Читать книгу Flamme Rouge - Daniel Lenz - Страница 9

EINLEITUNG

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Das krönende Finale großer Radrennen wird mit der »Flamme Rouge« angekündigt, dem roten Teufelslappen, der über der Strecke im Wind weht. Je nach Fahrer hat das Stück Stoff unterschiedliche Bedeutungen: für Solo-Ausreißer, dass sie nur noch 1.000 Meter durchhalten müssen, bevor sie ins Ziel kommen – was besonders bei Bergankünften noch quälend lang sein kann; für Fahrer aus Fluchtgruppen, dass es jetzt darauf ankommt, mit Finesse oder rohem Krafteinsatz die Konkurrenten auszuschalten; für Sprinter und ihre Züge, dass sie sich spätestens jetzt für den Massensprint positionieren müssen. Für die einen ist die Flamme Rouge das Tor zum Paradies, für die anderen der Eingang zur Hölle. Der kleinste Fehler, ein Zuviel an Risiko kann hier ganze Karrieren überschatten.

Für die Zuschauer am Fernseher ist der Teufelslappen ebenso ein Signal, ihre Aufmerksamkeit zu steigern. Die meist fiebrig wirkenden Kommentatoren der Rennen in TV und Radio führen durch das Finale, erklären die letzten Schachzüge vor der Ziellinie und interpretieren das oft dramatische Geschehen. Was tatsächlich in den Köpfen der Fahrer im Finale vorgeht, bleibt ihnen jedoch verborgen. Das vorliegende Buch widmet sich dieser Innenperspektive: Profis von damals und heute, berühmte und unbekannte Fahrer, Bergfahrer und Sprinter, Anführer und Wasserträger berichten von ihren Erfahrungen vor und auf dem letzten Kilometer, von triumphalen Siegen und krachenden Niederlagen, von Stürzen und anderen Pannen, von unerbittlichen Duellen und nervenkitzelnden Solofahrten. Oft sind die hautnah geschilderten Final-Erlebnisse Ausgangspunkt weiterer spannender Anekdoten aus dem eigenen Leben oder aus der Welt des Radsports.

Erstmals wurde der Teufelslappen 1906 bei der Tour de France aufgehängt. Am 3. Juli des Jahres veröffentlichte die vom Tour-Organisator Henri Desgrange herausgegebene Zeitung »L’Auto« eine Vorschau der Auftaktetappe von Paris nach Lille. Unterhalb der Liste der 96 Fahrer gab es einen Verweis auf eine Neuerung im Rennen, wie der Journalist Pierre Chany 2011 in seinem Buch »La Fabuleuse Histoire du Tour de France« berichtet: Um die Risiken im Rennen zu reduzieren, hieß es in der Meldung, werde bei jeder Etappe einen Kilometer vor dem Ziel eine rote Markierung angebracht. Desgrange soll bei der Erfindung der Flamme Rouge an das Militär gedacht haben, wo Soldaten mittels einer roten Flagge der Schlachtbeginn signalisiert wurde. Doch am Tag des geplanten Debüts der Flamme Rouge gab es laut Chany bereits Komplikationen: Beamte der Stadt Lille verlangten in letzter Minute vom Veranstalter, das Ziel zu verlegen, aus dem Stadtzentrum heraus in einen anderen Stadtteil. Ob die Organisatoren bei der hastigen Ziel-Verlagerung auch an das rote Stück Stoff dachten, ist nicht überliefert.

Flamme Rouge

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