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(1) Deutschen-Grundrechte

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Hierzu gehören vor allem die sog. Deutschengrundrechte (auch Bürgergrundrechte genannt). Grundrechtsberechtigt sind hier nur Deutsche i.S.d. Art. 116 GG. Die Deutschengrundrechte erkennen Sie in aller Regel bereits am Wortlaut des Grundgesetzes. Diese Grundrechte beziehen sich ausdrücklich nur auf „alle Deutschen“ (z.B. Art. 8, Art. 9 Abs. 1, Art. 11 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1 GG). Dass das Wahlrecht gemäß Art. 38 Abs. 1 S. 1 GG auch nur Deutschen zusteht, ergibt sich dagegen zwar nicht unmittelbar aus dem Wortlaut der Bestimmung, folgt aber aus der Natur der Sache. Die Wahlen sind Ausdruck des Demokratieprinzips und der Volkssouveränität und damit ein Recht des Staatsvolks der Bundesrepublik Deutschland, das von den Deutschen i.S.d. Art. 116 GG gebildet wird.[29]

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Bei den Deutschengrundrechten stellt sich die Frage, auf welche Grundrechte sich Staatenlose und Nicht-EU-Ausländer berufen können, wenn sie sich nicht auf die den Deutschen i.S.d. Art. 116 GG vorbehaltenen Deutschengrundrechte berufen können.

Beispiel

M ist iranischer Staatsangehöriger und lebt seit seiner Geburt in Deutschland, wo er seit einigen Jahren als erfolgreicher Geschäftsmann arbeitet. Weil Geschäftsbeziehungen zum Iran zunehmend durch bürokratische Behinderungen erschwert werden, beschließt er zusammen mit einigen anderen Betroffenen, für ungehinderte Geschäftsbeziehungen zum Iran zu demonstrieren.

In unserem Beispiel ist M nicht Deutscher i.S.d. Art. 116 GG. Er kann sich daher nicht auf das an sich thematisch und sachlich einschlägige Freiheitsrecht aus Art. 8 Abs. 1 GG berufen, da es allein Deutschen i.S.d. Art. 116 GG vorbehalten ist. Fraglich ist daher, ob und ggf. auf welches Freiheitsrecht sich M berufen kann. – Dies ist streitig. Das Bundesverfassungsgericht und die herrschende Meinung in der Literatur nehmen an, Staatenlose und Nicht-EU-Ausländer könnten sich zwar nicht auf ein spezielles, nur Deutschen gewährleistetes Grundrecht, statt dessen aber auf das Auffanggrundrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG berufen; grundrechtlicher Schutz werde nach Maßgabe der allgemeinen Handlungsfreiheit gewährleistet.[30] Für unseren Beispielsfall bedeutet dies, dass sich M zwar nicht auf das spezielle Freiheitsrecht aus Art. 8 Abs. 1 GG, aber auf das Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG berufen kann. – Nach anderer Ansicht kommt dies gerade nicht in Betracht. Diese Ansicht beruft sich darauf, es gehöre gerade zum Regelungsgehalt der Deutschengrundrechte, Nichtdeutschen einen entsprechenden Grundrechtsschutz nicht zu gewährleisten.[31] Unter Zugrundelegung dieser Auffassung könnte sich M weder auf Art. 8 Abs. 1 GG noch auf Art. 2 Abs. 1 GG berufen. Er würde somit keinen grundrechtlichen Schutz genießen.

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Bei den Deutschengrundrechten ist ferner problematisch, auf welche Grundrechte sich EU-Ausländer berufen können. Im Gegensatz zu den Staatenlosen und den Nicht-EU-Ausländern (s.o. Rn. 104) genießen sie insofern Privilegien, als für sie gemäß Art. 18, 20 AEUV ein allgemeines Diskriminierungsverbot und zusätzlich besondere Diskriminierungsverbote (etwa Art. 45 und 56 AEUV) gelten. Diese Bestimmungen sind wegen des Anwendungsvorrangs des Gemeinschaftsrechts vor mitgliedstaatlichem Recht auch bei der Auslegung der Grundrechte des Grundgesetzes zu beachten.

Beispiel

Dasselbe Beispiel wie oben Rn. 104; M ist hier jedoch belgischer Staatsangehöriger.

Auf welche Grundrechte sich EU-Ausländer berufen können, ist streitig. Nach einer Ansicht sind die Deutschengrundrechte gemeinschaftsrechtskonform auszulegen mit der Folge, dass sich die EU-Ausländer auf die Deutschengrundrechte berufen können.[32] Legt man – dieser Ansicht folgend – in unserem Beispielsfall Art. 8 Abs. 1 GG gemeinschaftsrechtskonform aus, müssten sich auch EU-Ausländer auf das Deutschengrundrecht aus Art. 8 Abs. 1 GG berufen können. Im Beispielsfall könnte sich M demnach auf das Grundrecht aus Art. 8 Abs. 1 GG berufen.

Nach anderer Ansicht ist dies nach dem Wortlaut der Deutschengrundrechte ausgeschlossen. Hiernach können sich EU-Ausländer auf das Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG berufen. Bei der Anwendung und der Auslegung des Art. 2 Abs. 1 GG müssten wegen der gemeinschaftsrechtlichen Diskriminierungsverbote und des Prinzips der praktischen Anwendbarkeit („effet utile“) aber die strengen Maßstäbe des speziellen Freiheitsrechts angelegt werden, so dass im Ergebnis derselbe Schutzumfang zu gewährleisten sei.[33] Auf der Grundlage dieser Ansicht könnte sich M zwar formell nur auf das Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG berufen; hinsichtlich des materiellen Schutzumfangs wäre er aber Deutschen gleichzustellen.

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