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b) Neuer Eingriffsbegriff

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Angesichts der heute vielfältigen Handlungsmöglichkeiten der Exekutive reicht der klassische Eingriffsbegriff allein nicht mehr aus, um alle denkbaren Erscheinungsformen grundrechtsrelevanter Eingriffe der Exekutive zu erfassen. Daher hat sich ein neuer Eingriffsbegriff entwickelt.

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Nach dem neuen Eingriffsbegriff bedeutet Eingriff jedes staatliche Handeln, das dem Einzelnen ein Verhalten, das in den Schutzbereich eines Grundrechts fällt, ganz oder teilweise unmöglich macht, gleichgültig, ob diese Wirkung final oder unbeabsichtigt, unmittelbar oder mittelbar, rechtlich oder faktisch, mit oder ohne Befehl und Zwang erfolgt. Dabei muss die erzielte Wirkung einer der öffentlichen Gewalt zuzuordnenden Maßnahme zurechenbar sein.[39]

Ein Vergleich der Definitionen des klassischen Eingriffsbegriffs und des neuen Eingriffsbegriffs zeigt, dass alle vier Voraussetzungen des klassischen Eingriffsbegriffs erweitert wurden. Dies hat zur Folge, dass nunmehr auch z.B. faktische Maßnahmen Eingriffscharakter haben können.

Beispiel

Die Stadt D hat eine neue Kläranlage in Betrieb genommen, sehr zum Leidwesen der Bewohner einer nahe gelegenen Wohnsiedlung. Täglich werden sie durch den Lärm und den Gestank, die von der Anlage ausgehen, belästigt. Einige Bewohner leiden bereits unter Schlafstörungen, Übelkeit etc. – Die Stadt D könnte durch das Betreiben der Kläranlage das Grundrecht der Bewohner auf körperliche Unversehrtheit verletzen. Dann müsste ein Eingriff in den eröffneten Schutzbereich dieses Freiheitsrechts vorliegen. Dies bedarf näherer Prüfung, denn ein Eingriff nach dem klassischen Begriffsverständnis liegt ersichtlich nicht vor. Vielmehr erzielt D mit dem Betrieb der Kläranlage eine Wirkung bei den Bewohnern, die sie überhaupt nicht beabsichtigt, die sich aber gleichwohl so negativ auf das Grundrecht der Bewohner aus Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG auswirkt, dass sie einem Grundrechtseingriff gleichsteht.

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Schwieriger zu beurteilen ist die Frage nach dem Vorliegen eines Eingriffs bei mittelbaren Eingriffen. Kennzeichnend für diese ist, dass die öffentliche Gewalt eine bestimmte (belastende oder begünstigende) Maßnahme gegen einen bestimmten Adressaten richtet, die beeinträchtigende Wirkung jedoch nicht bei diesem, sondern bei einem Dritten eintritt.

Beispiel[40]

Die Bundesregierung informiert das Parlament und die Öffentlichkeit über die Osho-Bewegung, die ihr angehörenden Gruppierungen sowie ihre Ziele und Aktivitäten. Dabei bezeichnet sie die Osho-Bewegung u.a. als „Psychosekte“, die „destruktiv“ und „pseudoreligiös“ agiere. – Die Informationstätigkeit der Bundesregierung richtet sich an das Parlament und die Öffentlichkeit und beeinträchtigt das Wirken der Osho-Bewegung.

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