Читать книгу Ein kunterbunter Streifzug durch den Jahreskreis - Dieter Kremp - Страница 41

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MÄRZ

NUN WILL DER LENZ UNS GRÜSSEN

„Nun will der Lenz uns grüßen, von Mittag weht es lau“, heißt es in einem alten Reigenlied, das das Ende des Winters ankündet. Doch nicht immer ruft der Frühlingsherold einen trockenen und warmen Lenzmond aus. Denn meist zeigt der Lenzing oder Frühlingsmond, wie unsere Vorfahren den März nannten, dem Lenz noch die kalte Schulter: „Des Märzen Anfang hat es faustdick hinter den Ohren.“

Nicht die Schlüsselblume, sondern das Veilchen ist zum Symbol des zeitigen Frühlings geworden. Trotz seiner sprichwörtlichen Zurückhaltung, Sinnbild der Sittsamkeit und Bescheidenheit, gibt das Märzveilchen in der Duftmusik der Frühblüher den Ton an, obgleich die mit größeren Nahrungsspeichern begünstigten Blumenzwiebeln oft schon früher ihre Sprossen recken und es auch an Größe und Auffälligkeit des Flors übertreffen.

Wenn wir uns die Veilchenplätze in den Wäldern unserer Kindheit ins Gedächtnis zurückrufen, wird uns inne, welch starken Eindruck auch bescheiden gebückte Winzigkeit hervorrufen kann, wo sie in Massen auftritt. Das war in der milden Märzensonne schon eine betörende Duftwolke, die aus den wirren Gräserhaaren der erwachten Erde aufstieg, wenn das Veilchenfeld unter den Haselsträuchern pflückte, ohne dass sich seine Fülle vermindert hätte.

Aber ach, wie vergänglich ist der Duft bei Veilchen!

Das Märzveilchen oder „wohlriechende“ Veilchen weckt – außer der Rose vielleicht – die meisten romantischen und poetischen Gedankenverbindungen aller Blumen. Der griechische Dichter und Arzt Nikandros bemerkte, dass die Nymphen von Ionien dem Jupiter ihre Liebe gestanden, indem sie ihm Veilchen schenkten. Oder wurde „Viola“ nach Io, der Geliebten Jupiters, genannt? Er verwandelte die sittsame Io in eine Kuh. Danach schossen die Veilchen aus der Erde, um sie zu ernähren.

Die Blume der Liebenden ist das Veilchen geblieben. Ihre Sprache ist die Botschaft der Zärtlichkeit, nicht der drängenden, begehrenden Liebe.

Wollte man Venus, die Göttin der Liebe, ins Brautgemach laden, dann würde das Bett im Frühling mit Veilchen geschmückt. Duft und Farbe der blauvioletten Blüten üben offenbar eine aphrodisierende Wirkung aus.

Das Veilchen konkurriert mit dem Vergissmeinnicht als „blaue Blume“ der deutschen Romantik. Die bei Novalis ungenannte blaue Wunderblume symbolisiert die Sehnsucht des Menschen nach der Erfüllung verborgener Wünsche. Die blaue Blütenfarbe weist demnach auch auf das Himmelsblau des kommenden Sommers hin.

Veilchen haben früher in den Frühlingsbräuchen auf dem Land eine besondere Rolle gespielt. Das erste Veilchen wurde hoch geehrt: es durfte nur vom sittsamsten und schönsten Mädchen gepflückt werden. Wer das erste Veilchen des Jahres fand, durfte sich etwas wünschen. Und wenn der Frühling einzog, ging der Wunsch in Erfüllung.

Dass Veilchen die „Duftnote zum Frühling“ sind, beschreiben auch die deutschen Dichter. Goethe spricht: „Ein Veilchen auf der Wiese stand, gebückt in sich und unbekannt. Es war ein herzig’ Veilchen.“ Und Theodor Storm ergänzt: „Die Kinder haben die Veilchen gepflückt, all, all die da blühten am Mühlengraben. Der Lenz ist da; sie wollen ihn fest in ihren kleinen Fäusten haben.“ Doch am schönsten träumt Eduard Mörike von den Veilchen im Frühling:

„Frühling lässt sein blaues Band

wieder flattern durch die Lüfte;

süße, wohlbekannte Düfte

streifen ahnungsvoll das Land.

Veilchen träumen schon,

wollen balde kommen.

Horch, von fern ein leiser Harfenton!

Frühling, ja du bist’s!

Dich hab ich vernommen!“

Ein kunterbunter Streifzug durch den Jahreskreis

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