Читать книгу Freeport - Dankmar H. Isleib - Страница 14

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ANNA ahnte nicht, dass ich schon wieder in München war. Ich rief sie an, als die Maschine landete. Ihren Jubelschrei konnte man bis ins Erdinger Moos hören!

»Holst du mich bitte ab?«, säuselte ich verliebt in mein Smartphone und hörte im Hintergrund eine Mischung aus Winseln und Bellen. Galt das nun mir oder noch immer Lady Lola? Jedenfalls freute ich mich nach dem kurzen Horrortrip, die Stimmen, die mir vertraut sind und die ich liebe, zu hören. Ich ahnte, dass die Jungs in Flensburg sich wieder auf neue Punkte in ihrer Kartei freuen würden, die sie einem ehemaligen Kollegen, dem Ex-LKA-Typen Daniel Richter aus München, verpassen können. Niemand schützte mich mehr, und die Münchener Bullen hatten sowieso was gegen mich. Denen war ich zu abgehoben, nur weil ich einen Jaguar fahre, reich eingeheiratet hatte und gut aussehe, wie meine Anna meint!

Als ich nach gut 20 Minuten mit meiner Segeltuchtasche über der Schulter die Ausgangshalle erreichte, stürzte tatsächlich ein laut heulendes, furchtbares Riesenungeheuer auf mich zu: Fanny! Seine Pfoten lagen auf meiner Schulter, bevor ich die Tasche fallenlassen konnte und merkte, dass er in den knapp drei Tagen, die ich nur aus München weg war, schon wieder mindestens zwanzig Kilo zugelegt haben musste. Der Lola-Frust! Er schleckte mich ab, als sei ich die schöne Lola! Er drückte mich fast zu Boden, so dass ein Flughafenpolizeipärchen seine Waffen von den Schultern riss, um die riesige Töle sofort erledigen zu können, falls …

»Halt!«, rief ich und Anna blieb erschrocken stehen, weil sie glaubte, sie wäre gemeint. Mein Gott, sah sie wieder bezaubernd aus. Richter, du hast die richtige Frau geheiratet, gar keine Frage!

Nachdem Klärung zwischen den Waffenträgern und uns herbeigeführt worden war und mich ein Dutzend Asiaten auf ihren Smartphones verewigt, Fanny der Sieger des nicht stattgefundenen Duells war und sich die aufmerksamen Bullen verdrückt hatten, konnte ich endlich Anna intensiv küssen. Es ist schon ein angenehmes Gefühl nach Hause zu kommen und seine wundervolle Frau in den Arm nehmen zu können.

»Du musst gerast sein wie Prinz Poldi, das Oberhaupt der Adalbertinischen Linie des Hauses Wittelsbach, bei seinem letzten Rennen für BMW! Und genau in dem Tempo muss ich jetzt zu Folgmann. Hoffe, der ist noch zu Hause!«

»Was ist passiert, Daniel?«

»Ich weiß es noch nicht. Nur, dass ich dem Folgmann seine arrogante Schnauze polieren sollte.«

»Du bist aufgewühlt und wütend, Doktor, so kannst du nicht zu deinem Klienten gehen!«

»Hast recht, aber genau diese Wut brauche ich. Ich erzähle dir später, was da abgelaufen ist. Und jetzt muss ich sofort und unverzüglich zu Folgmann. Mit Fanny.«

Der saß, wie so oft, eingequetscht in der viel zu kleinen Karre, wenn man nicht gerade einen Minimops zum Haustier hat, der sich in jeder Ritze wohlfühlt. Aber er grinste, grinste über sein ganzes Riesenmaul und ich hatte die Befürchtung, dass er mich schon wieder liebestoll abschlecken wollte.

»Halt die Klappe! Bekommst gleich was zu tun. Du wirst den ‚Schwebenden‘ dazu bringen, mir die Wahrheit zu sagen, klar?«

Fanny strahlte mich an, so wie Anna konsterniert dreinblickte. Für sie sprach ich in Rätseln.

Ich wählte Folgmanns Nummer in seiner Villa und es dauerte eine Zeit, bis eine Frauenstimme ziemlich forsch und unfreundlich »Ja!?« ins Telefon bellte. Ich schreckte kurz zurück. Das war nicht die wohltuende, wohltönende, sanfte und erotische Stimme der Asiatin, das war ein metallen klingendes Geräusch. Wenn Sensen beim Mähen auf Steine treffen. Selbstherrlich, herb, arrogant, unnahbar.

Tanja Folgmann.

Für mich kein Grund, höflich zu sein:

»Ihren Mann, sofort!«

Wie man in den Wald …, Sie kennen das Sprichwort.

»Wer sind Sie?!« Noch immer dieser herrische Ton. Sie dachte wohl, sie hätte einen Dienstboten vor sich.

»Wo erreiche ich Ihren Mann, Frau Folgmann, die sind Sie doch? Nein, Sie kennen mich nicht und ich Sie auch nicht, aber Ihre Stimme ist mir geläufig. Ich war für Ihren Gatten geschäftlich in Asien, alles andere möchte ich jetzt mit ihm besprechen!«

»Ihr Name?«

»Daniel Richter. Wir sind quasi Nachbarn.«

»Ah, der Mann von der Fischer-Tochter?!«

»Jetzt haben Sie es!«

»Mein Mann liegt im Krankenhaus. Den können Sie jetzt nicht besuchen. Er wird vielleicht noch heute entlassen. Wenn es dringend ist, kommen Sie doch vorbei, sagen wir um zwölf Uhr?«

»Abgemacht.«

Ich legte auf. Ihre Stimme ging mir auf den Zeiger. Die Frau war definitiv nicht meine! Und zu Anna und Fanny gewandt:

»Ich kann mich heute nicht viel mit euch beschäftigen. Es ist vielleicht ganz gut so, dass der Folgmann nicht erreichbar ist. Erstens kann ich ihm nicht seine Eier abreißen, zweitens habe ich Zeit, zu recherchieren und drittens können wir heute Abend in die ›Eierwiese‹ gehen und – nee, daraus wird jetzt nichts …«

Ich sah Annas erschrockenen Blick und sie assoziierte vermutlich meinen Straßenjargon mit dem, was wir in Grünwalds Lokal ›Eierwiese‹ serviert bekommen würden …

Setz mich bitte in der Ettstraße ab. Ich melde mich, wenn ich dort fertig bin. Fanny nehme ich mit, dann kannst du in der Zeit ein bisschen shoppen gehen, okay?«

»Okay.«

Was sollte sie sonst anderes sagen. An ihrem Blick, so wie sie mich betrachtete, sah ich, dass sie sich Sorgen um mich machte. Aber musste ich ihr von dem schrecklichen Erlebnis in Singapur erzählen? Sicher nicht. Die Menschen, die man liebt, schützt man, oder?

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