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Echte und falsche Freunde

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Selbst wenn Radsport auch ein Mannschaftssport ist, stehen doch meist die Fahrer im Fokus, die als erste über die Ziellinie rollen. Daher erscheint es außergewöhnlich, wenn Fahrer am Ende den Schulterschluss üben, aus Rivalen zumindest für einige Minuten Verbündete werden – von solchen Szenen der Verbrüderung an der Flamme Rouge gibt es einige in der Radsportgeschichte. Die berühmteste Szene war bei der Tour de France 1986 in L’Alpe d’Huez zu sehen, als sich Greg LeMond und Bernard Hinault absetzten und am Ende Hand in Hand über die Ziellinie rollten. Für die vermeintliche Verbrüderung war viel Schauspieltalent vonnöten, denn die beiden Fahrer waren Teamkameraden, ohne Kameraden zu sein. Auf Geheiß ihrer Mannschaftsführung überquerten der fünfmalige Tour-Gewinner und der ungeliebte amerikanische Rivale in gespielter Eintracht die Linie. Dabei soll sich Hinault noch um einige Zentimeter nach vorne geschoben haben, was LeMond ihm offenbar noch Jahre später übel genommen hat. Auch bei der Tour de France 2001, der Etappe nach Luz Ardiden, wählten die Nummer eins und zwei des Gesamtklassements im Finale des Rennens große gemeinsame Gesten – mit dem Unterschied, dass sich Lance Armstrong und Jan Ullrich tatsächlich respektierten und bis heute freundschaftlich verbunden sind. Bevor der Deutsche und der US-Amerikaner Hand in Hand die Ziellinie passierten, hatten sie jeweils – vergeblich – versucht, den anderen Fahrer bei der Bergetappe abzuschütteln. Besonders Ullrich wurde die Geste im Nachhinein von Kritikern angekreidet. Der Vorwurf: Wie so oft bei der Tour de France habe sich der Deutsche frühzeitig in der Rundfahrt mit dem zweiten Platz abgefunden und daher nur halbherzig und vorhersehbar attackiert.

Psychologie spielt, wie bereits erörtert, ganz grundsätzlich eine große Rolle im Radsport: im Duell mit dem eigenen Körper, der sich gerne mit Krämpfen gegen die Höchstbelastung zur Wehr setzt; oder aber im Wettstreit mit den Rivalen, bei dem Nervenstärke und schauspielerisches Talent zur wichtigsten Waffe werden können. Wer auch immer der Widersacher ist – im Finale spitzen sich solche Psychoduelle meist zu. In dieser Disziplin hat Lance Armstrong wiederholt große Leistungen vollbracht, so etwa bei der Tour de France 2001, auf der Etappe nach L’Alpe d’Huez: Zwischenzeitlich spielte der US-Postal-Fahrer den sterbenden Schwan, indem er sich stets mit leidendem Gesicht am Ende des Feldes aufhielt. Doch als die Fahrer die Kehren hinauf nach L’Alpe d’Huez erreichten, zündete Armstrong plötzlich den Turbo und raste dem Feld davon. Im Ziel hatte er zwei Minuten Vorsprung – und die Tour de France für sich entschieden.

Nicht nur auf der ganz großen Bühne des Radsports gab es immer wieder Beispiele für den großen Bluff: In diesem Buch wird an die Austragung von Rund um Köln im Jahr 1974 erinnert, bei der mit Hermann Jungbluth ein Amateur die besten Karten hatte, das Rennen für sich zu entscheiden – um am Ende doch von Dietrich Thurau auf eine umstrittene Art und Weise geschlagen zu werden.

Bei einem weiteren Rennen, das in diesem Buch thematisiert wird, wurde Thurau Schauspielerei vorgeworfen, diesmal jedoch in der Rolle des großen Verlierers: Bei der Straßenweltmeisterschaft 1977 in San Cristóbal in Venezuela soll der Deutsche den Sieg an Francesco Moser verkauft haben. Auch hier schildert Thurau im Interview seine eigene Sicht der Dinge.

Flamme Rouge

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