Читать книгу Geocaching - Tödliche Weihnacht in Oberstdorf (NEUFASSUNG) - Dieter Krampe - Страница 18

Kapitel 13 - MONTANA Haus (2) 21. 12., nachmittags

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Nachdem Schibulsky zu Fuß zurück zum Zentrum gegangen ist und dabei den Umweg über die Weststraße genommen hat, hat er zu Hause im MONTANA Haus sofort Telefonate geführt.

Der Pfarrer bestätigt ihm, dass der Kaplan absoluter Linkshänder gewesen ist. Die Meinungsverschiedenheit über die Charity für Zahlungskräftige spielt er allerdings bis zur Bedeutungslosigkeit herunter.

Glücklicherweise hat Robert danach auch seinen alten Mitarbeiter Siegfried Baranowski von der Mordkommission Bielefeld am Apparat.

„Hallo Siggi, ich bin´s Robert. Ich hoffe, du weißt noch, wer ich bin?“

„Jau. Robby, wie sollte ich nicht? Wir haben doch genug zusammen erlebt.“

„Wie geht´s dir denn so? Biste immer noch dabei?“

„Na klar, ich muss ja noch acht Jährchen. Und wie geht´s dir?“

„Du weißt doch, Rentner haben nie Zeit, immer auf Achse. Jetzt bin ich wie jedes Jahr zu Weihnachten hier in Oberstdorf.“

„Na, so gut werde ich es hoffentlich auch mal haben.“

„Siggi, ich habe eine große Bitte. Wenn du mal einen Augenblick Zeit hast, könntest du dann mal jemanden in unserem schlauen Polizei-PC suchen?“

„Du weißt schon, dass das verboten ist?“, rügt Siegfried seinen alten Kollegen.

„Na klar, Siggi, deshalb rufe ich ja dich an.“

Siegfried Baranowski erinnert sich, dass die beiden früher manchmal krumme Wege gegangen sind. Er nickt seinem unsichtbaren Gesprächspartner zu: „Was kann ich also für dich tun?“

„Ich würde gerne alles über den EUROMIX-TECHNOLOGY- Konzern, seinen Chef und seinen Juniorchef namens Winterscheid, Ulrich und Nico erfahren. Liegt vielleicht was gegen die vor. Wenn du was findest, rufe doch mal zurück.“

„Sag bloß, du hast den alten Schinken von Nokia immer noch?“

„Ich hab´ das doch kaum gebraucht, ist noch wie neu.“

„Aber damit drucken kannst du doch nicht.“

„Nee, Siggi, das weiß ich auch. Wenn du was schriftlich hast, sende es doch an die Polizeiinspektion Oberstdorf, zu Händen POM Peter Endras.“

„Ich will mal sehen, was sich da machen lässt. Versprechen kann ich aber nichts. Und rechne nicht vor Montagabend mit mir.“

„Alles klar, Siggi, und falls ich nichts von dir hören sollte, wünsche ich dir und deinen alten Kollegen „Frohes Fest und alles Gute für nächstes Jahr.“

„Jau, Robby, man sieht sich.“ Baranowski legt auf. Aber die Kollegen grüßt er bestimmt nicht. Wenn die hören, dass der alte Schibulsky hier angerufen hat, dann reimen die sich schnell was zusammen.

„Am besten, ich schaue gleich mal nach. Wie war das: Winterscheid? EUROMIX TECHNOLOGY? Jau, genau.“

In Oberstdorf pflanzt sich Robert gerade wieder in seinen Liegestuhl auf dem Balkon. Er hat schließlich Urlaub, obwohl er sich eingestehen muss, dass ihm das bisschen Recherchieren und Informieren wieder richtig Spaß macht.

Die Sonne ist jetzt am frühen Nachmittag besonders stark. Nur ein paar Schlieren, die die Düsenflugzeuge an den Himmel gepinselt haben, stören das einförmige Blau über den verschneiten Bergen. Robert ist dabei, alle Fakten aufzuschreiben, die gegen die Selbstmordthese der Polizei spricht. Er muss diesen Stümpern aus Kempten mal ein wenig auf die Sprünge helfen.

„Am besten rufe ich dort gleich mal an.“ Gesagt, getan. Er wählt die Telefonnummer der Polizeiinspektion Kempten. Von der Zentrale lässt er sich zur Mordkommission verbinden. Dort nimmt tatsächlich jetzt am Samstagnachmittag noch jemand ab.

„Mordkommission, Kommissarin Seitenbacher, wie kann ich Ihnen helfen?“, tönt eine weibliche Stimme.

