Читать книгу Ein kunterbunter Streifzug durch den Jahreskreis - Dieter Kremp - Страница 27

DIE TAGE WERDEN WIEDER LÄNGER

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Die Tage werden wieder sichtbar länger. Das Licht verklärt die Natur und erlöst sie langsam aus ihrem Winterschlaf. Auch die Gärten „spitzen langsam wieder ihre Ohren“, so wie es ein alter Bauernspruch sagt: „Mit Fabian und Sebastian (20. Februar) fängt der Saft zu steigen an.“

Ein Tag mit Tauwetter oder warmem Föhn lässt die Vögel pfeifen und zwitschern, das Wasser glucksend versickern: Jetzt heißt es hinausgehen! Ein erster Spaziergang durch den Park oder den Garten sollte ganz einfach dem Schauen dienen: Man muss die Augen nur ein wenig offenhalten, um an allen Ecken und Enden etwas zu entdecken, das schon eine deutliche Vorahnung von der kommenden Pracht des Frühlings vermittelt.

Krokusse! Kaum eine andere Blume verspricht uns manchmal schon Anfang Februar so charmant, dass der Lenz vor der Tür steht. Die da so mutig bunte Farbkleckse in den spätwinterlichen Garten malen, sind keine großblumigen Gartensorten, sondern „botanische“ oder „Wildkrokusse“: „Ein Krokus kommt selten allein!“ Die lustigen, blauen, weißen oder gestreiften Krokusse lassen fast vergessen, dass die Blütenkelche ihrer Vorfahren einst nur in leuchtend gelber Farbe prangten: „Safran macht den Kuchen gel“ heißt es in einem alten Kinderlied. Als der gelbe Krokus noch „Safran“ hieß, waren 100 000 Krokusblüten nötig, um daraus ein Kilogramm Safran zu gewinnen.

Der Haselstrauch entfaltet jetzt seine festen Walzen zu lockeren, gelblichen, bepuderten „Würstchen“, die im Wind stäuben. Die gelben Blütenbüschel der Kornelkirsche oder der Zaubernuss (Hamamelis) wirken auf den sonst kahlen Ästen richtig herausfordernd: Winter ade! Überhaupt scheint Gelb die Farbe zu sein, die den Frühling aus seinem winterlichen Versteck hervorlockt.

Denn Gelb heißt Licht! Mit diesem Monat zwischen Tod und Leben verknüpft sich der Gedanke und das Wissen um die Wiederkehr des Lichtes. Und unsere Ahnen nannten den Februar „Lichtmond“.

Ja, unsere Vorfahren richteten sich nach den Grundgesetzen des Lebens. Werden diese Grundgesetze missachtet, so rächt sich dies stets nach dem Gesetz von Säen und Ernten, wie Feuchtwanger es beschreibt: „Die Natur treibt ein unbarmherziges Gericht, langsam, aber unerbittlich. Und mancher Enkel fragt sich verzweifelt nach der Ursache seiner Leiden, die Generationen vor ihm hervorgerufen haben.“ Wenn wir krank werden, so hilft nur die Plage des neuen Säens und Kultivierens, nicht das radikale und primitive Unterpflügen dessen, was vorhanden ist, denn der Zweck heiligt nicht die Mittel; niemals! Es gibt kein Säen durch das Schwert.

Jesus wird das Wort zugeschrieben: „Nicht das, was in euren Mund hineingeht, wird Euch krank machen, sondern das, was aus ihm herauskommt.“ Dies legt jedem von uns eine ungeheure Verantwortung auf die Schultern. Aber wir werfen sie zu jeder Stunde mit einem Achselzucken ab, weil wir die Mühen scheuen, die mit der Verantwortung verknüpft sind.

Es gibt eine Stelle in uns, welche die Verknüpfung mit allem Existierenden besonders fühlt. Sie ist das Bindeglied, das „Bindegewebe“, welches uns an die Schöpfung, an den Gedanken und die Ethik der Schöpfung anknüpft.“ Das Herz ist hier gemeint; nicht das transplantierbare Spenderorgan, sondern das emotionale. Und um dieses herum legen wir zumeist eine Mauer, die verhindern soll, dass es mit anderen „Herzen“ mitbebt, weil wir uns sonst gründlich ändern müssten und die Verantwortung für das, „was aus unserem Mund herauskommt“, doch auf unsere Schultern legen müssten! Lassen wir uns das Herz auftauen, wie die Sonne den Schnee im „Taumond“ Februar!

So verstehen wir eins der schönsten aber rätselhaftesten Worte Friedrich Rückerts:

„Wie von der Sonne geh’n die Strahlen erdenwärts,

so geht von Gott ein Strahl in jedes Dinges Herz.

An diesem Strahle hängt das Ding mit Gott zusammen,

und jedes fühlt sich dadurch von Gott entstammen.

Von Ding zu Dinge geht seitwärts kein solcher Strahl,

nur viel verworr’nes Streiflicht allzumal.

An diesen Lichtern kannst du nie das Ding erkennen;

Die dunkle Scheidewand wird stets von ihm dich trennen.

An deinem Strahl vielmehr musst du zu Gott aufsteigen

und in das Ding hinab an seinem Strahl dich neigen.

Dann siehest du das Ding, nicht wie es scheint,

wenn du es siehest mit dir selbst in Gott vereint.“

So rätselhaft soll der Februar für uns nicht werden, sondern vom Licht verklärt, das die winterliche Dunkelheit durchbrochen hat, erhellt von den noch milden Strahlen einer jungen Sonne.

Ein kunterbunter Streifzug durch den Jahreskreis

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