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b) Final- oder Kausalzusammenhang?

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Umstritten ist, in welchem Zusammenhang die qualifizierte Nötigung und der Diebstahl stehen müssen. Gefordert wird insofern teils ein Kausalzusammenhang (objektive Betrachtung), teils ein Finalzusammenhang (subjektive Betrachtung) zwischen dem qualifizierten Nötigungsmittel und der Wegnahme. In der Literatur wird von einer Mindermeinung ein Kausalzusammenhang zwischen qualifizierter Nötigung und Wegnahme gefordert, in dem Sinne, dass die Wegnahme durch die Anwendung des Nötigungsmittels ermöglicht oder zumindest erleichtert wird.[323] Nach ständiger Rspr.[324] und h.L.[325] ist ausreichend, dass aus der ex-ante-Sicht des Täters ein Finalzusammenhang besteht. Hierfür spreche, dass der spezifische Unrechtsgehalt des Raubes bereits gegeben ist, wenn der Täter die qualifizierten Nötigungsmittel anwendet, um eine Sache wegzunehmen.[326] Es könne hierbei keinen Unterschied machen, ob deren Einsatz wirklich erforderlich ist oder nicht.[327] Hingewiesen wird auch auf § 252 StGB, der den Einsatz von Raubmitteln zur Beutesicherung erfasst, was nahelegt, dass § 249 StGB den Einsatz von Raubmitteln zur Beutewegnahme unter Strafe stellt, sodass bei beiden Tatbeständen der Unwertgehalt in der finalen Verknüpfung zwischen qualifizierten Nötigungsmitteln und Begehung des Diebstahls (bei § 249 StGB) bzw. dessen Beendigung (bei § 252 StGB) liege.[328] Die Gegenmeinung verweist auf die Versuchsstrafbarkeit (mit einer bloß fakultativen Strafmilderung und in Tateinheit mit einem vollendeten Diebstahl)[329] sowie auf §§ 177 Abs. 1, 255 StGB, die beide weitgehend unstreitig einen Kausalzusammenhang erfordern.[330] Für die h.M. spricht auch der Wortlaut, der zumindest in der zweiten Alternative („unter Anwendung von Drohungen“ und nicht „durch“) auf die Notwendigkeit einer finalen Verknüpfung hindeutet.[331] Weniger überzeugend ist der Hinweis auf praktische Beweisprobleme bei dem Erfordernis eines Kausalitätsnachweises,[332] denn diese sollten nicht entscheidend für dogmatische Fragestellungen sein und stellen sich im Übrigen auch bei dem Erfordernis eines Finalzusammenhangs.[333]

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Wer (mit beachtlichen Argumenten) bei § 249 StGB einen Kausalzusammenhang fordert,[334] sollte diesem ein Kausalitätsverständnis zugrunde legen, wonach es im Einklang mit den gängigen Kausalitätstheorien stets auf den Erfolg in seiner konkreten Gestalt ankommt (condicio sine qua non-Formel). Damit ist nicht entscheidend, ob die Gewalt objektiv „erforderlich“ oder „unerlässlich“ für die Wegnahme (in ihrer abstrakten Gestalt) ist.[335] Es reicht aus, wenn die Wegnahme durch den Einsatz des Nötigungsmittels ermöglicht oder erleichtert wird.[336] Insofern wird auch nicht (wie argumentiert wird[337]) der besonders brutale Täter privilegiert, der „überschießend“ qualifizierte Nötigungsmittel anwendet.[338] Entsprechend besteht bzgl. des Inhalts des Finalzusammenhangs zum Teil Unklarheit:[339] Nach einer Ansicht muss aus der Sicht des Täters die Nötigung die Wegnahme ermöglichen.[340] Nach einer a.A. soll es genügen, wenn der Täter auch nur die Erleichterung der Wegnahme anstrebt.[341] Maßgeblich ist, dass sich der Täter vorstellen muss, durch die Nötigung den Erfolg in seiner konkreten Gestalt herbeizuführen. Der Einsatz des qualifizierten Nötigungsmittels muss also nach der Vorstellung des Täters nicht „unerlässlich“ oder „erforderlich“ für die Wegnahme (in ihrer abstrakten Gestalt) sein. Damit reicht es aus, wenn der Täter nach seiner Vorstellung durch die Nötigung die Wegnahme in ihrer konkreten Gestalt erleichtern möchte.[342] Auch dies entspricht den gängigen Grundsätzen strafrechtlicher Kausalität i.S.d. Äquivalenztheorie.[343] Aus dem Vorgesagten wird deutlich, dass die praktische Bedeutung dieses Streites bei einem zutreffenden engen Kausalitätsverständnis sowohl beim Kausal- als auch Finalzusammenhang eher gering ist und sich auf wenige Ausnahmefälle beschränkt.[344] Im Folgenden wird mit der h.M. und der gefestigten Rspr. davon ausgegangen, dass gerade im Hinblick auf den Unrechtsgehalt des § 249 StGB ein Finalzusammenhang zu fordern ist, hierbei aber ein enges Kausalitätsverständnis zugrunde zu legen ist.

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Bei einer rein subjektiv-finalen Interpretation lassen Abweichungen des tatsächlichen vom vorgestellten (Final-)Verlauf, etwa bei einem Irrtum über die Wirkungsweise der Gewalt, den Finalzusammenhang nicht entfallen.[345] Hierzu bedarf es nicht des Rückgriffs auf die Grundsätze der Rechtsfigur der unerheblichen Abweichung vom vorgestellten Kausalverlauf.[346] Damit sind auch erhebliche Abweichungen vom vorgestellten Verlauf unbeachtlich.[347]

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