieses Einzelhandelsgeschäfts ist, und die Klauseln enthalten, die geeignet sind, die gewerbliche Betätigungsfreiheit dieses Einzelhändlers einzuschränken, enden an einem gemeinsamen Stichtag.

(2) Im Falle der Kündigung eines dieser Verträge gelten alle weiteren im ersten Abs. des vorliegenden Art. genannten Verträge als gekündigt.

(3) Dieser Art. ist nicht anwendbar auf Mietverträge, deren Vertragsdauer in Art. L 145-4 geregelt ist, Vereinsverträge und bürgerliche Gesellschaftsverträge, Handelsgesellschafts- und Genossenschaftsverträge.

Art. L 341-2 Code de Commerce

(1) Alle weiteren Bestimmungen, die nach Vertragsablauf oder nach der Kündigung eines der in Art. L 341-1 genannten Verträge die gewerbliche Betätigungsfreiheit des Einzelhändlers vertraglich beschränken, sind unwirksam (gelten als nicht geschrieben).

(2) Davon ausgenommen sind die Bestimmungen, welche kumulativ die folgenden Bedingungen erfüllen, sofern sie von den betroffenen Personen geltend gemacht werden:

1. sie betreffen Waren oder Dienstleistungen, die mit denjenigen Waren und Dienstleistungen im Wettbewerb stehen, welche Gegenstand des in (1) genannten Vertrages sind;

2. sie betreffen ausschließlich Grundstücke und Räumlichkeiten, innerhalb derer der Einzelhändler seine Tätigkeit während der Laufzeit des in (1) genannten Vertrages ausübt;

3. sie sind zum Schutz des übertragenen, substantiellen, spezifischen und geheimen Know-hows im Rahmen des in (1) genannten Vertrages unerlässlich;

4. sie sind auf eine Dauer von höchstens einem Jahr nach dem Ablauf oder der Kündigung eines der in Art. L 341-1 genannten Verträge befristet.

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