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2. Entwicklung nach 1945
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Nach dem Ende des nationalsozialistischen Regimes wurde das Autofallengesetz durch das Kontrollratsgesetz Nr. 55[99] zum 25. Juni 1947 aufgehoben. Angesichts des historischen Hintergrundes und der Einordnung des Autofallengesetzes als geradezu typisches nationalsozialistisches Recht, verwundert es aber, dass es bereits in der ersten Legislaturperiode des Deutschen Bundestages zur Schaffung des § 316a StGB und damit gewissermaßen zu einer Wiedereinführung der nationalsozialistischen Regelung kam. Angesichts schwerer Raubüberfälle auf Autobahnen und Überfälle auf Taxifahrer, die auch heute noch in den überwiegenden Fällen des § 316a StGB zu den Opfern gehören (Rn. 23), wuchs in der Bevölkerung der „Wunsch“ nach der Schaffung eines Straftatbestandes.[100] Durch das „Gesetz zur Sicherung des Straßenverkehrs vom 19. Dezember 1952“[101] wurde die auch heute noch weitgehend in dieser Form in Kraft befindliche Vorschrift des § 316a StGB in das Strafgesetzbuch eingefügt. Nach Abs. 1 dieser Vorschrift machte sich strafbar, „wer zur Begehung von Raub oder räuberischer Erpressung (§ 255 StGB) einen Angriff auf Leib, Leben oder Entschlußfreiheit des Führers eines Kraftfahrzeugs oder eines Mitfahrers unter Ausnutzung der besonderen Verhältnisse des Straßenverkehrs unternimmt“. Die Strafe betrug mindestens fünf Jahre Zuchthaus, in besonders schweren Fällen lebenslanges Zuchthaus. Nach § 316a Abs. 2 StGB, der eine Strafmilderung bei tätiger Reue vorsah, konnte auf eine mildere Strafe erkannt werden, wenn der Täter aus freien Stücken seine Tätigkeit aufgab und den Erfolg abwendete bzw. wenn er sich ernstlich bemühte, den Erfolg abzuwenden, sofern der Erfolg ohne sein Zutun unterblieb.
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Insbesondere auch zur Abgrenzung gegenüber der nationalsozialistischen Vorgängervorschrift ersetzte der Gesetzgeber den Begriff der Autofalle und konzipierte den Straftatbestand nicht mehr nur als Raubdelikt, sondern auch als Straßenverkehrsdelikt.[102] Dass hiermit eine – im Unterschied zum Autofallengesetz – bestimmte und klare Strafvorschrift geschaffen wurde, kann man angesichts des unbestimmten Tatbestandsmerkmals „unter Ausnutzung der besonderen Verhältnisse des Straßenverkehrs“, das der Rechtspraxis nach wie vor erhebliche Anwendungsschwierigkeiten bereitet (Rn. 101 ff.), nicht unbedingt sagen, auch wenn dies der Gesetzgeber anders gesehen haben mag.[103] Die Vorschrift warf deshalb schon früh die Frage nach ihrer Verfassungsmäßigkeit auf (Rn. 94). Bedenklich war auch die Ausgestaltung als Unternehmensdelikt und die damit verbundene Gleichstellung von Versuch und Vollendung sowie die Subjektivierung des Tatbestandes. Schließlich ist die Mindeststrafe von fünf Jahren sehr hoch und lässt sich – damals wie heute – kaum in das System des StGB einpassen.[104] Im Ergebnis ist es dem Gesetzgeber deshalb nicht gelungen, dem Wiedergänger des Autofallengesetzes „Rechtsstaatlichkeit einzuhauchen“.[105] Die Rechtsanwender stehen deshalb vor der schwierigen Aufgabe einen Straftatbestand rechtsstaatlich zu bändigen, „dessen geistige Wurzel eindeutig in der nationalsozialistischen Weltanschauung und Strafrechtspolitik liegt“.[106]
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Die hier artikulierten mit der Strafvorschrift verbundenen Probleme wären zumindest im Ansatz entschärft worden, wenn der Entwurf eines Strafgesetzbuches 1962 (E 1962) Gesetz geworden wäre. Zwar hielt man am Straftatbestand selbst fest (§ 348 StGB-E), der „gewissen kriminellen Erscheinungen, die sich für den reibungslosen Ablauf des Kraftverkehrs als Bedrohung erwiesen hatten, wirksam entgegen[…]treten“ sollte.[107] Allerdings sollte der Straftatbestand nicht mehr als echtes Unternehmensdelikt ausgestaltet werden, da die Gleichstellung von Versuch und Vollendung „im Bereich des vorliegenden Tatbestandes kriminalpolitisch wenig sinnvoll“ sei.[108] Eine erste inhaltliche Änderung erfuhr die Vorschrift erst durch das 11. StrÄndG,[109] durch das ein minder schwerer Fall (mit einer Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr), der nunmehr mit dem besonders schweren Fall in § 316a Abs. 1 S. 2 StGB a.F. geregelt war, eingefügt wurde. Als weitere mögliche Bezugstat neben Raub und räuberischer Erpressung wurde 1974 der räuberische Diebstahl durch das EGStGB[110] eingefügt, sodass es sogar zu einer tatbestandlichen Erweiterung kam. Die im Nationalsozialismus liegenden Ursprünge der Vorschrift wurden anlässlich dieser Änderungen nicht thematisiert.[111]
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Die letzte und zugleich durchaus bedeutende Änderung erfolgte durch das 6. StrRG.[112] Der Gesetzgeber hat – dem E 1962 folgend – die Tatbestandsmerkmale „einen Angriff […] unternimmt“ durch „einen Angriff […] verübt“ ersetzt und damit den Charakter als echtes Unternehmensdelikt beseitigt. Der Gesetzgeber hat dabei auch in der Begründung an den E 1962 angeknüpft und die Qualifizierung als Unternehmensdelikt ebenfalls als „kriminalpolitisch wenig sinnvoll“ bezeichnet.[113] Im Zuge der Umgestaltung des Tatbestandes, wurde die Vorschrift zur tätigen Reue (§ 316a Abs. 2 StGB a.F.) abgeschafft, da nun die Regelungen des Rücktritts (§ 24 StGB) unmittelbar Anwendung finden und deshalb – so jedenfalls die Auffassung des Gesetzgebers – die Spezialvorschrift des § 316a Abs. 2 StGB a.F. nicht mehr notwendig war.[114] Zudem wurde die Regelung des minder schweren Falles modifiziert (Höchststrafe zehn Jahre), der unbenannte besonders schwere Fall abgeschafft und eine Erfolgsqualifikation eingefügt (§ 316a Abs. 3 StGB).
8. Abschnitt: Schutz des Vermögens › § 31 Raubähnliche Delikte › C. Kriminologische Bedeutung der Erscheinungsformen der raubähnlichen Delikte