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Einleitung

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Franchiseverträge nehmen im Wirtschaftsverkehr eine beachtliche Rolle ein. Die Franchise-Wirtschaft in Deutschland wächst seit Jahren kontinuierlich an, wie die Zahlen des Deutschen Franchise Verbands (DFV) erneut belegen.1 Dabei werden zum einen ausländische Franchisesysteme im Inland etabliert und ermöglichen Existenzgründern den (nicht ganz so risikobehafteten, allerdings auch in der unternehmerischen Entscheidungsfreiheit eingeschränkten) Sprung in die Selbstständigkeit (populäre Beispiele: Subway, McDonalds) und zum anderen können über das Franchise deutsche Unternehmen ihre Geschäftsbereiche und -ideen ins Ausland transportieren. Das Franchising ist insoweit auch eine weit verbreitete Variante für den Markteintritt im Ausland.

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Damit verbunden stellt sich für die Franchise-Nehmer im In- und Ausland stets die Frage nach der Qualität des jeweiligen Systems, sowohl hinsichtlich der Begründung desselben (hier insbesondere Wirtschaftlichkeit, Rentabilität, Standort, Lage und Qualität der nutzbaren Objekte), der Ausgestaltung (hier insbesondere Dienstleistungs- und Produktpalette, Zahlungs-, Kreditaufnahme und -abwicklung) und – in die Zukunft orientiert – der Weiterentwicklungspotenziale des jeweiligen Franchisesystems (insbesondere Durchsetzungsfähigkeit am Markt, Möglichkeit zur Erweiterung des Vertragsgebietes). Gerade die Fragen zur Qualität des Systems prägen ganz entscheidend die Anbahnung und die sich anschließenden Verhandlungen über den Abschluss eines Franchisevertrages.

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Dabei liegt es in der Natur der Sache, dass der Franchise-Geber das eigene System möglichst günstig darstellen möchte, um den Franchise-Nehmer zu einem Vertragsabschluss zu motivieren und um sein eigenes System im Markt zu vergrößern. Der Franchise-Nehmer möchte dagegen möglichst umfassend und ungeschönt über die tatsächlichen, insbesondere wirtschaftlichen Verhältnisse und Aussichten informiert werden, um auf der Basis realistischer Informationen eine Entscheidung bezüglich der eigenen und künftigen Selbstständigkeit und nachhaltigen Solvenz treffen zu können. Insofern laufen die Interessen der Beteiligten gerade in den Vertragsverhandlungen recht oft diametral entgegen und werden seit vielen Jahren – insbesondere weil es auf nationaler Ebene keine gesetzlichen Regelungen zum Franchise gibt und überdies bei grenzüberschreitender Systemausweitung diverse Rechtsordnungen mit unterschiedlichen Anknüpfungsregeln betroffen sein können – durch eine dezidierte Rechtsprechung2 einerseits und durch (vor-) vertragliche Gestaltungsempfehlungen3 andererseits begleitet, die das Ziel haben, dieser asymmetrischen Informationsverteilung zwischen Franchise-Nehmer und Franchise-Geber entgegenzuwirken und dabei sowohl kollisionsrechtliche als auch materiell-rechtliche Aspekte mit einbeziehen.

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Diese Gestaltungsempfehlungen geben zwar eine erste taugliche Hilfestellung und berücksichtigen das verstärkte Schutzbedürfnis des Franchise-Nehmers, können aber die Rechtsunsicherheiten für die Verhandlungspartner – gerade was Inhalt und Umfang der qualitätsbezogenen Aufklärungs- und Mitteilungspflichten als vorvertragliche Informationspflichten anbetrifft – am Ende wohl nicht vollständig beseitigen, wie die immer wieder aufkeimende Diskussion um eine gesetzliche Regelung zur vorvertraglichen Aufklärungspflicht als Grundlage „transparenter und fairer Vertragsbedingungen“ zeigt.4

