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Rapoport
ОглавлениеNicht alle akademischen Lehrer, denen ich dankbar bin, kann ich hier würdigen. Ein Professor muss aber noch beschrieben werden: Professor Samuel Mitja Rapoport, Institutsleiter und Lehrstuhlinhaber für Physiologische Chemie, heute meist Biochemie genannt.
Er hatte in seiner Jugend als Jude und Kommunist vor den Nazis aus seiner Heimat Österreich fliehen müssen, sich in den USA als Biochemiker etabliert und großes Prestige erworben, bevor er wegen seiner linken Gesinnung dort gehen musste.
So hatte ihn sein Weg in die DDR geführt. In politischen Fragen war er aus seiner eigenen Vergangenheit heraus unduldsam. In seinen Vorlesungen wollte er keine Hörer, die Abzeichen irgendwelcher kapitalistischer Firmen an der Kleidung trugen. Seine Vorlesungen waren auf dem aktuellsten wissenschaftlichen Stand. Die 1953 entdeckte Desoxyribonukleinsäure (DNS beziehungsweise englisch desoxyribonucleinacid, DNA) und die durch sie vermittelte Vererbung durch Verdopplung des DNS-Stranges und nachfolgende Abtrennung des Doppels beschrieb er uns genauestens, nur dass die DNS eine Spirale bildet, war damals noch unbekannt.
DNS-Doppelstrang bei der Trennung
In allen Vorgängen und Forschungsergebnissen suchte und fand er auch meistens Bestätigungen der materialistischen Dialektik, das heißt der Marxschen Denkmethode. Er verlangte disziplinierteste Teilnahme an Vorlesungen und Seminaren. Vom Reporter einer westlichen Zeitung gefragt, ob das kommunistische beziehungsweise sowjetische Methoden seien, erwiderte er: „Nein, das habe ich aus den USA mitgebracht.“
Bei den Karnevalsfeiern machte er kräftig mit. Maskiert fiel uns auf, was wir sonst übersehen hatten: Sein kräftiges Untergesicht trat hervor und gab ihm ein grobes Aussehen. Er nutzte das selbst für seine Maskerade, denn er kam als Räuber verkleidet daher.