Читать книгу Die Insel - Daniel Sternberg - Страница 18

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Es war noch dunkel, als Leon an Elias' Tür klopfte. Er hatte kaum geschlafen - so sehr hatte sein Magen geknurrt - und sich früh auf den Weg gemacht. Ein Mädchen, das genauso früh unterwegs gewesen war, hatte ihm den Weg zu Elias' Haus gewiesen, das auf dem höchsten Punkt des Dorfes stand. Es war grösser als die anderen Häuser, besass zwei Stockwerke und war nur über eine lange Treppe zu erreichen. Es dauerte eine Weile, bis Elias die Tür öffnete. Er blinzelte mit den Augen, und als er Leon erkannte, lächelte er.

"Du willst arbeiten?", fragte er und sah erwartungsfroh zu ihm auf. Leon nickte und wurde ins Haus gebeten. Elias war gerade beim Frühstück und lud ihn ein, mit ihm zu essen. Es gab Brot und gepökelten Fisch, dazu Früchte und Beeren. Sie assen schweigend. Leon war verstimmt, dass er so lange kein Essen bekommen hatte, und es schien, als ob diese Tatsache auch Elias ein wenig beschämte, so dass keiner von beiden das Bedürfnis verspürte, zu sprechen. Als Elias den letzten Bissen geschluckt hatte, erhob er sich von seinem Stuhl, räumte den Tisch ab, griff nach seinem Stock und bedeutete Leon, ihm zu folgen. Sie verliessen das Haus, stiegen die Treppe hinunter und gelangten zum Dorfplatz, auf dem sich in der Zwischenzeit zahlreiche Männer eingefunden hatten. Elias gesellte sich zu einer Gruppe, die um ein paar zusammengefaltete Fischernetze herumstand - es war dieselbe Gruppe, die Leon vor ein paar Tagen nach dem Festland gefragt hatte - und sprach mit dem grossen, kräftigen Kerl, der Leon geraten hatte, seine Flausen zu vergessen. Der Kerl schaute sich um und winkte Leon heran.

"Es geht also doch", sagte er zur Begrüssung und kratzte sich in seinem Bart. Seine kleinen, nah beieinander liegenden Augen blieben ohne Ausdruck, so dass Leon nicht sagen konnte, ob er sich darüber freute oder nicht. "Du kannst gleich mit anpacken!"

Leon verabschiedete sich von Elias und half den Männern, die erstaunlich schweren Netze zur Küste zu tragen. Sie erreichten eine schmale, in den Fels gehauene Treppe, die durch die Klippen nach unten führte. Die Treppe war steil und die Stufen standen eng beieinander, so dass Leon aufpassen musste, dass er nicht ausrutschte. Am unteren Ende der Treppe stiessen sie auf eine kleine Plattform und mehrere Boote, die an Pflöcken vertäut waren. Die Boote waren einfach gebaut. Der Rumpf bestand aus einem ausgehöhlten Baumstamm, die Ausleger waren über zwei Querstreben mit dem Rumpf verbunden. Je zwei Männer setzten sich in eines der Boote, und Leon wurde angewiesen, sich in das Boot des Bärtigen zu setzen. Er bekam ein Ruder, sie legten ab und fuhren hinaus, entfernten sich aber nicht sehr weit von der Küste. Das Boot schaukelte beständig auf den Wellen, so dass Leon schon bald von einer leichten Übelkeit befallen wurde, sich aber nichts anmerken liess. Nachdem die Netze ausgeworfen waren, wurden die beiden Enden an je einem Boot verzurrt und die Boote parallel zueinander und gegen die Strömung vorwärts gerudert. Sobald sich genügend Fische in den Maschen verfangen hatten, ruderten die Boote aufeinander zu und schlossen den Kreis. Gleichzeitig wurde die Leine, welche den unteren, mit Steinen beschwerten Rand des Netzes bildete, zugezogen, so dass die Fische vollständig vom Netz umschlossen waren. Danach musste das Netz nur noch eingeholt und an Bord gezogen werden. Der Bärtige gab sich äusserst wortkarg und erklärte nur das Allernötigste, so dass Leon mehrheitlich auf sich alleine gestellt war. Er schaute zu, prägte sich die Abläufe ein und packte an, wo immer er konnte. Der ganze Vorgang wurde mehrmals wiederholt, während die Sonne in den Himmel stieg und erbarmungslos auf die Fischer niederbrannte. Die Arbeit war hart und die Leinen schnitten Leon in die Handflächen, doch war er trotzdem zufrieden mit der Arbeitseinteilung - denn als Fischer hatte er zumindest die Möglichkeit, das Meer zu beobachten und allfällige Schiffe zu sichten.

Gegen Mittag erschallte aus dem Dorf die Fanfare, worauf die Männer augenblicklich von ihrer Arbeit abliessen, die Netze einholten, zur Insel zurückruderten und die Boote vertäuten. Leon war froh darüber und half ihnen gerne, die Fische in die Körbe zu verladen, die auf der Plattform bereitstanden. Sie schulterten die Körbe und die Netze, stiegen die Treppe hoch, gelangten zu einem Haus am Rand des Platzes und traten ein. Das Haus besass einen länglichen, rechteckigen Grundriss und war noch deutlich grösser als dasjenige von Elias, diente aber offenbar ausschliesslich als Arbeits- und Lagerplatz. Die Frauen, die damit beschäftigt waren, Teig zu kneten, Gemüse zu schneiden oder Früchte zu entsteinen, hielten inne, um die Körbe in Empfang zu nehmen. Sie überprüften den Fang, wühlten in den Körben, nahmen einzelne Fische heraus, besahen sie sich genau und nickten. Während sie sich daran machten, die Fische auszunehmen, verstauten die Männer die Netze im hinteren Teil des Hauses. Sie nahmen ein Bündel in Empfang, das Brot, gepökelten Fisch und getrocknete Früchte enthielt, verliessen das Haus, setzten sich in den Schatten und assen schweigend. Sie warteten, bis alle Fischer zurückgekehrt waren - es handelte sich um ungefähr dreissig Männer, die offenbar von weiteren Anlegeplätzen aus gestartet waren - und machten sich auf den Weg ins Inselinnere. Leon, dem geheissen wurde, ihnen zu folgen, zupfte den Bärtigen, der vor ihm herging, am Ärmel.

"Wohin gehen wir?", fragte er verärgert, "ich habe gedacht, wir seien Fischer!"

"Das Rad!", brummte der Bärtige, ohne sich nach ihm umzudrehen.

"Das Rad? Was ..."

"Du wirst schon sehen. Und jetzt komm!"

Die Insel

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