„Ja, hier spricht Robert Schibulsky, zurzeit als Feriengast in Oberstdorf. Ich würde gerne Ihren Hauptkommissar Kluftinger sprechen.“

„Hauptkommissar Kluftinger? Tut mir Leid, den kenne ich nicht.“

„Ach, ist der jetzt auch schon pensioniert? Ich habe doch sechs Bücher über diesen Kluftinger gelesen, und in denen war der doch immer super schlau“, ereifert sich Robert.

Ein grelles Lachen bannt sich durch sein Handy an sein Ohr. „Jetzt verstehe ich. Einen Kommissar Kluftinger gibt es hier nicht und hat es auch noch nie gegeben. Das war eine Erfindung von so zwei Schreiberlingen hier aus dem Allgäu, die mit ihren Büchern ganz schön Kohle gemacht haben.“

Schibulsky ist ein wenig irritiert. „Ja, dann geben Sie mir mal seinen Nachfolger.“

„Ihr „Kluftinger“ heißt bei uns Hauptkommissar Maximilian Riethmüller, verstehen Sie?“

„Nicht so ganz, also gibt es den Kluftinger jetzt doch?“ Schibulsky beginnt langsam an seinem Verstand zu zweifeln.

Jetzt hört er deutlich einen dumpfen Ton. Und er fühlt, wie er gerade auf der anderen Gesprächsseite in eine Schublade gesteckt wurde. Aufschrift: unzurechnungsfähig!

Er verdrängt, dass er keine Antwort erhalten hat und erklärt sein Anliegen: „Ich war bis vor zwei Jahren auch Hauptkommissar bei der Mordkommission in Bielefeld.“

Bevor er weiter sprechen kann, hört er: „Und trifft man sich nicht in dieser Welt, dann trifft man sich in Bielefeld.“

Robert geht nicht darauf ein, obwohl er diesen Spruch schon in seiner Heimatstadt nie besonders originell fand.

„Während meines Urlaubs wurde ich von einem alten Freund angesprochen, ob ich nicht mal den Tod des Kaplans der hiesigen katholischen Gemeinde am 3. Dezember 2013 etwas genauer betrachten könnte, der von der Kripo Kempten als Selbstmord eingestuft worden ist.“

„Tut mir leid, Herr Schibulsky, von dem Fall habe ich nie gehört. Um wen soll es sich dabei handeln?“, stellt sich die Kommissarin immer noch dumm, greift aber zumindest nach ihrer Computermaus.

„Marc Teuffel, mit zwei „f“, Kaplan in der Gemeinde St. Johannes Baptist, hier in Oberstdorf.“ Am anderen Ende bleibt es ruhig, bis Robert das Klappern einer PC-Tastatur hören kann.

„Halt, hier habe ich ihn: Marc Teuffel, geboren am 26. Februar 1982 in Minsk, Belarus – Weißrussland, wenn ich mich nicht irre - 1988 mit seinen Eltern übergesiedelt nach Deutschland, wohnhaft in Beckum, Kreis Warendorf – Warendorf, da gibt es, glaube ich, viele Pferde,“ vermutet die Kriminale.

Schibulsky mischt sich ein: „Warendorf, Sie meinen Hans-Günther Winkler mit seinem Pferd „Halla“, der 1956 trotz Muskelrisses die Goldmedaille der Springreitermannschaft gewann.“

Seitenbacher hatte wieder einmal den ganzen letzten Satz nicht verstanden, liest den Bericht weiter: „Abitur 2001, Priesterseminar in Münster, Weihe zum Diakon 2008, erste Gemeinde: St. Johannes Baptist, Oberstdorf. Todeszeitpunkt: 3. Dezember 2013; Todesursache: Suizid.“

„Genau, um diese Person geht es“, bestätigt Robert. „Allerdings sehe ich die Todesursache vollkommen anders. Bei uns in Ostwestfalen würde man sagen, wenn das ein Selbstmord war, dann fresse ich einen Besen, samt Stiel.“

„Und welche Beweise haben Sie für Ihre These?“, kritisiert Christina Seitenbacher.

„Das möchte ich dem betreffenden Kommissar doch lieber selbst sagen. Ich bringe dann meine Bedenken lieber Auge in Auge vor.“

„Hauptkommissar Riethmüller ist allerdings erst wieder am Montag zu sprechen.“

„Schauen Sie, Frau Seitenbacher, genau das wollte ich von Ihnen wissen. Ich komme dann am Montagmorgen im Präsidium bei Ihnen vorbei. Wäre Ihnen der Morgen recht?“ Robert wartet die Antwort nicht mehr ab, legt sein Handy auf den Campingtisch und lehnt sich im Liegestuhl zurück.

