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Schlussfolgerungen zu Sein und Werden

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Sein und Werden sind grundlegende Begriffe, deren Verhältnis sich aus philosophischer, physikalischer und evolutionsbiologischer Sicht bestimmen lässt.

Aus philosophischer Sicht sind Sein und Werden zueinander komplementär. Das Werden setzt begrifflich ein Sein voraus. Das Sein manifestiert sich im Werden. Das Sein ist dem Reich der Ideen zugeordnet, das Werden der realen Welt. Die Ideen sind zeitlos, die Ereignisse zeitlich. »Sein-Zeit« ist die ganze Seinswirklichkeit in ihrem Werdecharakter.

Aus physikalischer Sicht wird zwischen einer »Physik des Seins« und einer »Physik des Werdens« unterschieden. In der Physik des Seins, zugehörig die klassische Dynamik und die Quantenmechanik, sind die Vorgänge reversibel. In der Physik des Werdens spielen dagegen die irreversiblen Vorgänge eine maßgebende Rolle. Zugeordnet sind diesem Physikbereich die Thermodynamik der Gleichgewichtsprozesse in abgeschlossenen Systemen und die Thermodynamik der Nichtgleichgewichtsprozesse in offenen Systemen. Letztere münden bei großer Entfernung vom Gleichgewicht in die Selbstorganisationsprozesse. In der Physik des Werdens erscheint die Zeit als irreversible Größe. Das betrachtete offene System muss den Beobachter mit einbeziehen. Systemunabhängige Erkenntnis wird dadurch infrage gestellt.

Aus evolutionsbiologischer Sicht ist die Vorzugsrichtung der Zeit für alle Organisationsstufen der Lebenserscheinungen maßgebend. Entstehung und Evolution des Lebens sind auf mikroskopischer Ebene durch irreversible Zufallsprozesse bedingt, deren Auswirkungen auf makroskopischer Ebene einer gesetzmäßigen Selektion unterworfen werden – also insgesamt ein Zusammenwirken von Zufall und Notwendigkeit. Unter günstigen Bedingungen erscheinen immer höhere Organisationsformen. Leben ist Werden, nicht Sein.

Philosophische Grundbegriffe der Naturwissenschaften

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