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Im Rahmen des vorliegenden Werkes wird daher wertneutral und am Ende rechtsvergleichend die Ausgestaltung von verschiedenen Franchiseregelungen weltweit dargestellt und dabei der Fokus auf eben solche Regelungen gerichtet, die in der vorvertraglichen Vertragsanbahnungsphase einer asymmetrischen Informationsverteilung zwischen Franchise-Nehmer und Franchise-Geber entgegenwirken sowie dem verstärkten Schutzbedürfnis des Franchise-Nehmers aufgrund des Auseinanderfallens von unternehmerischem Risiko und unternehmerischer Entscheidungsfreiheit Rechnung tragen sollen. Die dargestellten Inhalte geben dabei Aufschluss über die diversen Systemansätze zu den vorvertraglichen Informations- und Aufklärungspflichten des Franchise-Gebers und legen sie detailliert, unter Verweis auf die einschlägigen Rechtsvorschriften, dar. Zur Vervollständigung des Bildes werden Aussagen dazu getroffen, inwieweit die Regelungen die Rechtssicherheit und die Rechtsstellung der Franchise-Nehmer tatsächlich verbessert haben und wie sich die Wissenschaft zu den Regelungen positioniert. Die Darstellungen folgen dabei durchgängig einem einheitlichen Aufbau, um die Transparenz und Vergleichbarkeit der Systemansätze zu erhöhen. Eine tabellarische Zusammenfassung der Ausführungen dient am Ende einem zusätzlichen schnellen Überblick.

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Für die 1. Auflage wurden Referenzländer von allen Kontinenten ausgewählt, wobei darauf geachtet wurde, möglichst unterschiedliche Systeme in den Vergleich mit einzubeziehen. Die in Augenschein genommenen Länder sind: Deutschland, Frankreich, Spanien, Schweden und Italien innerhalb Europas sowie die USA mit den Bundesstaaten Delaware und Kalifornien, China, Brasilien, Japan, Südafrika und Australien außerhalb Europas. Diese Länderbetrachtungen bilden den Startpunkt eines Handbuches, das in der Zukunft um weitere Länder ergänzt werden soll.

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Dabei liefern Länderbetrachtungen wichtige Informationen für Franchise-Geber und Franchise-Nehmer, aber auch für alle interessierten Kreise, die einen Überblick über die länderspezifischen Regelungen, Rechtsprechung und wissenschaftliche Meinungen zur Ausgestaltung von vorvertraglichen Aufklärungs- und Informationspflichten bei Abschluss von Franchiseverträgen erhalten wollen. Ferner kann das vorliegende Werk die Diskussionen um gesetzgeberische Maßnahmen sowohl auf nationaler als auch auf europäischer Ebene inhaltlich begleiten.

1 Ergebnisse der Befragung des Deutschen Franchiseverbands, dargestellt im sog. „Franchisebarometer 2017“ von März 2018. Demnach bestehen bundesweit rund 970 Systeme mit knapp 124.000 Partnern, was eine Steigerung von 3,6 % zum Vorjahr darstellt. Insgesamt beschäftigen die über 162.000 Franchisebetriebe (Steigerung um 1,9 % zum Vorjahr) etwa 707.000 Mitarbeiter (Steigerung um 1,3 % zum Vorjahr) und tätigen einen Umsatz von 112,2 Mrd. EUR (Steigerung um 8 % zum Vorjahr). Vgl. dazu www.franchiseverband.com/verband/franchisebarometer/. 2 U.a. OLG München v. 16.9.1993 – 6 U 5495/92, NJW 1994, 667 ff.; OLG Hamm v. 22.12.2011 – I 19 U 35/10, ZVertriebsR 2012, 177 ff.; OLG Düsseldorf v. 25.10.2013 – I 22 U 62/13, ZVertriebsR 2014, 46 ff.; OLG Hamburg v. 28.7.2015 – 4 U 10/14, ZVertriebsR 2015, 78 ff.; weitere Nachweise bei Martinek/Semler/Flohr, Handbuch des Vertriebsrechts, vor § 29 „Rechtsprechung zur vorvertraglichen Aufklärung“. 3 European Franchise Federation (EFF), Europäischer Verhaltenskodex für Franchising (Ethikkodex); Deutsche Franchiseverband e.V. (DFV), Richtlinie zur vorvertraglichen Aufklärung beim Abschluss von Franchiseverträgen. 4 Vgl. zuletzt etwa die Entschließung des Europäischen Parlaments v. 12.9.2017 für eine Europäische Richtlinie zum Franchiserecht „Legal Perspective of the Regulatory Framework and Challenges for Franchising in the EU“. Siehe dazu auch: Giesler/Güntzel, Franchising: Aufklärungspflichten und kein Ende?, NJW 2007, 3099 ff.; Braun, Aufklärungspflichten des Franchise-Gebers bei den Vertragsverhandlungen, NJW 1995, 504 ff.; Flohr, Editorial, ZVertriebsR 2016, 1 f. sowie ZVertriebsR 2018, 69 f.

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