Da schrillt seine Türklingel. Er geht zur Wohnungstür und öffnet. Sebastian, sein Enkel aus Bielefeld, steht da und breitet seine Arme aus. Der 62-Jährige und der 19-Jährige umarmen sich. Sebastian gibt dem Alten einen Kuss auf dessen rechte Wange, etwas, das Robert immer wieder eher peinlich ist, besonders in der Öffentlichkeit.

„Hallo, Opa, wir sind vorhin angekommen.“

„Schön, Basti, dass du gleich hierher kommst. Und wo sind deine Eltern?“

„Die sind schon in unser Hotel gefahren. Muttern will sich da erst mal von der Fahrt ausruhen.“

„Wo seid ihr denn dieses Mal untergekommen. Es ist ja schon wieder tierisch voll hier in Oberstdorf?“

„Klaro. Unser Hotel heißt „Wellness-Resort Frei“, hat fünf Sterne und liegt in der Nähe der Oberstdorf Therme.“

„Ja, das kenn´ ich, … natürlich nur von außen. Ist, glaube ich, wie du sagen würdest, ´ne richtige Schickimickibude, genau richtig für Vera.“

„Ich glaube das auch. Muttern hat das schon im Sommer gebucht.“

„Und wie geht´s deinem Vater? Hat er sich in die Geschäftsführung gut eingearbeitet?“

„Klaro, ich glaube schon. Die Geschäfte laufen gut, sagt er.“

„Und wie sieht es bei dir aus? Was macht die Schule?“

„Ätzend, Opa. Erinnere mich nicht dran. Jetzt ist erst mal Skifahren dran. Liegt denn überhaupt genug Schnee. Hier im Tal ist ja schon fast alles grün.“

„Oben auf den Bergen liegt noch genug. Und mit den Schneekanonen zaubern die hier auch noch zu Ostern Pulverschnee, wenn es sein muss.“

„Britta kommt morgen noch aus München her. Ich will mit ihr dann zum Fellhorn rauf. Sie steht ja total auf Snowboarden. Das will ich dieses Jahr auch versuchen. Und, kommt Oma wieder erst am 1. Weihnachtstag?“

„Ja natürlich, sie muss doch zu Hause noch die Weihnachtsfeier in ihrem Kinderheim machen.“

Sebastian pustet einmal kräftig aus. „Bei dir ist die Luft ganz schön trocken. Hast du vielleicht ´ne Cola für mich.“

„Oh, tut mir leid, Basti. Die Zuckerbombe trinken wir überhaupt nie. Aber wie wäre es mit einem Glas frischer Milch, die hab ich heute erst von Fredl ´s Bauernladen mitgebracht.“

Sebastian rümpft die Nase. „Ätzend, Opa, die kommt doch aus dem Euter einer Kuh. Dann trinke ich lieber Wasser.“ Er geht in die kleine Küche.

„Du, Basti, du kennst dich doch aus mit all diesem neumodischen Kram, Computer und so, nicht?

„Na, ja, Opa, ein bisschen schon. Warum fragst du?“

„Ich habe hier im Ort jetzt öfter das Wort „Geocatching“ oder so gehört. Kannst du damit was anfangen?“

Sebastian prustet los: „Opa, Catchen ist so ´ne Art Ringen. Aber im Ernst, du meinst bestimmt Geocaching. Das mache ich auch. In der Schule üben wir das im Leistungskurs Informatik. Ich bin aber auch bei uns in Bielefeld in so einem Klub, wir nennen uns „Die Jäger der verlorenen Schätze“. Du musst dir das wie eine Schatzsuche vorstellen. Man hat allerdings keine Karte, sondern orientiert sich mit sogenannten GPS-Receivern oder Handys, die wie beim Auto-Navigationsgerät deine jeweilige Position bestimmen können.“

„Und das macht Sinn?“

„Klaro, Opa. Ich mach´ es auf jeden Fall gern. Du wirst staunen, bei uns in der Umgebung gibt es 37 Orte, an denen von anderen Usern Schätze versteckt wurden. Ich habe selbst schon elf davon entdeckt“, überschlägt sich Sebastians Stimme fast.

„Was sind denn „Juser“ und was sind das für Schätze? Lohnt sich die Suche denn überhaupt?“

„Der Weg ist das Ziel, Opa. User nennt man die Nutzer, in diesem Fall diejenigen, die die Schätze verstecken. Dort findest du meistens eine Plastikschachtel mit irgendeinem Krimskrams. Aber jetzt soll eine richtige große Rallye sogar hier im Ort laufen. Da wollen Britta und ich dann mitmachen.“

„So, so.“

Geocaching - Tödliche Weihnacht in Oberstdorf (NEUFASSUNG)

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